Publiziert am: 18.06.2021

Kreative Lösungen gefragt

UNTERNEHMENSSTEUERN – Nach STAF muss sich die Schweiz schon wieder einer Steuerdebatte stellen. Die Linke wirds freuen.

Was bedeutet die Forderung nach höheren Mindeststeuern für Unternehmen in der Schweiz? Problematisch ist in erster Linie, dass unser Land weiterhin als «Steueroase» gebrandmarkt wird (vgl. Haupttext). Dabei hat die Schweiz ihre Hausaufgaben stets erledigt: 2019 hat das Stimmvolk die Steuerreform STAF angenommen, nachdem die Weichen für eine Unternehmenssteuerreform bereits 2014 gestellt worden waren. Für deren Umsetzung in den Kantonen gibt es kein Zurück mehr.

Und schon steht also die neueste Steuerreform der OECD vor unserer Tür. Doch es ist nicht eine blosse Steuerreform, die hierzulande zu langen Debatten Anlass geben wird. Es geht um einen eigentlichen Paradigmenwechsel, mit dem der internationale Steuerwettbewerb völlig umgestaltet werden soll, um «Steueroasen» den Garaus zu machen bzw. zu verhindern, dass sich Länder mit tiefen Steuersätzen im internationalen Standortwettbewerb einen nennenswerten Konkurrenzvorteil verschaffen können.

Kantone geraten unter Druck

Zwar führt die Schweiz keinen aggressiven Unternehmenssteuerwettbewerb, aber es gibt doch recht viele Kantone, wo der Gewinnsteuersatz unter 15 Prozent liegt. Der Kanton Zug beispielsweise gehört bekanntlich zu den steuergünstigsten Regionen. Hier haben sich neben dem Rohstoffriesen Glencore sowie Medizin- und Biotech-Unternehmen auch immer mehr Start-ups der Kryptobranche niedergelassen. Unter Anwendung bestimmter Steuererleichterungen, die insbesondere mit dem STAF eingeführt wurden, können steuerlich eher unattraktive Kantone wie Zürich ihren Steuersatz ebenfalls auf unter 15 Prozent senken. Diese steuerlich attraktiven – oder zumindest dank dem STAF etwas attraktiveren – Kantone könnten unter Druck geraten. Die Schweiz muss also unbedingt kreative Lösungen finden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Bis zur Hälfte betroffen

Gemäss KPMG dürften in der Schweiz 200 bis 300 Unternehmen von der Mindeststeuer betroffen sein. Schliesst man alle Schweizer Filialen der grossen ausländischen Firmen mit ein, könnte diese Zahl auf mehrere Tausend steigen. In der Schweiz stammt der Grossteil der Gewinnsteuereinnahmen von den Grossunternehmen. Ebenfalls laut KPMG steuern die von der globalen Mindestbesteuerung betroffenen Unternehmen sehr grob geschätzt wohl zwischen 25 bis 50 Prozent zu den schweizweit erhobenen Firmengewinnsteuern bei. Jedes Jahr kassieren der Bund und die Kantone über 20 Milliarden Franken Unternehmensgewinnsteuern ein.

Die Linke leckt sich die Finger

Die geforderte neue Mindeststeuerreform birgt ganz offensichtlich das Risiko neuer Ungleichheiten auf Kantonsebene. Und eines steht fest: Die Linke wird diese künftigen Ungleichgewichte sicherlich für ihre Agenda zu nutzen wissen. Denn je mehr man die Unternehmen besteuert, desto mehr werden diese versuchen, Auswege zu finden – um zu überleben und idealerweise zu wachsen. Je mehr die Unternehmen besteuert werden, desto mehr kommen folglich auch die Löhne unter Druck, was wiederum das Gefühl sozialer Ungerechtigkeit nähren kann. Im Anschluss an die Covid-19-Krise ist das Bestreben, «soziale Ungerechtigkeiten» zu korrigieren, in der Öffentlichkeit sowie bei den Medien gross.

Allerdings sollte man deshalb nicht dem Gesang der Sirenen verfallen. «Soziale Gerechtigkeit» wird nicht über die Steuern erreicht. Steuererhöhungen sind ein zweischneidiges Schwert, denn sie ­tangieren auch die Angestellten (Überwälzung auf die Löhne) sowie die Produktionsmittel und können die Existenz der Unternehmen und damit Arbeitsplätze gefährden.

Wird wegen der OECD eine Anhebung der Steuersätze in der Schweiz akzeptiert, wird es erneut zu einer langwierigen internen Politdebatte kommen. Und dabei steht ein Gewinner schon heute fest: die Linke. Sie wird sich die Finger lecken – und eine Steuerharmonisierung auf nationaler Ebene fordern. Kr

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