Publiziert am: 07.04.2017

Marktchancen früh wahrnehmen

CHOCOLAT STELLA BERNRAIN – Das weltweit ausgerichtete Unternehmen positioniert sich mit seinen Schokoladenspezialitäten 
erfolgreich im Nischenmarkt. Das KMU in Kreuzlingen zeichnet sich durch Innovationskultur sowie zahlreiche Pionierleistungen aus.

Ostern steht kurz vor der Tür und es ist wieder Zeit für die Schokoladenosterhasen: In Reih und Glied stehen sie auch im Verkaufsregal des Fabrikladens der Chocolat Bernrain AG in Kreuzlingen. Die Auswahl der Oster-Schokolade ist hier vielfältig und ausgefallen, was charakteristisch ist für den Schweizer Schokoladenproduzenten Chocolat Stella Bernrain. «Wir realisieren aus kreativen Ideen hochwertige Schokolade-Spezialitäten», erklärt CEO Monica Müller die Firmenphilosophie. Und sie ergänzt: «Wir sind Nischenproduzenten und haben uns so auf aussergewöhnliche Kreationen spezialisiert. Das heisst, wir versuchen, alle Wünsche und Bedürfnisse unserer Kunden – wenn irgendwie möglich – zu realisieren.» Das wichtigste Standbein des KMU ist das sogenannte Private Label. «Dieser Geschäftsbereich ist in den 50er-Jahren entstanden und hat sich währenddessen massiv entwickelt. Hier machen wir auch den grössten Umsatz», stellt Müller fest. Dabei produziert das Unternehmen unter der Marke des Kunden Schokoladenspezialitäten. Ein weiteres Segment ist die Eigenmarke Stella Bernrain, die – da zu klein – nicht beworben wird. Sie wird in Spezialitäten- und Feinfoodläden, an Tankstellenshops und in auser­lesenen Geschäften verkauft. «Wir exportieren unsere Schokolade weltweit in 50 Länder, hauptsächlich an Retailer», erklärt Müller.

«Wir arbeiten eNg mit unseren kunden 
zusammen.»

Sie ist seit 2007 Geschäftsführerin und kennt sich in der Branche bestens aus. Das Kreieren und Produzieren von Schokoladenspezialitäten liegt ihr im Blut. Bereits ihre Grosseltern produzierten in ihrem Bauernhaus Schokolade. Nach dem Krieg kauften Karin und Walter Müller die Chocolat Bernrain in Kreuzlingen. Danach folgte ein Meilenstein nach dem anderen: 1955 wird mit der Produktion der ersten Private-Label- Schokolade der Schweiz für den Lebensmittelverein Zürich ein strategischer Entscheid gefasst. «Dies war der Beginn der Ausrichtung auf Nischenprodukte, weg von einer reinen Markenstrategie», sagt Müller. 1980 wird das Unternehmen um die Tochterfirma Stella Chocolat in Giubiasco erweitert. «Wir sind ein Familien­unter­nehmen. Meine Mutter führt den Fabrikladen und mein Schwager ist Produktions­leiter», so Müller.

Die Nase vorne haben

Das weitsichtige und nachhaltige Handeln des Schokoladenproduzenten äussert sich immer wieder in seinen Pionierleistungen sowie der gelebten Innovationskultur. So wird 1991 in Zusammenarbeit mit der OS3, der heutigen claro fair Trade AG, die weltweit erste Fair-Trade-Schokolade entwickelt. «Den Kakao liefert die Kleinbauern-Kooperative El Ceibo aus Bolivien, den Zucker die Kooperative Alter Trade aus den Philippinen», sagt Müller. «Wir arbeiten seit 20 Jahren mit diesen Rohstoff­lieferanten zusammen.» Im gleichen Jahr wird für die Pronatec AG die erste Bio-Schokolade produziert. Doch damit nicht genug. Chocolat Stella Bernrain hat ein feines Gespür für die Bedürfnisse des Marktes entwickelt: 2003 wird eine der ersten Laktoseintoleranz-Schokoladen entwickelt und 2005 bringt das Unternehmen eine koschere Schokolade auf den Markt. Viel Mut beweist das Unternehmen auch 2014, als es das Milchpulver durch Kokosmilchpulver ersetzt und so die erste vegane Schokolade lanciert. Daraus entstand eine vegane Linie, die zusammen mit der Bio- und Fair-Trade-Schokolade sehr gefragt ist und den Nerv der Zeit trifft. Die breite Palette von Chocolat Stella Bernrain lässt fast keine Wünsche offen. Dazu Müller: «Wir verfügen über rund 300 verschiedene Rezepturen in den Bereichen klassische Schokolade, Bio- und Fair-Trade-Schokolade, funktionale und Diät-Produkte, Promotions- und saisonale Produkte, Confiseur-Kreationen sowie koschere und Halal-Produkte.» Das KMU erfüllt seinen Kunden auch ganz ausgefallene Wünsche wie beispielsweise eine Schokolade mit Lebertranpastillen oder eine gesunde Schokolade mit Phytohormonen. Auch Liebhaber von dunkler Schokolade kommen mit der Herkunftsschokoladen-Linie mit bis zu 100 Prozent Kakao auf ihre Kosten. Eine Rarität in diesem Segment ist die Schokolade mit Kakao aus Indien.

Produktentwicklung als
Innovationsquelle

Zentral für das Unternehmen ist die Produktentwicklung. «Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen. Es ist für uns spannend, neue Kreationen in Angriff zu nehmen und mit neuen Rohstoffen und Rezepturen 
zu arbeiten», sagt Müller. «Passt eine Idee ins Sortiment, so wird die Schokolade auch als Eigenmarke lanciert.» Die Produkteentwicklung ist gemäss Müller so quasi der Innovationstreiber des Betriebs. «Kundeninputs, 
Ideen an Messen und Anregungen aus dem täglichen Leben machen uns innovativ», so Müller. Eine Stärke des Unternehmens ist seine Flexibilität. Sie erlaubt es, die Produktion schnell umzustellen. «Wir müssen für alles offen sein, zuhören und ausprobieren, um eine neue Idee zu realisieren», sagt Müller. Innovation bedeute aber auch, zu erkennen, was Menschen und Märkte bewegt, sowie vorausdenkend lohnende Ideen und Marktchancen wahrzunehmen. Dies bedürfe auch gut ausgebildeter Fachkräfte. So werden bei Chocolat Stella Bernrain jährlich ein bis zwei Lebensmittelpraktiker respektive -technologen ausgebildet.

Als grösste Herausforderung erachtet Müller, in einem Hochpreisland zu produ­zieren. «Als exportierendes 
Unternehmen haben wir auch den starken Franken gespürt.» Dagegen gebe es kein Patentrezept. «Wir versuchen momentan, Einsparungen 
zu generieren, noch produktiver zu werden und mit weniger Margen zu 
leben.» Anspruchsvoll sei auch, immer am Ball zu bleiben und keine Entwick­lungen zu verschlafen. «Doch nur so können wir weiterhin wettbewerbsfähig bleiben und uns erfolgreich unseren Nischenplatz sichern», betont Müller. Corinne Remund

INNOVATION und Nachhaltigkeit

Zentrale Unternehmenswerte

Nachhaltigkeit stellt seit der Firmengründung von Chocolat Stella Bernrain einen zentralen Unternehmenswert dar. Sie ist auch treibende Kraft, wenn es darum geht, innovativ zu agieren. Dazu CEO Monica Müller: «Nachhaltigkeit spielt sowohl beim Rohstoffeinkauf als auch in der Produktion eine wichtige Rolle.» So werden die kostbaren Rohstoffe direkt bei den kleinen Produzenten und Kooperativen bezogen, die sich dem biologischen Anbau sowie fairem Handel verpflichtet haben. Die erste Fair-Trade-Schokolade, Unterstützung und Ausbildung von Partnern und Lieferanten sowie von Projekten im Bereich Haselnussproduktion oder biologisch abbaubare Folien aus Holz sind nur einige Beispiele, die deutlich veranschaulichen, wie Innovation und Nach­haltig­keit Hand in Hand gehen.

Ressourcenschonung

Die Nachhaltigkeit zeigt sich beim Schweizer Schokoladenproduzenten auch immer wieder im ökologischen und sozialen Verhalten. So wird mit einem eigenen Energiekonzept 
stark auf die Ressourcenschonung geachtet. «Wir sparen mit Wärmerückgewinnung 
Energie und Wasser. Insgesamt sind es mehr als 98 Prozent des vorherigen Netzwasser-
verbrauches. Ausserdem können wir so auch den CO2-Ausstoss drastisch senken», betont Müller. In Kreuzlingen liefert zudem eine 
Photovoltaikanlage auf dem Lagerdach eigenen Strom. Das Unternehmen weist eine Vielzahl an verschiedenen Zertifizierungen auf. Es erhielt 2011 vom Kaufmännischen Verband des Kantons Tessin den «Prix Egalité» verliehen. Mit dem Preis wird das Engagement von Unternehmen ausgezeichnet, Männern und Frauen gleiche Arbeitsbedingungen zu bieten. Für aussergewöhnliche Bemühungen, behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer in den Arbeitsprozess zu integrieren, erhielt Chocolat Stella vom Kanton Tessin sowie der Tessiner Handelskammer 2012 den Prix «Agiamo insieme».

CR

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