Publiziert am: 19.06.2020

Nach Corona ist vor der Krise

Die wirtschaftlichen Aussichten aufgrund der Corona-bedingten Situation sind trüb. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Masshalten und ordnungspolitische Disziplin sind angezeigt. Gefragt sind Entlastung von Steuern und Abgaben statt Einführung von neuen Belastungen, Flexibilisierung des Arbeitsrechts statt Aufbau neuer Hürden und Abbau von Staatsschulden statt finanzpolitischem Schlendrian. Nur so kann der wirtschaftspolitischen Krise erfolgversprechend begegnet werden.

Prognostiker erwarten den stärksten Einbruch der Wirtschaftsaktivität seit 1975. Über ein Drittel aller Erwerbstätigen befindet sich in Kurzarbeit. Sowohl der Binnenmarkt als auch die Exportmärkte sind eingebrochen. Bezüglich der Auslandsnachfrage ist der schweizerische Staat machtlos. Für die Zunahme der Binnennachfrage ist wichtig, dass die Bevölkerung und die Wirtschaft eine Perspektive sehen und Zuversicht schöpfen.

Während der Corona-Krise erfolgten staatliche Eingriffe und Unterstützungen in einem Ausmass, wie es die Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg nie erlebt hat. Nach dieser Krise dürfen wir nicht auf diesen Staatsschulden sitzen bleiben. Denn nur dank des gesunden Staatshaushalts konnte der Bund überhaupt in diesem Ausmass zugunsten unserer Wirtschaft intervenieren. Der Bundesrat muss daher rasch einen Schuldenrückbauplan ausarbeiten. Wichtiger Baustein unseres finanzpolitischen Erfolgs war die Schuldenbremse. Sie wurde über viele Jahre von Links und zunehmend auch aus bürgerlichen Kreisen in Frage gestellt – bislang zum Glück erfolglos. Sie muss auch jetzt tabu bleiben!

Das Parlament ist aufgefordert, die Perspektive des langfristigen Wachstums einzunehmen und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes zu stärken. Dabei soll es auf die bewährte, liberale Schweizer Wirtschaftspolitik mit ihren erprobten Instrumenten setzen. Es sollen keine Strukturen geschaffen oder Instrumente eingeführt werden, die sich in normalen Zeiten als schädlich erweisen würden. So ist beispielsweise auf die Errichtung eines Staatsfonds zu verzichten. Generell müssen wir verhindern, dass unter dem Deckmantel der Krisenbekämpfung Massnahmen zur Befriedigung alter Partikularanliegen neu verpackt und umgesetzt werden.

Trotz des ausgezeichnet funktionierenden Instruments der Kurzarbeit werden die Arbeitslosenzahlen ansteigen. Nichtsdestotrotz dürfen wir den Arbeitsmarkt nicht noch mehr einschränken. Ein Kündigungsschutz und ähnliche Massnahmen würden vor allem dazu führen, dass kurzfristig mehr Unternehmen Konkurs gingen, da sie sich nicht «gesundschrumpfen» können. Langfristig wären die Effekte auf dem Arbeitsmarkt verheerend, wie Beispiele aus dem Ausland zur Genüge zeigen. Angezeigt sind vielmehr arbeitsrechtliche Flexibilisierungen und Erleichterungen, unter anderem im Bereich von Homeoffice.

Angesichts des starken Wirtschaftseinbruchs ist die Politik gehalten, bei Steuern und Abgaben Zurückhaltung zu wahren. Es gibt immer «gute Gründe» für deren Einführung oder Erhöhung. Auch wenn es sich um sogenannte Lenkungsabgaben handeln soll, bleibt immer eine Belastung der Wirtschaft. Und genau das können wir uns nicht leisten. Das Parlament hat es leider verpasst, Zölle abzubauen und die Zollverfahren zu vereinfachen. Auch bei der Revision des CO2-Gesetzes wurde munter reguliert, als ob nichts passiert wäre – mit zumindest zweifelhaftem Nutzen für das Klima. Aus parteipolitischen und ideologischen Gründen war man in der Zeit der wirtschaftlichen Krise nicht einmal zu einer verzögerten Inkraftsetzung neuer Abgaben bereit. Es wird an der Bevölkerung sein, im Rahmen der Volksabstimmung zu beurteilen, ob es die teils massive Verteuerung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen akzeptiert oder die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz im Interesse des Gewerbes sowie von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verteidigt werden soll.

* Der Aargauer FDP-Ständerat Thierry Burkart ist Vizepräsident der ständerätlichen Geschäftsprüfungskom­mission.

www.thierry-burkart.ch

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