Publiziert am: 07.07.2017

Nächster Versuch vom Tisch

ROAD PRICING – Der Nationalrat hat eine Genfer Standesinitiative für eine Innenstadtmaut klar abgelehnt. Nicht einmal die glp konnte überzeugt werden.

Ein weiteres Pilotprojekt für Road Pricing ist von National- und Ständerat versenkt worden. Der Kanton Genf hatte vom Bund die Möglichkeit gefordert, in Genf einen Pilotversuch für eine Innenstadtmaut einzuführen. Gemäss Bundesverfassung ist die ­Benützung öffentlicher Strassen gebührenfrei. Die Bundesversammlung kann Aus­nahmen bewilligen – im vorliegenden Fall hat sie das abgelehnt. Im Nationalrat stimmten lediglich SP und Grüne sowie die beiden EVP-Vertreterinnen dem Anliegen zu. Nicht mal die Grünliberalen unterstützten die Idee. Mit 143 zu 30 Stimmen ist die Idee abgeschmettert worden.

Nein zu Verkehrslenkung über Strassenabgaben

Der Kanton Genf hat in Anbetracht der Verkehrsentwicklung beim Bund eine Standesinitiative eingereicht. Der vom Genfer Staatsrat im Mai 2013 verab­schiedete Bericht «Mobilités 2030» zeichnet ein – gemäss eigenen Angaben – «besorgniserregendes Bild» von der Verkehrsentwicklung. Das Verkehrsaufkommen würde gemäss den vorhandenen Studien in den nächsten Jahrzehnten zunehmen, weshalb eine «radikale Änderung» der Verkehrspolitik notwendig sei.

«DAS GEWERBE MUSS SICH NACH DER KUNDSCHAFT RICHTEN.»

Damit wird auch der Zweck des ­Pilotprojektes klar: Über eine neue Innenstadtmaut will Genf den Verkehr lenken. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt derartige Pilotprojekte entschieden ab. Mit einer Innenstadtmaut wird der Zugang in die Kernstädte behindert und künstlich beschränkt. Road Pricing bestraft in erster Linie das Gewerbe, aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten, die neue Abgaben über höhere Preise zu tragen hätten. Das wiederum fördert den Einkaufstourismus im Ausland. Bereits heute wandern jährlich rund elf Milliarden ins umliegende Ausland ab. Zudem ist der Nutzen vo Road Pricing, wie Projekte im Ausland zeigen, beschränkt, zumal bereits heute sehr viele Pendlerinnen und Pendler den öffentlichen Verkehr benutzen, der in den Stosszeiten über keine zusätzlichen Kapazitäten verfügt.

Sowohl die Verkehrskommission des Ständerates als auch jene des Nationalrates haben das Genfer Anliegen abschlägig beurteilt und ihren Räten eine Ablehnung empfohlen. Beide verweisen auf den Ende Juni 2016 erschienenen «Konzeptbericht des Bundesrates zum Mobility Pricing» und den darauf erfolgten Abklärungen mit verschiedenen Kantonen und Städten zu Pilotversuchen in diesem Bereich. Die Möglichkeit, daran zu teilzunehmen, erachten beide Kommission auch für die Region Genf als gegeben.

Nein zu Abzockerei

Mit diesem abgeschmetterten Vorstoss ist die Thematik allerdings noch längst nicht erledigt. Es ist das ­erklärte Ziel des Bundesrates, mit Mobility Pricing den Verkehr zu lenken. Der sgv lehnt das Mobility Pricing als zusätzliche Gebühr ab. Das Gewerbe muss sich nach der Kundschaft richten und kann in der Regel weder Zeit noch Ort der Fahrten selbst wählen. Für die KMU führt Mobility Pricing zwangsläufig zu einem Kostenschub.

Die Ansätze des Bundesrates wie «sozialpolitische Ausgestaltung», «Intermodalität durch verkehrsübergreifendes Mobility Pricing» und damit die Forderung nach «gleichmässiger» Auslastung der Verkehrsträger Strasse und Schiene sind realitäts­fremd und nicht geeignet, die täglichen Herausforderungen des Gewerbes in der Verteilung der Güter zu erleichtern.

Über 80 Prozent der Güterverteilung und insbesondere die Güterfeinverteilung finden auf der Strasse statt. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern. Bereits mit dem vom sgv unterstützten Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds, ist eine Benzinpreiserhöhung um vier Rappen pro Liter verbunden. Für weitere Gebühren und Abgaben gibt es daher keinen Spielraum.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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