Publiziert am: 06.09.2019

Nein zu Initiative und Gegenvorschlag

Transparenz-Initiative – Die Initiative verlangt, dass der Bund Vorschriften zur Offenlegung der Finanzierung von politischen Parteien sowie von Wahl- und Abstimmungskampagnen auf Bundesebene erlässt. Ein Gegenvorschlag des Ständerates will die Transparenz über die Finanzierung politischer Aktivitäten ebenfalls erhöhen. Der sgv lehnt beides ab.

Die Transparenz-Initiative verlangt, dass Parteien und Komitees ihre Finanzen transparent machen müssen. Grosse Beträge dürfen nicht mehr anonym gespendet werden.

Im ständerätlichen Gegenvorschlag, dessen Vernehmlassungsfrist soeben zu Ende gegangen ist, wird vorgeschlagen, dass die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien einmal im Jahr ihre Einnahmen sowie die Zuwendungen im Wert von mehr als 25 000 Franken offenlegen müssen. Zudem sollen natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften, die im Hinblick auf eine Wahl in den Nationalrat oder im Hinblick auf eine eidgenössische Abstimmung eine Kampagne führen oder auf Bundesebene Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden sammeln und dafür mehr als 250 000 Franken aufwenden, ihre Finanzierung offenlegen. Anonyme Zuwendungen und Zuwendungen aus dem Ausland sind verboten.

Spielraum fĂĽr Interpretationen

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt sowohl die Initiative wie auch den Gegenvorschlag ab. Die politischen Parteien sind in der Schweiz als privatrechtliche Vereine ohne staatliche Parteienfinanzierung organisiert. Ausgenommen sind staatliche Zuwendungen in der Form von Fraktionsbeiträgen, die in der Regel ein Beitrag an die Lohnkosten für die Fraktionssekretärinnen und -sekretäre sind. Diese Beiträge haben eine gesetzliche Grundlage und sind transparent. Ihre Höhe richtet sich in der Regel nach der Grösse der Fraktion.

Die Schweiz kennt darüber hinaus kein staatliches Parteienfinanzierungssystem, weshalb grundsätzlich auch die Privatsphäre der politischen Parteien zu wahren ist. In einem föderalistischen System wird es nicht möglich sein, alle Spenderinnen und Spender zu erfassen. Der Gegenvorschlag zur Transparenz-Initiative schafft Ungleichheiten. Gemäss Entwurf wären die in der Bundesversammlung vertretenen Parteien verpflichtet, einmal pro Jahr ihre Einnahmen offenzulegen. Die Offenlegung müsste, sollte sie eine Aussagekraft erhalten, einen gewissen Detaillierungsgrad haben und z. B. auch Auskunft über die Beitragssubstrate der Kantonalparteien oder anderer Mitgliederkategorien, Einnahmen aus Aktionen aller Art u.a.m. geben. Damit wären die Beitragsleistungen der entsprechenden Mitglieder ebenfalls transparent. Diese werden aber vom Gesetzesvorschlag gar nicht erfasst.

«Wirtschaftliche Vorteile…»

Freiwillig gewährte wirtschaftliche Vorteile, die den Wert von 25 000 Franken pro Person und Jahr überschreiten, müssten ebenfalls offengelegt werden. Das kann bei den «wirtschaftlichen Vorteilen» schon schwieriger sein. Erhält eine politische Partei Zuwendungen in der Form von Dienstleistungen (z. B. Kampagnenhandwerk, Insertionsraum, Möglichkeit zum Abdruck von Positionen und Artikeln etc.) oder Naturalien (Kampagnen-Give-aways), wird die Spezifikation des tatsächlichen Wertes anspruchsvoll. Es stellen sich Fragen der Bewertung, der buchhalterischen Abgrenzung (falls eine Kampagne über den Jahreswechsel hinaus geplant bzw. durchgeführt werden muss), der Zuordnung zu einzelnen Kandidierenden etc., was den Parteien unverhältnismässigen und nicht zumutbaren bürokratischen Aufwand beschert. Der Begriff «wirtschaftliche Vorteile» ist unklar und lässt zudem grossen Spielraum für Interpretationen offen. Diese Forderung ist nur schon aus diesem Grund abzulehnen.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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