Publiziert am: 24.11.2017

Nun ist Vernunft gefragt

POSTdienstleistungen – Der Bundesrat will für gleich lange Spiesse für alle Postdienst­anbieter sorgen. Der Nationalrat unterstützt diese Stossrichtung. Nun ist der Ständerat gefragt.

Seit Monaten steht die Erreichbarkeit von Poststellen bzw. Postagenturen und ihrer Dienstleistungen im Kreuzfeuer der Kritik. Besonders Konsumentenzeitschriften berichten kritisch über die Zugangsmöglichkeiten. Die Diskussion – mitverursacht auch durch die zunehmende Umwandlung herkömmlicher Poststellen in (z. B. in einem Supermarkt integrierte) Postagenturen mit teilweise eingeschränktem Dienstleistungsangebot – hat die Politik auf den Plan gerufen.

Für einmal ist es jedoch nicht der Bundesrat, der auf die Bremse steht. In seinem Postevaluationsbericht vom Januar 2017 legt er verschiedene Reformansätze dar, die aus Sicht des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv sehr unterstützungswürdig sind. So sollen u.a. folgende Verbesserungen verwirklicht werden:

n Verbot von Koppelungsrabatten;

n Gewährleistung der Nichtdiskriminierung bei Mengenrabatten und Vorleistungsvergütungen;

n kostengerechte Entgeltregelung für den Zugang zu Postfächern der Post;

n verbesserter Zugang zu Briefkastenanlagen in Wohn- und Geschäftshäusern (Einführung einer neuen Regelung des Zugangs über die Zustellung durch die Post oder durch weitere Alternativen).

Damit fördert der Bundesrat den Wettbewerb und sorgt für gleich lange Spiesse für alle Postdienstanbieter. Private Anbieter sollen auf einfache Art und ohne Diskriminierung Zugang zu Infrastrukturen erhalten.

Minireform – schon zu viel?

Im Frühjahr hat die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats eine entsprechende Motion ausgearbeitet. Dazu gehört auch ein diskriminierungsfreier Zugang zu Postfachanlagen und zu Teilleistungen der Post. Beides ist im heutigen Postgesetz zwar bereits vorgesehen, wird jedoch in der Verordnung und ebenso in der Praxis nicht entsprechend umgesetzt. Ist die Motion im Nationalrat noch klar überwiesen worden, beantragt nun die Verkehrskommission des Ständerates mit 10 zu 3 Stimmen ihrem Rat die Ablehnung. Ein fairer und diskriminierungsfreier Wettbewerb im Postmarkt steht offenbar nicht im Fokus der Verkehrskommission des Stände­rates. Das lässt aufhorchen. Offensichtlich hat die Diskussion um den Zugang zu Postdienstleistungen die Mehrheit der Verkehrskommission verunsichert. Anders ist es nicht zu erklären, dass eine Minireform, die lediglich gleich lange Spiesse zwischen der Post und privaten Dienstleistungsanbietern fordert, derart krass scheitert.

Hoffen auf das «Stöckli»

Es ist nun zu hoffen, dass der Ständerat in der bevorstehenden Wintersession die Motion trotz Ablehnungsantrag seiner Verkehrskommission überweist. Die Forderungen nach einem Verbot von Koppelungsrabatten, die Gewährleistung der Nichtdiskriminierung bei Mengenrabatten und Vorleistungsvergütungen sowie eine kostengerechte Entgeltregelung für den Zugang zu Postfächern der Post und einen verbesserten Zugang zu Briefkastenanlagen in Wohn- und Geschäftshäusern sind sicher nicht Forderungen, die den Zugang der Bevölkerung zu Postdienstleistungen einschränken. Im Gegenteil: Sie bauen ihn aus.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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