Publiziert am: 07.07.2017

Politisch noch engagierter

GEWERBEVERBaND APPENZELL AUSSERRHODEN – Dank Kontinuität und gutem Zusammenhalt hat der Verband harte Zeiten gut überstanden. Politisch will er noch stärkere Akzente setzen.

In den 125 Jahren seit seiner Entstehung ist es dem Gewerbeverband Appenzell Ausserrhoden gelungen, sich als einer der mitgliederstärksten Verbände im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft und Politik zu positionieren. «Dies ist sicher auch auf die Kontinuität in der Verbandsführung mit meistens langjährigen Präsidenten zurückzuführen», erklärt Ruedi Aerni, Geschäftsführer des Gewerbeverbandes Appenzell Ausserrhoden. Eine besondere Stärke des Verbandes ist der persönliche Kontakt zu den einzelnen Mitgliedern, zu den örtlichen Gewerbevereinen und Berufsverbänden, die Zusammenarbeit mit dem Industrieverein und dem Hauseigentümerverband sowie die Nähe zu den Behörden und Verwaltungen.

Nicht vergessen darf man, Appenzell Ausserrhoden ist ein traditioneller Industriekanton. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts galt er als Industriehochburg und wies deshalb schweizweit eine der höchsten Bevölkerungsdichten auf. Dazu Aerni: «Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes und der Industrie ist mit über 30 Prozent höher als der schweizerische Durchschnitt. Doch wie überall in der Schweiz werden auch im Kanton Appenzell Ausserrhoden die Arbeitsplätze im zweiten Sektor weiter zurückgehen.»

«Heute gilt es, sich in der globalisierten Welt neu zu 
positionieren.»

Das Gewerbe sei wie andere Branchen immer wieder gefordert, die traditionellen Geschäftsmodelle den Herausforderungen anzupasssen. «Heute gilt es, sich in der globalisierten und digitalisierten Welt neu zu positionieren», stellt Aerni fest. Das Ausserrhoder Gewerbe ist vom starken Franken nur mittelbar betroffen. «Unser Gewerbe ist primär binnenmarktorientiert», so Aerni. Ebenso ist der Detailhandel vom Einkaufstourismus weniger stark betroffen als grenznahe Kantone.

Berufsbild attraktiv positionieren

Einen hohen Stellenwert im Verband hat die Berufsbildung. Er engagiert sich mit personeller und finanzieller Unterstützung an der jährlich stattfindenden Freizeitarbeiten-Ausstellung. Zudem organisiert der Gewerbeverband Appenzell Ausserrhoden zusammen mit dem Industrieverein, der Organisation der Arbeitswelt Soziales und Gesundheit und dem Amt für Hochschulen, Mittelschulen und Berufsbildung die jährlich stattfindende Plattform für Berufsbildung. «Es ist wichtig, dass auch unsere Mitglieder den Nachwuchs fördern und qualifizierte Ausbildungsplätze für die jungen Berufsleute anbieten», betont Aerni. Und er ist stolz darauf, dass es dem Verband seit seiner Gründung gelungen ist, der Berufsbildung den nötigen Stellenwert zu verschaffen und eine qualitativ hochstehende Ausbildung zu gewährleisten. Die Berufsbildung im Allgemeinen und die handwerklichen Berufe im Speziellen ständen jedoch nach wie vor im Wettbewerb zur schulischen Ausbildung. Zudem werde die in der Verfassung festgeschriebene Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung nicht gelebt. Dazu Aerni: «Berufliche und akademische Bildung sollten einander nicht ausspielen, es braucht beide.» Gerade auch im Hinblick auf den demografischen Wandel sei es wichtig, die Berufsbildung attraktiv zu positionieren.

«Wir brauchen engagierte Gewerbler, die die politische Basisarbeit machen.»

Zum Kerngeschäft des dynamischen Verbandes gehören die politischen Geschäfte. «Bei den Vernehmlassungen wollen wir unsere Position deutlicher zum Ausdruck bringen», sagt Aerni. Dabei scheut der Verband auch nicht, wenn nötig seine Anliegen mittels Referendum durchzusetzen. Künftig will sich der Verband bei der Ausarbeitung von Gesetzen früher in den Gesetzgebungsprozess einbringen. «Dazu braucht es engagierte Gewerbler und Gewerblerinnen, welche die wichtige politische Basisarbeit machen», so Aerni. Eine weitere Herausforderung ist die Mitgliederwerbung in Zusammenarbeit mit den örtlichen Gewerbevereinen. Einen grossen Stellenwert hat die vertiefte Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftsverbänden und den bürgerlichen Parteien im Kanton. «Zusätzlich ist es unser erklärtes Ziel, im Kanton die Position und die Interessen des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv besser an die Basis zu vermitteln», hält Aerni fest. Für die nächsten 125 Jahre wünscht sich der Geschäftsführer, «dass das Gewerbe seinen Platz in der Ausserrhoder Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin behaupten kann.»

Corinne Remund

125-JAHR-JUBILÄUM

Geburtstag 
ausgiebig feiern

Der 125. Geburtstag des Gewerbeverbands Appenzell Ausserrhoden bildet in diesem Jahr den Schwerpunkt der Aktivitäten. Der Verband feiert sein Jubiläum mit drei Fixpunkten. Die Freizeitarbeiten-Ausstellung sowie die Delegiertenversammlung in Waldstatt sind bereits vorbei. Nach aussen hin am stärksten tritt der jubilierende Verband am 8. September in Erscheinung. Dann findet unter dem Motto «Unterwegs – 125 Jahre Gewerbeverband» eine Tour mit Oldtimern durch Ausserrhoden statt. Sie startet am Morgen in Herisau und endet in Heiden, wo im Kursaal ein Gewerblerabend steigt. Der Tross macht in verschiedenen Gemeinden Halt. Ebenso erscheint eine Festschrift, die das zum 100-Jahr-Jubiläum 1992 erschienene Buch «einstimmig acceptiert» um das seither vergangene Vierteljahrhundert ergänzt und die Geschichte des Gewerbeverbandes in geraffter Form auflistet. CR

DER GEWERBEVERBAND AR KURZ ERKLÄRT

Politische Arbeit als Hauptaufgabe

Der Gewerbeverband Appenzell Ausserrhoden wurde am 11. September 1892 im Hotel Hecht in Teufen gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die bereits bestehenden örtlichen Handwerker- und Gewerbevereine von Heiden, Walzenhausen, Wolfhalden, Lutzenberg, 
Trogen, Speicher, Teufen, Bühler, Gais, Urnäsch, Hundwil-Stein und Herisau. Bereits 1911 wurde als erster Höhepunkt in der Verbandsgeschichte die kantonal appenzellische Gewerbeausstellung in Herisau durchgeführt. Sie dauerte einen Monat lang. Seit 1897 findet zudem jährlich die Freizeitarbeiten-Ausstellung AR/AI statt. Die beiden Geschäftsstellen des Gewerbeverbandes sowie des Industrievereins wurden 2006 unter dem Dach des Hauses der Wirtschaft in Herisau zusammengeführt.

Das Netzwerk gegen innen 
und aussen fördern

Heute bietet der Gewerbeverband Appenzell Ausserrhoden eine wichtige Informationsplattform für seine Mitglieder. Er unterstützt sie bei rechtlichen sowie anderen Fragen und vertritt ihre Interessen gegenüber Organisationen, Behörden und der Öffentlichkeit. Ein wichtiges Anliegen ist ihm auch die Berufsbildung. Der Verband fördert das Netzwerk der Gewerbetreibenden untereinander sowie die Zusammenarbeit zwischen anderen Organisationen, Institutionen und (Wirtschafts)-
verbänden. Der Unternehmer-Dachverband engagiert sich politisch, indem er die Interessen seiner Mitglieder vertritt und sich aktiv bei Wahlen, Abstimmungen und Vernehmlassungen einbringt.

Der Gewerbeverband zählt aktuell 1143 Mitglieder, aufgeteilt in 16 örtliche Gewerbevereine, 35 Berufsverbände und 27 Privatpersonen. Die Mitglieder kommen aus den klassischen gewerblichen Branchen, dem Detailhandel, dem Dienstleistungsbereich, der Gastronomie und der Informatik. CR

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