Publiziert am: 01.10.2021

Potenzial ausschöpfen

CO2-GESETZ – Nach der Ablehnung des neuen CO2-Gesetzes im Juni herrschen vor allem Missverständnisse. Die Schweiz hat eine funktionierende und äusserst erfolgreiche Klimagesetzgebung. Diese bleibt bestehen – ebenso wie diverse Baustellen.

Eines gleich vorweg: Das Nein des Souveräns zum neuen CO2-Gesetz war keine Ablehnung des Klimaübereinkommens von Paris. Diese internationale Abmachung wurde vom Volk nicht infrage gestellt. Denn die Ratifizierung wurde schon vor Jahren beschlossen, und dagegen wurde kein Referendum ergriffen. Was das Volk abgelehnt hat, ist die Umsetzung dieser Abmachung in Form eines neuen CO2-Gesetzes – eines, das im Übrigen voller Widersprüche zum Übereinkommen war.

Auch verfügt die Schweiz bereits über ein funktionierendes CO2-Gesetz. Dieses ist sehr erfolgreich, wie die Resultate eindeutig belegen: Die Schweiz hat sehr geringe Emissionen pro Wertschöpfungsfranken und pro Kopf. Dieses erfolgreiche CO2-Gesetz bleibt in Kraft, denn es gilt unbefristet. Die Baustellen die verbleiben haben aber. Und das hat damit zu tun, dass einige der Massnahmen im Gesetz befristet sind.

Das sind die Baustellen

Die erste Baustelle sind die Emissionsreduktionsziele des Gesetzes. Diese sind auf das Jahr 2020 terminiert. Sie müssen also angepasst werden. Denn die Schweiz hat sich gegenüber dem Klimaübereinkommen von Paris einseitig verpflichtet, bis zum Jahr 2030 die nationalen Treibhausgasemissionen um 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu reduzieren.

Damit zusammenhängend müssen die befristeten Instrumente im geltenden CO2-Gesetz ebenfalls verlängert werden. Dazu gehören die Zielvereinbarungs- und Kompensationsprogramme. Zielvereinbarungen werden von der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) vorgenommen. Firmen, die sich Emissionsreduktionsziele geben und diese erfüllen, sind faktisch von der CO2-Steuer befreit. Damit wird Klimaschutz mit wirtschaftlicher Effizienz verbunden. Die Kompensationsprogramme gleichen im In- und Ausland Emissionen des Treibstoffsektors aus. Gemeinsam sorgen sie für einen grossen Teil der Schweizer Reduktionen. Ihre Verlängerung ist kongruent mit den Zielen und deshalb geboten.

Potenzial ausschöpfen

Die genannten Baustellen sind eher Sofortmassnahmen, um die Erfolge des geltenden CO2-Gesetzes zu sichern. Doch es gibt darüber hinausgehendes Potenzial, das es auszuschöpfen gilt. Zum Beispiel kann das bestehende Instrumentarium auf den Gebäudebereich erweitert werden, um weiterhin Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit zu verbinden.

Diese Erweiterung wäre einfach: Gemäss Energiegesetz werden energetische Gebäudeinvestitionen steuerlich bevorzugt behandelt. Gleiches könnte im CO2-Gesetz vorgesehen werden. Neben dem Gebäudeprogramm der Kantone und des Bundes könnte auch das Kompensationsprogramm Investitionen in den Gebäudepark vorantreiben. Grosse Immobiliengesellschaften könnten viel mehr Klimaschutz betreiben, wenn sie selbst Zielvereinbarungsprogramme abschliessen könnten.

Diese Änderungen lassen sich vor allem auf dem Verordnungsweg umsetzen. Sie sind «in line» mit dem geltenden CO2-Gesetz, «in line» mit Paris und «in line» mit dem Willen des Souveräns. Sie setzen Potenzial um – und dies müsste eigentlich das Ziel sein, wollen wir Paris erreichen.

Henrique Schneider,

Stv. Direktor sgv

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