Publiziert am: 06.02.2015

Regulierung ja – aber differenziert

FINANZMARKTREGULIERUNG – Die Inlandbanken verlangen, dass die Finanzmarktstrategie des Bundes den unterschiedlichen Bankmodellen Rechnung trägt. Den internationalen Marktzutritt streben sie «nicht um jeden Preis» an.

Bei der Finanzmarktregulierung ­haben inlandorientierte Banken andere Prioritäten als Grossbanken. Die Schweizer Inlandbanken – dazu gehören u.a. der Verband Schweizerischer Kantonalbanken, die Raiffeisen-Gruppe und die Migrosbank – unterstützen die Empfehlungen zur Verbesserung des Regulierungsprozesses, wie sie die «Expertengruppe Brunetti II» vorgeschlagen hat. «Die empfohlenen Massnahmen sind zielführend und geeignet, bestehende Defizite – insbesondere mangelnde Differenziertheit der Regulierung oder fehlender Einbezug aller relevanten Branchenteilnehmer – zu beheben», so die Inlandbanken. Im Rahmen des empfohlenen verstärkten Einbezugs der Branche in den ganzen Regulierungsprozess seien die Inlandbanken bereit, ihren Beitrag zu leisten und Verantwortung zu übernehmen. Das könne – wie im Bericht vorgeschlagen – via das Forum Finanzplatz, über den vom Bundesrat beschlossenen Beirat Zukunft Finanzplatz unter der Leitung von Aymo Brunetti oder ein anderweitiges Gremium (z.B. «Strategierat Zukunft Finanzplatz») erfolgen. Zentral ist für die Inlandbanken «die mindestens gleich starke Vertretung der Inlandbanken wie der Gross- oder der Privatbanken in diesen Gremien».

Empfehlungen konsequent und rasch umsetzen

Es sei entscheidend, dass die Empfehlungen der Expertengruppe zum Regulierungsprozess nun konsequent und zeitnah umgesetzt würden: «Auch der perfekt konzipierte Regulierungsprozess nützt nichts, wenn in der Praxis immer wieder Umstände geltend gemacht werden, welche es verunmöglichen sollen, dem definierten Prozess nachzuleben.»

Die bereits bestehenden, zweckmäs­sigen und zielführenden Regulierungsgrundsätze und -richtlinien müssten mit einer hohen rechtlichen Verbindlichkeit ausgestattet werden, damit sie in der Praxis auch tatsächlich befolgt würden, fordern die Inlandbanken.

Keine unnötigen Regulierungsprozesse

Zentral ist für die Inlandbanken der Grundsatz der differenzierten Regulierung, welche den Besonderheiten und Risiken einzelner Geschäfts­tätigkeiten und Geschäftsmodelle in angemessener Weise Rechnung trägt. «Ganz besonders im Bereich Systemschutz soll die differenzierte Regulierung beibehalten und, wo nötig, ausgebaut bzw. verbessert werden.»

Insgesamt gehe der Bericht «Brunetti II» mit seiner «rein deklaratorischen Feststellung», dass eine Differenzierung der Regulierung anzustreben sei, zu wenig weit. «Es braucht nun konkrete Anwendungen bzw. Taten: Gleiches soll gleich, Ungleiches dagegen tatsächlich ungleich reguliert werden.» Nur so werde die Wettbewerbsneutralität der Regulierung gewahrt und eine schädliche Strukturpolitik zu Lasten kleinerer und mittlerer Banken verhindert.

Zentral sei eine sorgfältige Analyse des Regulierungsbedarfs und der Regulierungsfolgen: «Reguliert werden soll nur dann, wenn ein Marktver­sagen oder ein systemisches Defizit vorliegt oder wenn internationale Standards umgesetzt werden müssen.» Unnötige Regulierungsprozesse müssten unterlassen werden.

Marktzutritt ja – aber nicht um jeden Preis

Die Inlandbanken sprechen sich für offene Märkte aus. Massgeblich sei jedoch der Preis, den der gesamte Finanzplatz und die Schweizer Volkswirtschaft im Generellen für einen erleichterten grenzüberschreitenden Marktzutritt zu bezahlen haben. «Massnahmen zur Verbesserung des Marktzutritts dürfen nicht die volkswirtschaftlich wichtige Vielfalt und den Wettbewerb auf dem inländischen Finanzplatz beeinträchtigen.»

Der Bericht trage dem Umstand zu wenig Rechnung, dass es auf dem Schweizer Finanzplatz eine überwiegende Zahl inlandorientierter Banken gebe, die nicht oder kaum aktiv grenzüberschreitend im Ausland tätig seien und für die der aktive Marktzutritt eine geringere Bedeutung habe. «Diese Banken profitieren von allfälligen Verbesserungen beim Marktzutritt kaum, haben aber die Lasten und Kosten, welche sich aus den Marktzutrittskonzessionen der Schweiz gegenüber dem Ausland ergeben, voll mitzutragen.»

«Ein politischer Entscheid»

Aus diesem Grund ist es für die ­Inlandbanken zentral, dass eine sorgfältige und umfassende Analyse des Nutzens und der Kosten unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktteilnehmer und Geschäftsfelder gemacht wird, bevor Empfehlungen zum weiteren Vorgehen abgegeben werden. «Der Grundsatz der Wirkungsanalyse und Regulierungsfolgenabschätzung, den die Expertengruppe beim Regulierungsprozess einfordert, muss auch bei Regulierungen für einen verbesserten Marktzutritt gelten.»

Der Bericht zeige klar, dass der ­Nutzen des Äquivalenzansatzes sehr beschränkt sei (keine Rechtssicherheit, Abhängigkeit von der EU, keine Mitsprache etc.). Die Gefahr sei gross, dass die Schweiz im vorauseilenden Gehorsam teure und aufwendige Anpassungen ans EU-Recht vornehme, welche die Abhängigkeit von der EU verstärken und den Handlungsspielraum der Schweizer Finanzinstitute einschränken, aber letztlich keinen Marktzutritt bringen würden. «Denn Äquivalenz allein verschafft keinen Marktzutritt. Der Marktzutrittsentscheid der EU ist letztlich ein politischer Entscheid, bei dem immer mehr davon auszugehen ist, dass sich die EU in Zukunft mit äquivalenten Regulierungen nicht mehr zufrieden gibt, sondern die dynamische Übernahme des EU-Rechts verlangen wird.»

FINANZDIENStleisTungen

«Abkommen kein ­geeigneter Weg für unseren Finanzplatz»

«Gestützt auf den heutigen Wissensstand» lehnen die Inlandbanken ein Finanzdienstleistungsabkommen (FDLA) klar ab. «Ein solches Abkommen dürfte kein geeigneter Weg für den Schweizer Finanzplatz sein, da der Nutzen – insbesondere für den inlandorientierten Finanzplatz – begrenzt, die negativen Folgen für die Schweiz bzw. die Schweizer Volkswirtschaft, die Rechtsetzungsverfahren und das Schweizer Rechtssystem dagegen erheblich und weitreichend wären.» Zudem würde der Handlungsspielraum der Schweiz gegenüber Drittstaaten aus­serhalb der EU eingeschränkt.

STEUERKONFORMITÄT

«Nicht verlängerter Arm des Fiskus»

Laut den Inlandbanken ist Steuerkonformität für den Schweizer ­Finanzplatz unabdingbar. Für die steuerliche Integrität im Inland brauche es ein praktikables und ­kohärentes Gesamtkonzept, das die verschiedenen, miteinander zusammenhängenden Themen berücksichtige. Die Inlandbanken lehnen es jedoch ab, «dass den Finanzinstituten neue Sorgfaltspflichten im Bereich der Steuerehrlichkeit aufgebürdet und sie somit zum verlängerten Arm der Steuerbehörden werden».

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