Publiziert am: 23.04.2021

Sonntagsprediger schröpfen KMU

MEDIENSTEUER – Seit dem Jahr 2019 laufen Firmen ab einem Jahresumsatz von 500 000 Franken Gefahr, die Mediensteuer doppelt bezahlen zu müssen. Diese Ungerechtigkeit gehört dringend beseitigt, fordert sgv-Präsident Fabio Regazzi. Momentan ruhen die Hoffnungen auf dem Nationalrat.

In ihren Sonntagsreden – und dies nicht bloss in Vorwahlzeiten – singt die Politik gerne das Hohelied auf die KMU. Dies stets auch mit zutreffenden Argumenten: Sie würden sich als Puffer erweisen, wenn die Grossunternehmen Arbeitsplätze abbauen, wird oft gesäuselt. Die KMU werden hochgejubelt, weil sie Ausbildungsplätze für Junge anbieten. Rund 540 000 Firmen zählen eine Mitarbeiterzahl zwischen 1 und 49.

Grosser Ă„rger fĂĽr die Firmen

2019 kam es mit der Einführung der neuen Mediensteuer für Unternehmen mit Jahresumsätzen ab 500 000 Franken zu vielen Protesten. Dies, weil unter anderem bestimmte Firmenkonstrukte wie Arbeitsgemeinschaften doppelt besteuert worden sind.

«Hat die SRG ein fixes recht, was Firmen und Haushalte gefälligst zahlen?»

Oder weil viele Unternehmen, die zwar sehr wenige Mitarbeitende haben, aber hohe Umsätze bei teils geringe Margen erzielen, hohe Steuerbeträge zu berappen hatten. Aus diesen Gründen hat der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, Unternehmer und Nationalrat Fabio Regazzi (Die Mitte, TI) eine parlamentarische Initiative eingereicht mit dem Ziel, dass nur noch Unternehmen mit 250 oder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (Vollzeitstellen) die Mediensteuer zu entrichten haben. Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden seien von der Abgabe zu befreien, und Lernende werden nicht als Arbeitnehmende gezählt.

Nationalrat Ja – Ständerat Nein

Nachdem der Vorstoss in der zuständigen Kommission des Nationalrates vorläufig unterstützt worden war, sagt jetzt die ständerätliche Kommission mit 8 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung Nein. Begründet wird das ständerätliche Nein damit, dass «bei einer Umsetzung der Initiative die fehlenden Gebührengelder von den Haushalten getragen werden müssten». Übersetzt heisst das nichts anderes als dies: Die SRG hat ein fixes Anrecht auf ihre Mediensteuer, und Unternehmen und Haushalte haben diese gefälligst zu entrichten.

Diese Argumentation ist – höflich ausgedrückt – ziemlich sonderbar. Zumal rein sachlich betrachtet nur natürliche Personen Radio, Fernsehen und andere Medien konsumieren können, nicht aber juristische Personen wie z. B. Unternehmen. Da seit 1. Januar 2019 sowieso fast alle Haushalte in der Schweiz mediensteuerpflichtig sind, wird mit dem geltenden System einer generell geforderten Abgabepflicht für Firmen ab einer Umsatzgrenze von 500 000 Franken eine Doppelbesteuerung zugelassen.

«VIELE KMU HABEN HOHE UMSÄTZE, ABER NUR TIEFE MARGEN. SIE TRIFFTS BESONDERS.»

Die Anbindung der Mediensteuer an den Umsatz ist – wie schon oft erklärt – höchst ungerecht. Viele KMU erzielen zwar hohe Umsätze, weisen aber nur tiefe Margen aus. Sie werden deshalb durch die Mediensteuer besonders stark belastet.

Chance verpasst

Die Grenze von 250 Mitarbeitenden ist eine gängige Definition für KMU und damit breit akzeptiert. In der für KMU ausserordentlich herausfordernden Pandemielage wäre es wichtig, ein Zeichen der Entlastung zu setzen. Doch die zuständige Kommission des Ständerates hat diese Chance verpasst.

Die Hoffnung (auf eine gerechte Lösung) stirbt bekanntlich zuletzt. Als Nächstes ist der Nationalrat wieder am Zug.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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