Publiziert am: 24.06.2016

Staatliche Bevormundung stoppen

PARLAMENTARISCHE GEWERBEGRUPPE – Höhepunkte der diesjährigen Session war die Unternehmenssteuerreform III, die verabschiedet wurde. Dringend notwendig für die KMU ist aus Sicht der vier Mitglieder eine griffige Regulierungsabschätzung.

Die Sommersession 2016 hat wiederum ein paar Höhepunkte mit sich gebracht. Für mich war die Eröffnung des Gotthard-Eisenbahnbasistunnels der absolute Höhepunkt. Eine tolle Meisterleistung der Ingenieure, der Bauarbeiter und Fachleute. Dieser Tunnel ist ein Sinnbild schweizerischer Tugenden. In welchem anderen Land stimmt das Volk über solch grosse Projekte ab und das Projekt wird zeit- und kostengerecht abgeliefert? Solch visionäre Projekte haben wir in der Sommersession keine behandelt. Im Ständerat haben wir auch verschiedene Motionen für administrative Erleichterungen überwiesen. Dringend notwendig ist eine griffigere Regulierungsabschätzung. Wenn sich die Verwaltung selbst überprüft, können wir geradezu darauf verzichten. Es braucht eine unabhängigere Beurteilung. Ein Ärgernis sind insbesondere auch die Verordnungen, Kreisschreiben und Rundschreiben. Aber es haben sich auch die Branchen zurückzuhalten: Nicht bei jedem Einzelfall sollte nach einer staatlichen Regulierung gerufen werden.

«Dringend notwendig ist eine griffigere 
Regulierungs­abschätzung.»

Wichtig – auch für das Gewerbe und viele KMU – ist die Unternehmenssteuerreform, welche wir verabschiedet haben. Diese macht die Schweiz nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Druck der Europäischen Union und des Auslands. Diese Reform ist meines Erachtens auch aus Gewerbesicht ein guter Kompromiss. Die Kantone erhalten einen höheren Bundesanteil, und dieser ist für Gewinnsteuersenkungen zu verwenden. Davon profitieren alle KMU. Es bleiben den Unternehmen auch mehr Mittel, zu investieren und das Geschäft weiterzuentwickeln. Die Kantone haben zudem die Freiheit zu entscheiden, welche weiteren Instrumente sie einführen wollen. Die Reform ist für das Gewerbe wichtig. Zudem hat der Ständerat die Energiestrategie 2050 behandelt. Dabei führte er die Abzugsfähigkeit der Abbruchkosten für Ersatzneubauten ins Gesetz ein. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass in vielen Fällen Ersatzneubauten die viel bessere Lösung sind als Sanierungen. Ein Oldtimer bleibt ein Oldtimer, und deshalb müssen die Anreize anders gesetzt werden.

Martin Schmid

Ständerat FDP/GR

Handlungsbedarf bei der ­staatlichen Bevormundung

Der Nationalrat hat die letzten Differenzen zum Ständerat bereinigt und der Unternehmenssteuerreform III mit 140 zu 49 Stimmen klar zugestimmt. 24 000 Unternehmen sind von dieser USR III betroffen und sie sind es, die heute rund die Hälfte aller Gewinnsteuern auf Bundesebene bezahlen. Das sind über vier Milliarden Franken, von denen wir alle profitieren. Auf Druck der EU und der OECD dürfen wir diese Schweizer Konzerne bezüglich ihrer mobilen Erträge nicht mehr einem besonderen, attraktiven Steuerstatus unterstellen. Damit sie aber wettbewerbsfähig bleiben und wir diese wichtigen Arbeitgeber im Land behalten können, müssen wir neue Massnahmen treffen. Die USR III ist auch für das Gewerbe und die KMU relevant: Die steuerlichen Ersatzmassnahmen gelten auch für sie. Das bedeutet, dass auch ihre Steuerbelastung sinkt – und dies in einem Umfeld, das bekanntlich schwierig ist und wohl noch längere Zeit schwierig bleiben wird. Die Ratslinke klagt über die entgangenen Steuererträge. Steuern, die sie einziehen will, um sie grosszügig zu verteilen. 11 Milliarden Franken davon für die Entwicklungshilfe, beispielsweise. Und das bedingungslos, ohne die Empfänger in die Pflicht zu nehmen, ihre von uns abgewiesenen Asylbewerber zurückzunehmen. Jede bisher beklagte Unternehmenssteuerreform hat ihre angestrebte Wirkung erzielt, die Wettbewerbsbedingungen verbessert und letztlich zu höheren Steuereinnahmen geführt. Das ist gut.

«Die USR III ist auch für das Gewerbe und die KMU relevant.»

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich jedoch bei der staatlichen Bevormundung, die in den vergangenen zwei Legislaturen beängstigende Züge erreicht hat. Auch die KMU sind davon in vielerlei Hinsicht betroffen. Ein gravierendes Beispiel ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB). Bis vor kurzem war es selbstverständlich, dass Familienmitglieder zueinander schauten, wenn das notwendig wurde. Wenn die KESB heute der Ansicht ist, dass Ihr familiäres Umfeld für Ihre Betreuung ungeeignet ist, verfügen KESB-Mitarbeiter über Ihre Person, Ihren Aufenthaltsort, Ihr Vermögen und sogar über Ihre Familienunternehmung. Die SVP-Fraktion hat Vorstösse eingereicht, um Fehler im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht zu korrigieren. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

Barbara Keller-Inhelder,

Nationalrätin SVP/SG

Wirtschaftliche Gefüge –
ausschlaggebend für KMU

Die Hauptthemen dieser Session waren die 3. Reform der Unternehmensbesteuerung, die abgeschlossen werden konnte, sowie die Effizienz der Massnahmen zur Verkehrssicherheit, der sogenannten «Via sicura», die ich mittels einer eingereichten Initiative angezweifelt habe, ebenso wie eine andere Volksinitiative mit denselben Anliegen. Die beiden Vorstösse wurden vom Ständerat abgelehnt. Und schliesslich der NAF, der sowohl die Finanzierung der Ausgaben für die Nationalstrassen als auch der Bundesbeiträge an Projekte des Agglomerationsverkehrs zum Ziel hat. Gleich wie der Bahninfrastrukturfonds (BIF) soll der Strassenverkehrsfonds (NAF) direkt durch künftige zweckgebundene Einnahmen alimentiert werden.

«Das Abkommen über den freien Personenverkehr muss auf Kroatien ausgedehnt werden.»

Zweifellos besteht dringender Handlungsbedarf bei der exzessiven Bürokratisierung. Gemäss einer Studie des sgv kosten die vom Staat verfügten Regulierungen die Wirtschaft jährlich rund 
60 Milliarden Franken. Als Chef eines Unternehmens bekomme ich die negativen Auswirkungen dieser exzessiven Regulierung jeden Tag zu spüren. Das Gewicht des Staates und der dazugehörige Papierkrieg zwingen mich als Verantwortlichen, meine primäre Aufgabe – nämlich die Sicherstellung respektive Schaffung von Arbeitsplätzen – zu vernachlässigen und stattdessen staatliche Direktiven zu studieren. Das hat nicht nur für mein Unternehmen, sondern für die gesamte Gesellschaft gewichtige Konsequenzen. Eine echte Ressourcenvergeudung für die Wirtschaft. Aus wirtschaftspolitischer Sicht und im Interesse der Schweiz muss das Abkommen über den freien Personenverkehr auf Kroatien ausgedehnt werden, selbst wenn man Bedingungen gestellt hat. Ein weiteres wichtiges Dossier für die KMU ist das wirtschaftliche Gefüge der Schweiz und die Unternehmenssteuerreform III (USR III). Neue Steuererleichterungen für sämtliche Unternehmen sollen die Abschaffung der bislang ausländischen Grossunternehmen zugestandenen Privilegien ausgleichen. Dabei drehte sich die Debatte um das Ausmass der auf zwei Milliarden Franken geschätzten Steuerverluste, wovon mehr als eine Milliarde zulasten des Bundes. Persönlich bin ich vom Schlussresultat nicht vollständig befriedigt, denn die KMU gehören zu denjenigen, die am wenigsten von der Reform profitieren. Die Linke wird nun das Referendum ergreifen: sie prangert eine Vervielfachung von Steuergeschenken an und lehnt es ab, dass der Bund bei der ganzen Operation mehr als 500 Mil­lionen verlieren soll. So wird man Gelegenheit haben, nochmals darüber zu sprechen.

Fabio Regazzi,

Nationalrat (CVP/TI)

Bildung ist zentral für die 
Weiterentwicklung der Schweiz

Auch in dieser Session war das Parlament gefordert, die Balance zwischen der Bewahrung eines ausgeglichenen Bundeshaushalts und dem richtigen Mitteleinsatz sowie der Beschränkung auf nur notwendigste Reglementierungen zu finden. Eine grosse Herausforderung war die Unternehmenssteuerreform III. Nachdem OECD und EU von der Schweiz die Abschaffung der tieferen Steuersätze für internationale Unternehmen verlangt hatten, wurde die Schweiz gezwungen, unser erfolgreiches Steuersystem neu auszugestalten. Andernfalls wäre die Gefahr der Abwanderung international tätiger Firmen gross. 24 000 Firmen sollten plötzlich höher besteuert werden. Fünf Milliarden Franken an Steuereinnahmen, 150 000 Arbeitsplätze standen auf dem Spiel. Nach hartem Ringen zwischen Stände- und Nationalrat ist die weit über diese Session hinaus wichtigste Vorlage dank bürgerlicher Zusammenarbeit erfolgreich zum Abschluss gekommen. Das Referendum der Linken wurde allerdings angekündigt.

«Eine bedarfsgerechte Personalpolitik ist Sache der Unternehmer und keine Aufgabe der öffentlichen Hand.»

Bei der BFI-Botschaft 2017–2020 mit einem Finanzrahmen von 26 Milliarden Franken musste ebenfalls versucht werden, Mass zu halten. Bildung, Forschung und Innovation sind zentral für die Weiterentwicklung unseres Landes. Die hohen finanziellen Herausforderungen durch die künftige Altersvorsorge, das Asylwesen und die Verkehrsfinanzierung berücksichtigend, hat der BR jedoch gleichzeitig mit den mehrjährigen Finanzbeschlüssen ein Stabilisationsprogramm unterbreitet. Davon kann leider auch die Bildung nicht ausgenommen werden. Trotzdem wurde von beiden Räten einem weiteren Wachstum von jährlich zwei Prozent zugestimmt.

Den 11,11 Milliarden Franken für die Entwicklungshilfe wurde knapp zugestimmt. Für mich unverständlich wurden Kürzungsanträge sowie die Koppelung der Gelder an migrationspolitische Zusammenarbeit der betroffenen Länder wegen Ausscherens einzelner FDP-Politiker knapp abgelehnt. Wir konnten die Motion «Honorierung von Unternehmen, die eine Familienpolitik unterstützen» abwehren. Eine bedarfsgerechte Personalpolitik ist Sache der Unternehmer und keine Aufgabe der öffentlichen Hand.

Verena Herzog,

Nationalrätin SVP/TG

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