Publiziert am: 18.09.2020

Starke Umverteilung von Mann zu Frau

ALTERSVORSORGE – AHV steht für Altersvorsorge. AHV steht aber auch für Umverteilung. Umverteilt wird von reich zu arm, aber speziell auch von Mann zu Frau.

Aktions- und Gedenktage gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Etliche weisen auf wichtige Problemstellungen hin, regen zum Nachdenken an und haben damit ihr Gutes. Andere, wie etwa der am 18. September abgehaltene Tag des Cheeseburgers, sind reiner Nonsens. Zu letzteren gehört auch der von den Gewerkschaften neu ins Leben gerufene «Equal Pension Day». Es soll sich um den Tag handeln, an dem die Männer angeblich bereits so viel Rente erhalten haben wie die Frauen im ganzen Jahr.

AHV bevorteilt Frauen

Es trifft zu: Die durchschnittliche AHV- und BVG-Rente der Frauen ist tiefer als die der Männer. Ist das ungerecht, ist das gar verwerflich? Nein! Denn sowohl bei der AHV als auch bei der 2. Säule handelt es sich um Versicherungen. Und bei Versicherungen ist es nun mal so, dass derjenige, der höhere Prämien oder Beiträge bezahlt, am Schluss auch bessere Leistungen erhält.

Wenn die durchschnittlichen AHV- und BVG-Renten der Frauen tiefer ausfallen als die der Männer, so haben wir es keinesfalls mit einem Systemversagen zu tun. Die Ursache liegt einzig und alleine darin, dass die für die Sozialversicherungen massgebende Lohnsumme der Frauen signifikant tiefer ist als jene der Männer. Das hat nichts mit Lohnungleichheit zu tun – sondern primär damit, dass die Erwerbsquote bei den Frauen tiefer liegt, dass Frauen öfter in Teilzeit beschäftigt sind, dass die Teilzeitpensen der Frauen vielfach geringer sind und dass Frauen häufiger in wertschöpfungsschwächeren Tieflohnbrachen tätig sind.

Die Umverteilung ist gewollt

Insbesondere die AHV ist aber keine reine Versicherung, sondern sie strebt nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine Umverteilung an. Und das funktioniert. Versicherte mit tiefen Einkommen erhalten pro einbezahltem Beitragsfranken substanziell höhere Renten als Gutverdienende.

Von dieser Umverteilung profitieren insbesondere auch die Frauen. Gemäss Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) bezahlten die Frauen im Jahr 2015 exakt einen Drittel der Beiträge an die AHV. Sie bezogen dafür 56 Prozent der Leistungen. Wenn man schon geschlechtsspezifische Unterschiede herausstreichen will, muss man klar festhalten: Die AHV bevorteilt Frauen, ihr «Return on Investment» ist deutlich höher als jener der Männer.

Umverteilung auch in 2. Säule

Auch in der beruflichen Vorsorge wird – obwohl vom System so nicht vorgesehen – stark umverteilt. Aufgrund des viel zu hohen Mindestumwandlungssatzes werden jährlich rund sieben Milliarden Franken von den Aktiven an die Rentner umverteilt. Hauptprofiteure sind Versicherte, die ausschliesslich oder mehrheitlich obligatorisch versichert sind. Und da bei den weiblichen Erwerbstätigen der Anteil überobligatorischer Leistungen tiefer ist als bei den männlichen, kommt es – wie schon bei der AHV – auch in der 2. Säule zu einer signifikanten Umverteilung von Mann zu Frau.

«Die AHV bevorteilt Frauen, ihr ‹Return on Investment› ist deutlich höher als jener der Männer.»

Oft wird auch ausgeblendet, dass es sich gerade bei Erwerbstätigen mit tiefen Teilzeitpensen vielfach um Zweitverdiener handelt. Bei Doppelverdienern ist es üblich, dass beide Einkommen in den gleichen Topf wandern und gemeinsam eingesetzt werden. Genau gleich handhaben es die meisten Paare nach ihrer Pensionierung. Damit kommt es auch «familienintern» zu einem Ausgleich der unterschiedlichen Renten.

Nicht zu vergessen ist auch, dass aufgrund des Scheidungsrechts beide Ehepartner faktisch einen Anspruch auf einen Teil des Zweite-Säule-Kapitals oder auf einen Anteil laufender Zweite-Säule-Renten des Ehepartners haben. De facto haben damit viele Frauen einen deutlich höherer Rentenanspruch, als er auf ihrem Vorsorgeausweis ausgewiesen wird.

Das ganze Gefasel rund um den «Equal Pension Day» ist damit – genau wie jenes um den Tag des Cheeseburgers – vor allem eines: propagandistischer Hafenkäse.

Kurt Gfeller,

Vizedirektor sgv

Meist Gelesen