Publiziert am: 10.04.2015

Starker Franken gibt zu beissen

FROMARTE – International hat der Schweizer Käse ein ausgezeichnetes Image. Doch der Verband muss sich zurzeit auch grossen wirtschaftlichen Herausforderungen wie der Frankenstärke, den Nachfolgeregelungen und der Nachwuchsförderung stellen.

Die Landschaft der gewerblichen Käsereien hat sich in den letzten 20 Jahren massiv verändert. Die Liberalisierung des Käsemarktes 1999 führte zu einer Strukturbereinigung. «Rund die Hälfte aller Dorfkäsereien wurden seither wegrationalisiert», erklärt Jacques Gygax, Direktor von Fromarte. «Seit Juni 2007 ist der Käsemarkt zwischen der Schweiz und der EU vollständig liberalisiert, was zu neuen Marktgegebenheiten sowie einem neuen Angebot geführt hat.» Die Käsebranche habe diese Chance erkannt und auch entsprechend genutzt. «Wir haben uns auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichtet. Dies hat eine echte Dynamik in der Branche ausgelöst und es wurden neue Produkte entwickelt», erklärt Gygax und ergänzt: «Heute bewegen wir uns mit einer hervorragenden Produktequalität im Premiumbereich.» Der Schweizer Käse sei international an der Spitze – geradezu fast einzigartig auf der Welt seien die Schweizer Rohmilchspezialitäten. Dies zeigt sich immer wieder an Wettbewerben wie beispielsweise dem Swiss Cheese Award, welchen der Verband im Zweijahresrhythmus durchführt. «Diese Schweizer Käsemeisterschaft ist ein wichtiges Leuchtturmprojekt des Verbands, bei dem wir ein breites Publikum für das gute Image des Schweizer Käses sensibilisieren können», freut sich Gygax.

«Wir haben uns STARK auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichtet.»

Um erfolgreich die Spitze anzuführen, bedarf es auch eines entsprechenden Qualitätsmanagements. Fromarte hat eine eigene vom Bund anerkannte Branchenlösung erarbeitet. «Unsere Mitglieder haben alle das QM Fromarte abonniert. Unser Handbuch wird laufend an die neusten Anforderungen der Lebensmittelgesetzgebung ­sowie an die internationalen Lebensmittelsicherheitsstandards angepasst», sagt Gygax. Mittelfristiges Ziel sei zudem eine internationale Anerkennung des Fromarte-Qulitätsmanagements-Systems.

Eine Pionierrolle hat der innovative Verband im Bereich Nachhaltigkeit übernommen. Er lancierte ein Benchmark-Modell Energie für seine Käsereien. Dazu Gygax: «Wir bieten eine Branchenlösung an, damit vor allem auch kleinere Betriebe die CO2-Abgabe zurückerhalten können. Der Betrieb verpflichtet sich dazu, diverse Masssnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz einzuführen, um dabei den Heizölverbrauch zu senken.» 265 KMU erhielten für die Periode 2008 bis 2012 insgesamt 2,5 Millionen Franken CO2-Abgabe zurückerstattet. Dem Verband ist es ein gros­ses Anliegen, gerade die Käsereien, welche sehr energieintensiv produzieren, in Energiefragen zu unterstützen und sie für die Energieeffizienz zu sensibilisieren.

Aus- und Weiterbildung

Die Aus- und Weiterbildung ist ein Kerngeschäft des Verbandes. Aktuell werden rund 330 Lernende als Milchtechnologen ausgebildet. Pro Jahr schliessen rund 100 junge Berufsleute ihre Ausbildung ab. «80 Prozent absolvieren diese dreijährige Lehre in gewerblichen Betrieben, während 20 Prozent in der Lebensmittel- und Milchindustrie ausgebildet werden», sagt Gygax. Nach der Ausbildung sei das Verhältnis leider umgekehrt: «Die meisten Berufsleute gehen in die Industrie, weil sie dort mehr Möglichkeiten haben. Hier liegen die grossen Herausforderungen in der Nachwuchsplanung und Nachwuchsförderung», stellt der Direktor der Käsespezialisten fest. Der Verband müsse die Karrierenplanung der jungen Berufsleute aktiv mit Coaching unterstützen, damit sie sich einerseits spezifisch weiterbilden könnten und andererseits motiviert seien, gewerbliche Betriebe zu übernehmen und weiterzuführen. «Wir brauchen sowohl überschaubare Betriebsgrössen, die eine Nachfolgeregelung ermöglichen, als auch gut ausgebildete Fachleute, die in der Lage sind, einen Betrieb profitabel, effizient und marktorientiert zu führen», konkretisiert Gygax.

«Wir müssen die Karrierenplanung der jungen Berufsleute aktiv unterstützen.»

Fromarte führt zudem in Zusammenarbeit mit der SCM AG eine Aus- und Weiterbildungsplattform für die Schweizer Käsebranche. Mit dem modular aufgebauten Kursangebot der Käseschule Schweiz in Bern soll Fachwissen über Käse und Wein gezielt, vielfältig und praxisorientiert vermittelt werden. Dieses Weiterbildungsangebot richtet sich an das Personal des Fach- und Detailhandels (Thekenpersonal) sowie an die Fachleute aus der Gastronomie oder an Käseliebhaber.

Grosse wirtschaftliche 
Herausforderungen

Mit dem starken Franken bläst in der seit jeher stark exportorientierten Schweizer Käsewirtschaft seit dem 15. Januar ein eisiger Wind. «Durch die Aufhebung des Mindestkurses für den Euro wird der Schweizer Käse für unsere Abnehmer und die Endkonsumenten in Europa schlagartig teurer. Die Bestellungen aus dem europäischen Raum sind deshalb bereits rückläufig», sagt Gygax. Durch die veränderte Währungssituation würde aber auch der Importkäse deutlich billiger. «Durch diese billigeren Importprodukte nimmt der Preisdruck im Inland zu. Wir müssen damit rechnen, dass es sowohl im Export wie auch im inländischen Markt zu Marktanteilsverlusten kommen wird und somit Wertschöpfung verloren geht», betont Gygax. Die gesamte Käsebranche wolle mit Absatzförderungsmassnahmen und guter Kommunikation der Swissness-Werte alles daransetzen, die Marktanteile zu erhalten, so Gygax.

«Wir müssen mit Verlusten im Export und Inland rechnen.»

Vor dem Hintergrund dieser Verschlechterung der Marktsituation erwartet die Käsebranche vom Bund eine Erhöhung der Absatzförderungsbeiträge für Schweizer Käse. «Gerade jetzt sind optimale Rahmenbedingungen, die Wettbewerbsneutralität sowie die Senkung der Regulierungskosten für unsere Betriebe unerlässlich. Nur so bleiben wir wettbewerbsfähig», fordert Gygax. Dabei wehrt sich der Fromarte-Direktor vehement gegen neue Steuern für die Käsereien: «Zusätzliche Belastungen wie die neue Billag-Mediensteuer oder die Erbschaftssteuer, welche das Problem der Nachfolgeregelungen noch zusätzlich verkompliziert, verkraften unsere Betriebe nicht mehr.»

Corinne Remund

FROMARTE KURZ ERKLÄRT

900 Millionen Umsatz pro Jahr

Der Verband wurde 1917 als Schweizerischer Milchverkäuferverband SMKV gegründet. Die gerechte Verteilung der Wertschöpfungskette erforderte damals die Gründung einer Berufsorganisation. Im Rahmen der Liberalisierung des Milch- und Käsemarktes erhielt der Verband 1999 seinen jetzigen Namen FROMARTE. Der Dachverband der Schweizer Käsespezialisten setzt sich für die Erhaltung der dezentralen Milchverarbeitungsstruktur, für optimale Rahmenbedingungen der Mitglieder sowie für qualitativ hochstehende, natürliche Milch- und Käsespezialitäten ein. Er fördert zudem die Branche im nationalen und internationalen Umfeld, pflegt und hegt das Image der Käsebranche mittels einer offenen Kommunikation und ist auch Anlaufstelle für wirtschaftliche Dienstleistungen.

Er vertritt die Schweizer Käsespezialisten gegenüber Ämtern, Behörden sowie nationalen und internationalen Organisationen bei den Themen Agrarpolitik, Lebensmittelgesetzgebung, Forschung, Entwicklung usw. Er koordiniert die Lobbyingarbeit der Käsebranche, nimmt Stellung bei Vernehmlassungen zu branchenspezifischen Themen und setzt sich ein in nationalen Organisationen, Sortenorganisationen, Interessen- und Arbeitsgruppen. Zu seinen Kerngeschäften gehören die Aus- und Weiterbildung, insbesondere die Sicherung der Nachfolge durch gut ausgebildete Berufsleute.

Zwei Drittel der Schweizer 
Käseproduktion

Die Mitglieder sind rund 500 gewerbliche Käsereien. Sie verarbeiten jährlich 1,1 Millionen Tonnen Milch, was ein Drittel der Jahresproduktion der schweizerischen Milchwirtschaft beträgt. Diese KMU fabrizieren jährlich mit 115 000 Tonnen Käse zwei Drittel der Schweizer Käseproduktion – vorwiegend Naturkäse aus silofreier Milch. Die Fromarte-Mitglieder sind damit zu 80 Prozent am Käseexport beteiligt. Im Jahre 2014 waren dies 68 255 Tonnen Käse. Die Branche beschäftigt 2400 Mitarbeitende, davon 300 Lernende, zum grössten Teil im ländlichen Raum. CR

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