Publiziert am: 20.09.2019

Strom und Geld vom eigenen Dach

SOLAR-CONTRACTING – Ein eigenes Solarkraftwerk für KMU und Bauernbetriebe mit mindestens 1000 Quadratmetern Dachfläche. Statt Kosten und Aufwand gibt es Mietzins sowie umweltfreundlichen, günstigen Strom. Das Geschäftsmodell der Firma Soleol.

Vor zehn Jahren gründete Jean-Louis Guillet ein auf Solarenergie spezialisiertes KMU in Estavayer-le-Lac/FR. Heute zählt Soleol 120 Mitarbeiter. In der Schweiz und in Peru, wo Guillet gut vernetzt ist, wurden 350 000 Quadratmeter Solarzellen installiert – das entspricht etwa ­80 Fussballfeldern.

Jüngst wurde eine weitere Idee verwirklicht: Solar-Contracting. Dabei werden Dächer gemietet, um Solarzellen darauf zu installieren. Soleol wickelt alles ab und kümmert sich um Installation, Betrieb, Unterhalt und technische Aspekte. Den vor Ort produzierten Strom können die Eigentümer der Dächer zu einem Vorzugspreis selber nutzen.

Auf dem Dach von Soleol selbst ist eine Anlage installiert, die 15 Mal mehr Strom produziert, als das KMU selber verbraucht. Zudem darf sich Soleol rühmen, in Onnens/VD das grösste Solarkraftwerk des Landes in Betrieb genommen zu haben.

Schweizerische Gewerbezeitung: Sie haben einen Aufruf an KMU aus der Romandie gestartet. Was können Sie anbieten?

Jean-Louis Guillet: Wir bieten den KMU an, ihre Stromrechnungen durch die Produktion von Solarstrom auf ihren eigenen Dächern zu reduzieren, ohne dass sie dafür etwas investieren müssen. Für sie fallen keine Kosten an.

Wie funktioniert das?

Wir installieren auf unsere Rechnung auf den Dächern der Interessenten eine komplette Photovoltaikanlage. Den dadurch produzierten Strom kann das KMU zu günstigeren Konditionen beziehen. Und sie können damit ein ökologisches Bild von sich gegen aussen vermitteln.

Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um so etwas zu tun?

Aufgrund des beschlossenen Ausstiegs aus der Kernenergie und den steigenden Kosten. Ein Anstieg der Strompreise in den nächsten Jahren ist unvermeidlich. Wer sich bei der Energiewende aktiv zeigt, kann erhebliche Einsparungen bei den Stromrechnungen erzielen.

Wie viele Solar-Contracting-Anlagen haben Sie bereits in Betrieb genommen?

Rund fĂĽnfzehn in den Kantonen Fribourg, Waadt und Neuenburg.

Wie kommen Sie an die Aufträge heran?

Wir haben Mailings gemacht und sind in sozialen Netzwerken aktiv. KĂĽrzlich haben wir eine neue Kampagne gestartet.

Und das reicht schon?

In drei Tagen haben wir 120 Anfragen von Interessenten erhalten. Mit anderen Worten: Es läuft!

Wir gross schätzen Sie das Potenzial des Marktes ein?

Es ist riesig, weil es so viele Dächer gibt und alles seine Zeit braucht. Vor allem gibt es wenig Information zu diesem Thema. Alleine der Kanton Fribourg besitzt 700 Gebäude und ist bei 120 davon an einer Anlage interessiert. Diese Zahl kann mit der Anzahl der Kantone multipliziert werden.

Darüber hinaus gibt es 40 000 Bauernbetriebe im Land, die in Frage kommen. Wir schätzen, dass ein Viertel der Bauern ein solches Modell begrüssen würde. Und dann gibt es noch all die Gewerbe- und Industriebetriebe. Wir richten uns insbesondere an KMU und Käsereien, die grosse Stromverbraucher sind und schöne Oberflächen haben.

Wie genau können die Dachbesitzer profitieren?

Nehmen wir den Fall eines Landwirts, der eine Fläche von 5000 m2 hat und 50 000 kWh verbraucht. Wir bieten ihm pro Quadratmeter und Jahr einen Franken und das über eine Zeitdauer von 25 Jahren hinweg. Pro Jahr bekommt der Landwirt also 5000 Franken, damit wir sein Dach zur Stromproduktion nutzen können.

Darüber hinaus werden seine Stromrechnungen günstiger, weil wir ihm den nachhaltigen Strom, den wir auf seinem Dach produzieren, zu einem besseren Preis verkaufen können. Zum Beispiel zahlt der Bauer nur 15 statt 21 Rappen pro kWh. Diese 6 Rappen auf die 50 000 kWh plus die Miete ergeben über 25 Jahre gerechnet eine Einsparung von 200 000 Franken.

Geht das auch bei KMU mit kleineren Flächen?

Natürlich. Nehmen wir das Beispiel eines Sägewerks, das viel Strom verbraucht: Angenommen, die Anlage produziert 120 000 kWh pro Jahr und das Sägewerk benötigt die Hälfte für den Eigengebrauch. Zusätzlich zur Miete der Dachfläche wird das Unternehmen rund 3000 Franken an Stromkosten pro Jahr einsparen ­können.

Wie ist der Markt im Solar-Contracting auf der Angebotsseite strukturiert?

Wir sind die Einzigen, die in der Westschweiz so aktiv in der Dachforschung tätig sind. Wir konzentrieren uns auch weiterhin auf die Westschweiz und dort vorrangig auf die Kantone Fribourg, Waadt und Neuenburg.

In der Deutschschweiz gibt es drei private Akteure. Die anderen sind kleine Stromerzeuger oder diversifizierende Netzbetreiber wie BKW, Alpiq etc.

Sie kĂĽmmern sich um die Finanzierung. Wie sehen Ihre Modelle aus?

Wir haben drei Modelle. Das erste läuft über Finanzierungen, z. B. einer Bank. Alternativ auch mit 80 Prozent, wobei wir dann 20 Prozent eigene Mittel einbringen. Wir arbeiten dabei mit aktiven und sensiblen Maklern im Solarbereich zusammen.

Die zweite Lösung ist die Selbstfinanzierung, die möglich ist, wenn wir eine Anlage an private Investoren oder Stromnetzbetreiber verkaufen. Die dritte Lösung besteht darin, eine Installation zu bauen, sie ein Jahr lang zu betreiben und sie dann an einen Investor zu verkaufen.

Es gibt also private Investoren, die daran interessiert sind?

Ja, natürlich. Es herrscht sogar eine grosse Begeisterung, zumal Subventionen zu erhalten sind. Da stehen die Investoren schon fast Schlange für die Solarpakete. Sie sagen uns: «Wenn ihr die Dächer findet, sind wir dabei.» Es muss gesagt werden, dass die Renditen hoch sind, sie können bis zu zehn Prozent erreichen. Auf der anderen Seite müssen die Preise gut verhandelt werden. Und dann gibt es noch einen Zeitfaktor. Ein Investor, der bereit ist, zu investieren, wartet nicht ewig. Du musst wissen, wie du den Ball annimmst, wenn er dir zugespielt wird.

Was ist mit Banken und Pensionskassen?

Diese Akteure verstehen das Problem noch nicht. Sie werden sich zunächst von den fossilen Brennstoffen trennen müssen und das kann einige Zeit dauern. Aber an dem Tag, an dem sie das tun, wird die Energiewende endgültig beginnen.

Streben Sie einen Börsengang an?

Nein, wir wollen unabhängig, flexibel und reaktionsschnell bleiben. Wenn Gesetzesänderungen kommen, können wir uns in wenigen Tagen anpassen. In einer Gruppe oder an der Börse wären wir weniger effizient.

Interview: François Othenin-Girard

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