Publiziert am: 04.02.2022

Studie: Kurzarbeit und Freizeit

kof – Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise waren 1,35 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Eine aktuelle Spezialanalyse geht der Frage nach, wie die zusätzliche Zeit genutzt wurde.

In einer neuen KOF Spezialanalyse gehen Alexander Götz, Daniel Kopp und Michael Siegenthaler der Frage nach, wie die Kurzarbeitenden im Jahr 2020 die zusätzliche Zeit nutzten. Nahmen sie eine Nebenerwerbstätigkeit auf? Bildeten sie sich weiter oder suchten nach einem anderen Job? Leisteten sie vermehrt unbezahlte Arbeit, indem sie zum Beispiel mehr Zeit in die Kinderbetreuung oder Gartenarbeit investierten? Die Antworten auf diese Fragen sind auch deshalb wichtig, weil sie Anhaltspunkte liefern, wie «produktiv» die Kurzarbeitenden die zusätzliche Zeit nutzten.

Die Auswertungen liefern eine Reihe interessanter Befunde. Zunächst suggerieren die Daten, dass Kurzarbeitende zwischen April und Dezember 2020 aufgrund der Minderarbeit zusätzliche freie Zeit zur Verfügung hatten. Bei Vollzeiterwerbstätigen mit Kurzarbeit standen zum Beispiel rund 3,5 Stunden pro Werktag zusätzlich zur Verfügung. Der Arbeitsausfall war dabei während des Lockdowns bedeutend grösser als in den beiden Quartalen der zweiten Jahreshälfte 2020. Viele Kurzarbeitende arbeiteten im April bis Juni gar nicht.

Die Analysen zeigen zweitens, dass Kurzarbeitende während der Krise nicht vermehrt eine Nebenerwerbstätigkeit aufnahmen. Im Gegenteil: Die Kurzarbeitenden gingen seltener einer Nebenerwerbstätigkeit nach als vor der Krise. Dieser Rückgang dürfte primär die aufgrund der Krise gesunkene Chance widerspiegeln, eine Arbeit zu finden.

Drittens zeigt sich, dass die Personen, die im zweiten Quartal 2020 – also während des Lockdowns – in der Kurzarbeit waren, weniger häufig nach einer Stelle suchten als vor der Corona-​Krise. Auch dies dürfte hauptsächlich damit zusammenhängen, dass es während des Lockdowns wenige offene Stellen gab, weshalb die Stellensuche in vielen Arbeitsmarktbereichen wenig Sinn ergab. Entsprechend ging auch die Jobsuche unter den Erwerbstätigen zurück, die nicht in die Kurzarbeit mussten. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 nahm die Jobsuche unter den Kurzarbeitenden etwas zu. Insgesamt haben sich aber nur wenige Kurzarbeitende nach einer neuen Stelle umgeschaut – ihr Anteil betrug nur rund 12 Prozent. Rund 8 Prozent dieser Erwerbstätigen waren schon vor der Krise auf Jobsuche.

Viertens suggerieren die Erhebungen, dass sowohl die Erwerbstätigen als auch die Kurzarbeitenden 2020 deutlich seltener einen Weiterbildungskurs oder ein Seminar besucht haben. Besonders ausgeprägt war der Rückgang im Vergleich zum Vor-​Corona-Niveau während des Lockdowns. Doch auch in der zweiten Jahreshälfte wurden weniger Kurse und Seminare besucht. Einzig jene Personen, die während der Krise arbeitslos wurden, hatten in der zweiten Jahreshälfte eine höhere Wahrscheinlichkeit als vor der Krise, sich weiterzubilden.

Während dieser Zeit wuchs der Zeitaufwand für haushaltsbezogene Tätigkeiten, zum Beispiel für das Zubereiten von Mahlzeiten, Abwaschen, Tischdecken, Erledigen von Einkäufen, Putzen, Aufräumen und Waschen, im Schnitt rund 0,3 Stunden pro Tag.

Auffällig ist, dass die unbezahlte Arbeit unter den Kurzarbeitenden besonders stark zunahm. Kurzarbeitende mit Kindern zum Beispiel verbrachten 0,3 Stunden mehr für handwerkliche und administrative Tätigkeiten als jene Vollzeiterwerbstätigen mit Kindern, die während der Krise ohne Kurzarbeit weiterarbeiten konnten. Kurzarbeitende mit jungen Kindern investierten auch eine halbe Stunde mehr für die Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Personen als diese Gruppe.

Insgesamt suggerieren die Auswertungen, dass Kurzarbeitende etwa einen Drittel des Arbeitsausfalls für zusätzliche unbezahlte Arbeit aufwendeten. KOF/Red

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