Publiziert am: 19.11.2021

Umverteilung macht aus wenig viel

FAKTEN ZUR AHV – Die gewerkschaftliche Zwängerei zugunsten einer 13. AHV-Rente ignoriert die Fakten: AHV-interne und -externe Umverteilungen machen die heutigen Renten erst möglich. Angesichts der Demografie stellt sich statt eines Ausbaus eher die Frage, wie lange das gut gehen kann.

Der Gewerkschaftsbund sucht mit Mühe und Not nach Argumenten zur Finanzierung einer 13. AHV-Rente. Nun greift er in die Trickkiste der Annahmen über Wirtschafts-, Zins- und Lohnentwicklungen über 44 Jahre und versucht mit komplizierten Rentenvergleichen eine Erhöhung der AHV-Beitragssätze zu rechtfertigen.

Der am KOF ausgebildete Ökonom Daniel Lampart muss gar nicht auf komplizierte Barwert-Rentenberechnungen zurückgreifen, um zu beweisen, dass die AHV für die kleinen Einkommen rentabler ist als das Sparen mit eigenem Konto über die Pensionskasse. Die Solidarität in der AHV ist politisch so gewollt. «Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht sie.» Dieses Bonmot wird dem «Vater der AHV», dem ehemaligen Bundesrat Hans-Peter Tschudi zugeschrieben. Die Solidarität hat aber ihre Grenzen.

AHV-interne und ...

Wir haben mit den aktuellen Zahlen aufgezeigt, dass ein durchschnittliches nach Zivilständen gewichtetes Einkommen von rund 53000 Franken während 44 Jahren schon heute genügt, um eine Maximalrente von 2390 Franken pro Monat zu erhalten.

Mit AHV-Beiträgen von heute 8,7 Prozent, bezahlt von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, werden über 44 Jahre (im Umlageverfahren ohne Zinseszins) 203000 Franken in die AHV einbezahlt. Dafür erhält man eine Rente (22 Jahre) von total 631000 Franken.

Wie ist das möglich? Nur dank AHV-internen Umverteilungen der hohen Einkommen. Die AHV-Beitragspflicht ist bezogen auf den Lohn unbegrenzt, die Rente hingegen ist limitiert. Bereits mit AHV-Beiträgen ab 53000 Franken wird heute ein grosser Teil der Renten der tiefen Einkommensbezüger finanziert. Hinzu kommen Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, und bei Ehepaaren Bonifikationen über das Splitting, sowie über Witwenrenten, welche die Frauen begünstigen.

... externe Umverteilungen

Zu den AHV-internen gesellen sich die externen Umverteilungen aus der Mehrwertsteuer, der Tabaksteuer und den Spielbanken. Darüber hinaus partizipiert der Bund mit einem Anteil von 20,2 Prozent an den Ausgaben, finanziert durch die direkte Bundessteuer. Diese Einnahmen stammen – neben denjenigen der juristischen Personen – insbesondere von den hohen Einkommensbezügern der natürlichen Personen. Dank den hohen Abzügen bezahlen die meisten Steuerpflichtigen nämlich keine direkte Bundessteuer. Denn: Personen mit Einkommen ab 60000 Franken spülen 99 Prozent in die Kasse.

Gäbe es diese internen und externen Umverteilungen nicht, müsste man während 44 Jahren auf einem Einkommen von durchschnittlich 165000 Franken 8,7 Prozent einzahlen, um während 22 Jahren eine Maximalrente von 631000 Franken zu finanzieren. Die «Solidaritäten» der Reichen, des Bundes und der Steuerzahler ermöglichen somit die guten AHV-Renten.

Auch Solidarität hat Grenzen

Nur dank laufend erhöhten Einnahmespritzen des Bundes, aus der Mehrwertsteuer und mit einer AHV-Beitragserhöhung konnten die letzten 25 Jahre ohne strukturelle AHV-Revision überbrückt werden. Angesichts der Demografie – immer weniger Junge, immer mehr Alte – stellt sich die grundsätzliche Frage: Wer soll (kann?) die künftigen Renten bezahlen? Auch Solidaritäten haben ihre Grenzen. Wo bleibt die Eigenverantwortung? Werner C. Hug

Meist Gelesen