Publiziert am: 23.02.2018

Unordnung statt Ordnungspolitik

Tribüne

Sie scheinen weitgehend verschwunden zu sein. Ich meine jene Kämpfer, die mit Kopf und Herz für unsere freiheitliche Wirtschaft gekämpft haben. Jene konsequenten Ordnungspolitiker, die zwischen staatlichem und privatem Sektor unterschieden. Und sich unerschrocken gegen den immer teureren, immer mächtigeren Staat eingesetzt haben. Mit Kopf und Herz. Mit Intelligenz und Leidenschaft. Etwa der legendäre Gewerbedirektor Otto Fischer. Oder Ständerat Professor Hans Letsch. Oder der bürgerliche Sozialpolitiker Heinz Allenspach. Der begabteste Schüler dieser drei Freisinnigen war der SVP-Unternehmer Christoph Blocher.

«Stoppt den Staat, er ist zu teuer!» So lautete der Titel eines Büchleins von Hans Letsch. Es erschien 1996. Was würde er heute sagen angesichts eines Staates, der ungefähr einen Drittel teurer ist als damals? Nein, die Ordnungspolitik ist nicht mehr Mode. Ich meine jenes disziplinierte Denken, das dem Staat nur jene Auf­gaben zuwies, die Private nicht besser erledigen können. Dabei wurde streng darauf geachtet, dass sich das staatliche Handeln jederzeit auf die entsprechenden Gesetze abstützte. Das war keine primitive Verteufelung des Staates. Bei Schienen- und Eisenbahnnetz in unserem klein­räumigen Land beispielsweise kann man 
unmöglich auf den Wettbewerb setzen. Sonst müsste man mehrere Schienenstränge oder Autobahnnetze nebeneinander bauen. Wenn schon ein Monopol – so lautet die ordnungspolitische Lehre – dann lieber ein staatliches als ein privates.

Seit den neunziger Jahren ersetzt das «New Public Management» die einstige Ordnungspolitik. Es wurde erfunden von Staatsangestellten, die den Markt und das Unternehmertum nur in der Theorie kannten. Ein System für mehr Freiheit – aber nur für die Beamten. Das «NPM» verwischte die Grenzen zwischen privatwirtschaftlichem und staatlichem Sektor. Nun taten die Lenker von Monopol-Betrieben nicht mehr das, was sie mussten. Sondern das, was sie wollten.

Grosse Staatsbetriebe wurden ganz oder teilweise «privatisiert». Endlich konnten deren oberste Manager mehr als Bundesräte verdienen. Denn sie verglichen sich jetzt mit den Kollegen in privaten Weltkonzernen. Aus Staatsdienern wurden CEOs. Pseudo-CEOs. Kontrollen, Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche wurden unklar. Die ehemaligen Regiebetriebe waren fortan eine Politklüngelei bei gleichzeitigem Pochen auf unternehmerische Eigenständigkeit. Die Politik gab unrealistische Vorgaben. Sie verbot es, Gewinne zu machen. Oder sie schrieb vor, Gewinne zu machen. So kam es bei der Post zum zweihunderttausendfachen Subventionsbetrug.

Auch die Vorstellung von Eigentum ist durch den staatlich-privaten Gemischtwarenladen verludert. Wem genau gehört eigentlich das Land der Flughafen Zürich AG, der zu grossen Teilen auf ehemaligem Waffenplatzgelände im Besitz des Bundes steht? Auf dem Flugplatzareal Dübendorf – eindeutig Allgemeinbesitz – soll ein Innovationspark entstehen, wo Bund, Kanton und Private irgendwie gemeinsam wursteln. Mit diesem «Miteinander» von Staat und Wirtschaft geht es uns auf die Dauer nicht besser. Sondern schlechter.

Damit man mich recht verstehe: Ordnungspolitik ist nicht Aufgabe der 
einzelnen Firmen und Gewerbebe­triebe. Deren Aufgabe ist es, zu nehmen, was sie kriegen. Auch Staatsaufträge. Ordnungspolitik ist aber Aufgabe von uns bürgerlich-liberalen Politikern. Und natürlich der Wirtschaftsverbände. Ich freue mich, dass der Schweizerische Gewerbeverband auch heute noch ordnungspolitisch denkt und handelt. Das braucht Kraft. Und Rückgrat. Ihr seid eine Säule der Schweiz!

*Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel ist 
Chefredaktor und Verleger des Wochenmagazins 
«Die Weltwoche».

 

Die Tribüne-Autoren geben ihre eigene Meinung wieder; diese muss sich nicht mit jener des sgv decken.

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