Publiziert am: 08.05.2015

Vereinfachen statt verkomplizieren

RAUMPLANUNG – Kantone, Gemeinden, Gewerbe, Hauseigentümer sowie die Bauherrschaft lehnen die Vorlage zu RPG 2 ab – sie ist unausgereift und unnötig. Die fünf Organisationen fordern einen Marschhalt und konzentieren sich auf die innere Verdichtung.

Nein zu RPG 2 – so die einstimmige Antwort der Kantone, Gemeinden, dem Schweizerischen Gewerbeverband sgv, dem Hauseigentümerverband sowie bauenschweiz auf die Vorlage zu einer zweiten Revision des Raumplanungsgesetzes. Bei der zweiten Etappe der Revision des Raumplanungsgesetzes geht es um den Schutz des Kulturlandes, um Infrastrukturen von nationalem Interesse, um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und um das Bauen ausserhalb der Bauzonen. Mit RPG 1 hat die Bevölkerung sich für die Begrenzung der Siedlungsentwicklung ausgesprochen. Der Auftrag, der daraus fliesst, ist die innere Verdichtung. «Kantone, Gemeinden und die Wirtschaft sind gewillt, die Aufgabe gemeinsam mit der Bevölkerung zu lösen», sagt Heinz Tännler, Zuger Regierungsrat und Raumplanungsdelegierter der Bau-, Planungs-, und Umweltdirektorenkonferenz BPUK, vor den Medien in Bern. Die Umsetzung RPG 1 brauche Ressourcen und Zeit.

«Mit RGP 2 kommt eine neue Regulierungs­lawine auf uns zu!»

«Wirklich spürbar werden die Auswirkungen von RPG 1 erst mit der konkreten Umsetzung in den Gemeinden. Die Kantone und Gemeinden wollen und müssen ihre Ressourcen nun für die Umsetzung von RPG 1 einsetzen», betont Tännler. Zudem liege die Raumplanung in der Kompetenz der Kantone und nicht des Bundes. «Der Bund kann grundsätzlich nur den Rahmen festlegen. Davon kommt der Bund mit RPG 2 noch stärker ab als bisher», so Tännler. Die Vorlage sei ein Sammelsurium von Ideen und Partikularinteressen, ein übergeordnetes Konzept fehle. «Dieses Gesetz braucht es gar nicht. Aus Sicht der Kantone können die aufgenommenen Themen ohne neue Gesetzgebung umgesetzt werden», begründet der Zuger Baudirektor die ablehnende Haltung der Kantone.

Interessen der Wirtschaft 
nicht berücksichtigt

Auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt die zweite RPG-Revision ohne Wenn und Aber ab. Der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft hatte damals das Referendum gegen die Vorlage ergriffen, die auf eine Reduktion der Bauzonen und eine teilweise Abschöpfung des Mehrwertes bei Einzonungen abzielte. Dazu sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler: «Sie kommt viel zu früh und ist unausgereift.» Zudem sei die Vorlage mit sachfremden Bestimmungen und Detailvorschriften überladen und gäbe dem Bund zulasten der Kantone zu viele Kompetenzen. Die drei Hauptargumente des sgv sind die wachsende Regulierungsdichte, das verdichtete Bauen und die angemessene Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten, besonders auch der ländlichen Regionen und Bergebiete: «Da kommt eine neue Regulierungslawine auf uns zu, höchstens zur Freude der Planungsbüros und der Anwälte. Dies widerspricht diametral der sgv-Strategie von 2008, die einen Abbau der fiskalischen und bürokratischen Belastung der KMU verlangt, konkret um 20 Prozent oder 10 Milliarden Franken bis 2018», warnte Bigler. Verdichtetes Bauen in all seinen Facetten müsse die Devise sein: «Der grösste raumplanerische Handlungsbedarf besteht gegenwärtig bei der Siedlungsentwicklung nach innen, um den Boden haushälterischer zu nutzen und der Zersiedelung des Landes Einhalt zu gebieten. Auf der bestehenden Fläche ist mehr Wohnraum zu schaffen», so Bigler.

Die Interessen der Wirtschaft und des Gewerbes kommen im geltenden Raumplanungsgesetz zu kurz, und die vorgesehene Revisionsvorlage verschiebe die Akzente noch stärker Richtung Schützen und Bewahren. Dies sei besonders nachteilig für die Berggebiete und Tourismusregionen, die bereits heute von der ersten Etappe der RPG-Revision, der Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative und den Folgen der Frankenstärke besonders stark negativ betroffen seien. Deshalb verlangt der sgv im Hinblick auf die weiteren Arbeiten für eine allfällige spätere Gesetzesrevision zumindest bei den Zielen und Grundsätzen einen Artikel, welcher der Wirtschaft bzw. den Unternehmen die notwendigen Flächen zusichert. «Es kann nicht angehen, dass nur der Landwirtschaft und dem Landschaftsschutz die Flächen sozusagen zugestanden und unter Heimatschutz gestellt werden. Auch hier ist immer eine Interessenabwägung mit anderen, ebenso berechtigten Ansprüchen vorzunehmen; die Forderung einer Kompensationspflicht für die Fruchtfolgeflächen lehnen wir ebenso kategorisch ab», hält Bigler fest.

FragwĂĽrdige Planungspflicht

Auch für bauenschweiz ist die Raumplanung immer eine Interessensabwägung. Als Dachverband der schweizerischen Bauwirtschaft lehnt er die Vorlage dezidiert ab. «Wir erwarten, dass zuerst überprüft wird, wo Bestimmungen solcher Sektoralgesetzgebungen die Raumplanung beeinträchtigen oder gar übersteuern. Vielmehr als eine neue Revisions­etappe RPG sind entsprechende Revisionsvorschläge in den Sektoralgesetzgebungen notwendig. Nur so kann der Interessenabwägung der nötige Stellenwert eingeräumt werden», erklärt Hans Killer, Nationalrat (SVP/AG) und Präsident bauenschweiz.

«Die Kantone und Gemeinden müssen ihre Ressourcen für die Umsetzung von RPG1 einsetzen.»

«Viele praktische Fragen auf kantonaler und insbesondere auch auf kommunaler Ebene sind zum heutigen Zeitpunkt ungelöst», wirft Hannes Germann, Ständerat (SH/SVP) und Präsident Schweizerischer Gemeindeverband SGV, ein. Die Siedlungsentwicklung nach innen sei für alle Gemeinden ein äusserst arbeitsintensiver Prozess. Diese Zielsetzungen von RPG 1 müssen jedoch mit dem gleichen Personalbestand wie im «courant normal» erreicht werden. Gerade weil aber in diesem Prozess sehr unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen, müsse dieser sorgfältig geplant und umgesetzt werden. «Hierzu wäre es sehr hilfreich, wenn sie von Bund und Kantonen mit konkreten, praxistauglichen Mitteln und Instrumenten unterstützt würden», so Germann.

Auch der Hauseigentümerverband Schweiz HEV bzw. die Bauherren und Immobilieneigentümer weisen den Vernehmlassungsentwurf zum RPG 2 klar zurück. Dazu Hans Egloff, Nationalrat (SVP/ZH) und Präsident des HEV: «Wir Immobilieneigentümer möchten den Gebäudestand sanieren und verdichten. Die erneute Revision des Raumplanungsgesetzes ist dabei jedoch nicht hilfreich, sondern im Gegenteil hinderlich.» Die neuerliche Revision des Raumplanungsgesetzes bringe für die bestehenden Herausforderungen der Verdichtung keine Lösungen, sondern schaffe zusätzliche Probleme und Behinderungen, ist Egloff überzeugt. Corinne Remund

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