Publiziert am: 05.07.2019

Vernunft obsiegt

Whistleblowing – Nach mehrmaliger Behandlung hat der Nationalrat die Gesetzesvorlage in der Sommersession mit 144 zu 27 Stimmen versenkt.

Schon der erste Vorschlag des Bundesrates hatte vor vier Jahren keine Mehrheit gefunden. Und auch diesmal hat zuletzt die Vernunft obsiegt. Nach mehrmaliger Behandlung hat der Nationalrat die Whistleblowervorlage in der vergangenen Sommersession klar abgelehnt.

Mit der Vorlage wollte der Bundesrat gesetzlich festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine Meldung von Arbeitnehmenden, die auf Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz hinweisen (sog. Whistleblower), rechtmässig ist. Sechs Jahre lang haben National- und Ständerat über den richtigen Umgang mit Whistleblowerinnen und Whistlerblowern beraten.

Die erste Botschaft des Bundesrates von Ende November 2013 schlug vor, dass eine Meldung in der Regel nur dann zulässig ist, wenn sie zuerst an den Arbeitgeber und allenfalls erst danach an eine Behörde erfolgt. Nur unter bestimmten Bedingungen sollte als letztmöglicher Weg der Gang an die Öffentlichkeit rechtmässig sein. Zusätzlicher arbeitsrechtlicher Schutz für Whistleblower war im Entwurf von 2013 nicht vorgesehen.

Doch dieser Vorschlag vermochte niemanden zu überzeugen. Der Nationalrat hielt im Mai 2015 die Whistleblowervorlage für zu kompliziert und forderte vom Bundesrat neue Vorschläge, worauf dieser im September 2018 seine überarbeiteten Vorschläge ans Parlament schickte. Mit einer präzisierenden Zusatzbotschaft wollte der Bundesrat nun gesetzlich festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine Meldung von Arbeitnehmenden, die auf Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz hinweisen, rechtmässig ist.

Auch neue Vorlage ĂĽberzeugte nicht

An der Stossrichtung der Revision änderte er nichts. Eine Meldung soll in der Regel dann zulässig sein, wenn sie zuerst an den Arbeitgeber erfolgt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Meldung aber auch der zuständigen Behörde oder der Öffentlichkeit weiterleiten, ohne dabei seine Treuepflicht zu verletzen. Die Revisionsvorlage regelt, wann eine anonyme Meldung zulässig ist.

Die neue Vorlage vermochte den Nationalrat auch nicht zu überzeugen. Die Kritik am überarbeiteten Vorschlag des Bundesrates war harsch. Die Mehrheit ist der Meinung, dass die neue Vorlage immer noch sehr kompliziert und für betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwer verständlich sei. Private Unternehmen haben längst entsprechende Massnahmen getroffen.

Latente Missbrauchsgefahr

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv ist überzeugt, dass eine gesetzliche Regelung zu Whistleblowing die latente Gefahr einer Misstrauenskultur beinhaltet. Gerade in KMU besteht zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden oft ein besonderes, enges und vertrauensvolles Verhältnis. Man kennt sich gut und arbeitet tagtäglich eng zusammen. Es gibt funktionierende, interne Meldemechanismen. Komplizierte Regelungen zu Whistleblowing sind nicht geeignet, dieses Vertrauensverhältnis zu stärken. Auch den potenziell betroffenen Mitarbeitenden nützen komplizierte Prozeduren nichts. Es ist kein Revisionsbedarf vorhanden. Die Vorlage soll definitiv vom Tisch.

Kl

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