Publiziert am: 17.05.2019

Versicherer umfassend informieren

VORVERTRAGLICHE SORGFALTSPFLICHTEN – Auch Versicherungsnehmer haben ihre Pflichten. Wenn die Antragsfragen nicht korrekt oder falsch beantwortet sind, kann der Versicherer im Leistungsfall den Vertrag kündigen.

H. H. aus U: «Ich bin selbstständig und beschäftige vier Mitarbeitende unterschiedlichen Alters. Als ich unseren Versicherungsschutz für die kollektive Krankentaggeldversicherung erneuern wollte, unterbreitete die Versicherung uns allen einen Gesundheitsfragebogen. Da ich meinen Betrieb seit einigen Jahren beim gleichen Versicherer untergebracht habe, frage ich mich nach dem Sinn dieses Formularkrieges. Der Versicherer kennt doch unsere Historie. Deshalb haben meine Mitarbeitenden und ich uns auch keine spezielle Mühe bei der Beantwortung der Fragen gegeben. Ich bin aber verunsichert, weil ich auf Leistungsablehnungen aufmerksam gemacht wurde. Ist meine Sorge berechtigt?»

Sehr geehrter Herr H: Als Versicherungsnehmer haben Sie auch Pflichten. Wenn Sie Ihren Versicherungsschutz nicht gefährden wollen, müssen Sie einiges beachten. Schon vor Abschluss einer Versicherung haben Sie beispielsweise die vorvertragliche Anzeigepflicht zu erfüllen. Das heisst: Sie müssen alle Ihnen bekannten Umstände anzeigen, die für die Übernahme der Gefahr durch den Versicherer erheblich sind.

Erhebliche Gefahrtatsachen

Als erheblich gelten sämtliche schriftlich gestellten Fragen im Antrag. Als solche gelten Tatsachen, die für den Versicherer bei der Beurteilung der versicherten Gefahr von Bedeutung sind, weil sie über Art und Umfang von Risikofaktoren Aufschluss geben. So gibt beim Abschluss einer Krankentaggeldversicherung neben Alter, Geschlecht vor allem das Gesundheitsbild des Antragstellers Aufschluss darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Gesundheitsschädigung vorliegen könnte. Ihre Anzeigepflicht erstreckt sich nur auf Umstände, die Ihnen bekannt oder bewusst sind, zu Nachforschungen oder Erkundigungen sind Sie nicht verpflichtet. Eine Anzeigepflichtverletzung kann nicht nur beim Abschluss, sondern auch bei der Erneuerung eines Versicherungsvertrages eintreten, weil sich die Risikosituation oder der Gesundheitszustand jeweils verändern kann.

Der Versicherer hat

ein Kündigungsrecht

Die Rechtsfolgen für Anzeigepflichtverletzungen wurden mit der letzten Teilrevision des Versicherungsvertragsrechts von 2006 wesentlich geändert: Neu kann der Versicherer bei einer Anzeigepflichtverletzung nicht mehr grundsätzlich vom Vertrag zurücktreten, sondern nur noch mit Wirkung für die Zukunft kündigen. Bereits erbrachte Versicherungsleistungen müssen nur noch dann zurückerstattet werden, wenn die nicht oder falsch angezeigte erhebliche Gefahrtatsache den eingetretenen Schaden beeinflusst hat.

Leistungsverweigerung bei Anzeigepflichtverletzungen

Das Bundesgericht entschied im Fall eines selbstständigen Handwerkers so: Er litt neun Jahre, bevor er den Fragebogen ausfüllte, an Rückenschmerzen, die einen Arbeitsunterbruch von beinahe drei Monaten zur Folge hatten. Beim Ausfüllen des Fragebogens müsse dieser Hand­werker sich bewusst sein, dass die Rückenschmerzen für den Versicherer bei der Beurteilung der Gefahr erheblich sind.

Die Konsequenzen für Sie als Versicherungsnehmer sind also tiefgreifend und von grosser Tragweite. Wenn die Antragsfragen nicht korrekt oder falsch beantwortet sind, kann der Versicherer im Leistungsfall also den Vertrag kündigen, die Zahlung bei kausalen Anzeigepflichtverletzungen verweigern, die Rückzahlung der bisherigen Versicherungsleistungen bei Ihnen einfordern und vom Vertrag zurück­treten. Wenden Sie sich an Ihren Berater. Er kann Ihnen bei der korrekten Beantwortung der Antragsfragen helfen.

laszlo.scheda@mobi.ch

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