Publiziert am: 02.07.2021

Viel Zeit, viel Geld – und viele Nerven

Regulierungskosten – Unsinnige Regulierungen belasten Unternehmerinnen und Unternehmer und halten sie von der eigentlichen Arbeit ab.

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Bäcker mit einer sozialen Ader. Sie stellen eine 19-jährige Flüchtlingsfrau aus Syrien ein, die in Ihrem Betrieb eine zweijährige Lehre absolviert. Sie verdient 800 Franken im ersten und 900 Fran-ken im zweiten Jahr – weit unter der Schwelle, ab der sie Quellensteuer zu bezahlen hätte. Den-noch muss der Lehrmeister die Steuer abrechnen – Monat für Monat. Für diesen Aufwand hat er nach Gesetz eine Provision zugute. Die erhält er aber nicht – weil die Lehrtochter ja eben keine Quellensteuer schulde, wie das Amt ihm mitteilt …

Ein Phantom namens «Luftsäule»

Weiteres Beispiel: Ein Glacehändler betreibt seit 20 Jahren seinen Stand am Zürichsee. Nachdem er ihn mit der Aufschrift «Gelati am See» verschönert hat, erhält er Post von der Gewerbepolizei. Das Logo müsse weg, es tangiere die Luftsäule – und damit den öffentlichen Raum. Weil der Glaceverkäufer jährlich eine Bewilligung braucht, entfernt er widerwillig den Schriftzug – und damit einen Teil seines Erfolgs.

Erst nachdem unzählige treue Kunden auf den sozialen Medien ihr Unverständnis über das Verschwinden dieses «Wahrzeichens» kundtun, erhält der Kleinunternehmer finanzielle und juristische Unterstützung. Nach bloss einem Monat wird seine Einsprache gutgeheissen. Sich zu wehren, hat sich gelohnt.

Oft hilft nur noch Sarkasmus

«So viel Aufwand für null Ertrag – das kann sich nur ein öffentlicher Betrieb wie etwa die Steuerverwaltung leisten», sagt der Bäcker. «Ein KMU wäre längst bankrott …»

Übertriebene Sicherheitsvorschriften zählten offenbar mehr als der gesunde Menschenverstand, wehrt sich der Getränkehändler, der seinen Angestellten jetzt Tausende von Treppenstufen zusätzlich zumuten – und die entsprechende Zeit bezahlen – muss.

Und was sagt der Farbenmeister mit den zu tiefen Handläufen? «20 Zentimeter grössere Menschen innert 14 Jahren – eine respektable Leistung, unsere Ernährung ist wirklich toll …» Und was hat er unternommen, um die Sache in Ordnung zu bringen? «Gar nichts. Wir müssen ja keine Probleme lösen, wo es keine Probleme gibt.»

Solche und ähnliche Beispiele unsinniger Regulierung können Unternehmer zur Verzweiflung treiben. Und sie kommen immer wieder vor. Während gewisse Regulierungen «bloss» Nerven kosten, gehen andere richtig ins Geld. Geld, das den Unternehmen fehlt, um es in neue Produkte, modernere Abläufe, bessere Methoden zu stecken. Geld, das ihnen fehlt im Kampf um ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit. Und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze.

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