Publiziert am: 04.03.2016

«Wir versuchen alles möglich zu machen»

DREI-DE –Jan Appenzeller und Aljoscha Benisowitsch mischen im Markt der 3D-Technologie mit. In ihrem Start-up Drei-De in Rapperswil SG realisieren sie Design und Druck von 3D-Objekten. Nach einem Jahr können Sie bereits eine positive Bilanz ziehen.

Stellen Sie sich vor, Sie brauchen einen bestimmten Gegenstand – einfach auf einen Knopf drücken und wenige Sekunden später materialisiert sich das gewünschte Objekt und steht Ihnen sofort zur Verfügung. Zukunftsvision? Nein, 3D-Druck heisst das Zauberwort. Einige halten diese Technik im dreidimensionalen Raum für einen blossen Hype, andere sehen darin das Potenzial für eine neue ­industrielle Revo­lution. Die Einsatzgebiete sind vielfältig. Es gibt kaum Branchen, die nicht mit den Möglichkeiten des 3D-Drucks experimentieren. Zeitnahes Produzieren von Modellen und Prototypen verkürzt den Designprozess. Dank immer widerstandsfähigerer Werkstoffe wie Aluminium, Titan oder Stahl sind auch Bauteile möglich, die massiven Belastungen standhalten. Gute Wachstumsperspektiven für den 3D-Druck sehen beispielsweise Unternehmen aus der Medizinaltechnik, der Luftfahrt oder dem Automobilsektor.

Wie viel Potenzial in der 3D-Drucktechnologie steckt, haben auch Jan Appenzeller und Aljoscha Benisowitsch erkannt. Sie sind mit der Gründung der Kollektiv­ge­sellschaft Appenzeller & Benisowitsch Drei-De im April letzten Jahres in diese Branche eingestiegen. Die beiden hatten sich in der Berufsschule Uster kennen­gelernt. Die gelernten Elektroniker und Automatiker besuchten dort gemeinsam den BMS-Vorbereitungskurs und absolvierten die Berufs­matura. Die Idee, gemeinsam ein Geschäft aufzuziehen, sei spontan entstanden. «Wir experimentierten und tüftelten mit der 3D-Drucktechnologie. Mit der Zeit gab es immer mehr kleinere Aufträge», erinnert sich Appenzeller. Was in einer Garage in Lachen im Kanton Schwyz begann, endete ein Jahr später mit der eigenen Firma mitten im Herzen der Rapperswiler Altstadt. Dort haben die beiden Jungunternehmer ein elegantes Büro, wo sie ihre Kunden empfangen und Aufträge realisieren.

«Wir haben das verdiente Geld gleich wieder ins Geschäft investiert.»

Die beiden Jungunternehmer haben ihre Firma von Grund auf alleine aufgebaut. «Wir hatten von unserem ­Elternhaus her einen gewissen unternehmerischen Background, aber sonst haben wir uns selber durchgefragt und autodidaktisch durchgeschlagen», sagt Benisowitsch. Es hätte grossen Spass gemacht und sie hätten viel Neues dabei gelernt. Es sei ein stetiger Prozess gewesen. Infrastruktur, aber auch Kundenaufträge seien Schritt für Schritt gewachsen. «Wir haben einen groben Businessplan gemacht. Unsere Strategie ist, so wenig finanzielles Risiko wie möglich einzugehen. Deshalb haben wir das verdiente Geld gleich wieder ins Geschäft investiert. So können wir ohne Druck arbeiten», erklärt Appenzeller. Im kaufmännischen Bereich hätten sie sich vieles selbst beigebracht. Die beiden jungen Berufsleute haben mit 22 beziehungsweise 23 Jahren bereits ein Händchen fürs Unternehmertum bewiesen: Mit viel Geschick und Einfallsreichtum haben sie Hindernisse beim Aufbau ihres Start-ups umschifft. So haben sie beispielsweise – um die Finanzen zu schonen – kurzerhand selber ein ERP-System programmiert. «Wir verwalten jetzt damit unsere Kundendaten und das komplette Produktions­management», hält Benisowitsch fest. Ihr Gemeinrezept zum effizienten Aufbau eines eigenen Unternehmens heisse Kreativität. Appenzeller, der Wirtschafts­ingenieurwesen studiert, stellt fest: «Wir haben vieles automatisch so realisiert, wie es im Lehrbuch vorgegeben ist.»

Kundenbetreuung mit Gespür

Mittlerweile stehen zwei 3D-Drucker im Büro. Sie kommen unterschiedlich zum Einsatz. Manchmal drucken sie, meistens über Nacht, 10 bis 20 Stunden am Stück. Und dies mehrmals in der Woche. Drei-De verwendet ein Druckverfahren mit geschmolzenen Materialien, bei dem ein Kunststoff erhitzt und schichtweise auf eine Glasplatte aufgetragen wird. Die Firma übernimmt das Design und den Druck von 3D-Objekten für ihre Kunden. Ganz nach dem Motto «Alles ist möglich» wollen die beiden Jungunternehmer jeden Kunden an Bord holen. «Egal wie abstrakt und ausgefallen eine Idee ist, wir versuchen alles umzusetzen», sagt Benisowitsch. Besonders am Herzen liegt ihnen eine gute Kundenbetreuung. «Wir wollen keine unzufriedenen Kunden», haben sie sich auf die Fahne geschrieben. Dieses Firmencredo wird denn auch gelebt. «Wir sind rund um die Uhr für unsere Kunden da. Es ist uns ein Anliegen, Mail und Anfragen möglichst schnell zu beantworten», sagt Benisowitsch. Ebenso wichtig sei es, auf die Kunden einzugehen und mit ihnen Rücksprache zu nehmen. «Wir behandeln alle gleich und machen auch keinen Unterschied zwischen Grosskunden und Privaten.» Zudem wollen sie ihren Kunden einen fairen Preis bieten. «Die 3D-Druckbranche ist in unseren Augen teilweise viel zu teuer. Es werden Dienstleistungen und Produkte angeboten, die stark überteuert sind. Bei uns können ­Kunden für das gleiche Produkt viel einsparen», so Benisowitsch.

Vom Firmenlogo zum
 Dekorationsobjekt

Ihre Kundenaufträge sind vielfältig, denn mit 3D-Druck ist fast alles möglich. Das Start-up-Unternehmen bietet Design und Druck von 3D-Objekten an, wobei die Hauptleistung im Design besteht. Dazu wird CAD-Programmierung angewendet, sogenanntes Computer-aided Design. Mit 3D-Druck lassen sich Dekorationen für Zuhause, den Arbeitsplatz oder für das Hochzeitsfest produzieren. Firmenlogo, Slogans und Werbegeschenke sind Anwendungen in der Werbung. Der Modellbau und die Architektur bieten weitere Einsatzmöglichkeiten. Zu ihren Kunden gehören die Industrie, Designbüros, Architekten, Eventagenturen, Museen und ­sogar Hochzeitsplaner. Sogar für ­Firmen, deren Zulieferer in Konkurs ­gegangen sind, arbeiten sie die Daten auf und stellen das gewünschte Ersatzteil her. Transparenz sei bei der Kundenbetreuung sehr wichtig. «Wir müssen oft Termindruck mit Qualität unter einen Hut bringen. Um dies optimal ausführen zu können, braucht es viel Gespür für den Kunden und eine offene Kommunika­tion», sagt Benisowitsch.

«Egal wie ausgefallen eine Idee ist, wir versuchen alles umzusetzen.»

Die 3D-Drucktechnologie stammt aus den USA und existiert schon seit rund 30 Jahren. Autohersteller oder Luftfahrtunternehmen produzieren ebenfalls schon sehr lange – von der Öffentlichkeit kaum registriert – per 3D-Drucker Stossstangen oder Flugzeugteile auf Basis von Kunststoff oder Metallen wie etwa Titan. Was früher Unternehmen und Profis vorbehalten war, ist heute auch für Privatanwender erschwinglich. Nach der Vision der 3D-Druckerindustrie soll inskünftig das Erzeugen von Alltagsgegenständen in den eigenen vier Wänden keine Utopie bleiben. «Bis sich 3D-Drucker im Privathaushalten etablieren, braucht es noch einige Jahre», sagt Appenzeller. Und Benisowitsch ergänzt: «Es macht eigentlich wenig Sinn, dass jeder einen 3D-Drucker zuhause hat.» Momentan werde die 3D-Drucktechnologie gehypet, jedenfalls in der Industrie. «Noch nie wurden Prototypen so günstig produziert», so Appenzeller. Doch dies lege sich wieder, und es kristallisiere sich dann klar heraus, was in dieser Branche Zukunft habe. Deshalb zeige es sich auch erst in den nächsten zehn Jahren, ob daraus ein neues Berufsbild entstehen werde, sind die beiden Jungunternehmer überzeugt.

Immer auf dem neusten Stand

Drei-De ist auf einem guten Weg. «Wir konnten im regionalen Markt Fuss fassen. Langsam schaffen wir den Sprung zu grösseren Firmen und haben hier schon Aufträge», so Benisowitsch. Die grösste Herausforderung sei die Neukunden­gewinnung. Es brauche viel Geschick, sich mit einem begrenzten finanziellen Rucksack auf dem grossen Markt zu etablieren. «Wichtig sind zuverlässige Partner und Lieferanten», so Appenzeller. Um in dieser Branche am Ball zu bleiben, müsse man immer up to date sein. So ist es für die beiden Unternehmer selbstverständlich, sich mehrmals täglich über Neuheiten und Trends in den 3D-Portalen zu infor­mieren. «Wir sind stetig am Experimentieren und eignen uns neues Know-how an. Wir müssen in dieser dynamischen Branche offen sein für neue Druckverfahren und Geschäftsfelder», betont Benisowitsch. So haben sie beispielsweise einen weiteren Drucker im Visier, der mittels eines anderen Verfahrens mit Kunstharz und Laser funktioniert. Für die Zukunft wollen die engagierten jungen Geschäftsleute ihr Start-up weiter ­vorantrieben. «Wir müssen rentabel werden und in absehbarer Zeit möchten wir Personal einstellen.» Die Idee sei es, irgendeinmal nur noch beratend dabei zu sein. «Wir haben noch so viele Zukunftspläne, die wir gerne realisieren möchten. Deshalb wäre es toll, wenn jemand in unserem Sinn die Firma weiter­führt», sinnieren die zwei Jungunternehmer

Corinne Remund

3D-DruckANLAGEN

Fünf FabLabs in der Schweiz

Die FabLabs in Bern, Lugano, Luzern, Winterthur und Zürich bieten 3D-Druckanlagen zur Entwicklung von Innovationen an. Das FabLab ist ein Werkplatz, der insbesondere für Jugendliche, Studierende, Forschende, Start-ups und Unternehmen eine fruchtbare Begegnungsstätte mit einem ausgezeichneten Investitionsklima ist. Das FabLab kann vielseitig genutzt werden und hat verschiedene Ziele:

n  KMU mieten es und entwickeln Prototypen innovativer Produkte.

n  Studierende setzen theoretische Konzepte in greifbare Modelle um und schulen ihre interdisziplinäre Denk- und Arbeitsweise.

n  Wettbewerbe laden zu kreativen bunt gemischten FabLabs-Teams ein: Jugendliche arbeiten zusammen mit gestandenen Geschäftsleuten, Sozialarbeiter mit Bautechnikern, Studierte mit Berufsfachleuten.

n  Junge Frauen und Männer entdecken durch den spielerischen Umgang mit Techink und Design den Beruf des Ingenieurs.

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