Publiziert am: 16.06.2023

Berufsbildung als grosser Integrator

Arbeitswelt – Durch die Berufsbildung werden Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt und damit in die Gesellschaft integriert. Verschiedenste Projekte und Programme stellen dies sicher – vor und während der Lehre sowie bei der Weiterbildung.

Immer wieder wird suggeriert, bestimmte Personengruppen würden in der Bildung und im Job diskriminiert. Jüngst forderte die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen die Beseitigung der strukturellen Diskriminierung im Bildungssystem.

Fakt ist jedoch, dass es sich die Arbeitgeber beim omnipräsenten Fachkräftemangel gar nicht leisten können, durch Diskriminierung auf wertvolle Arbeitskräfte zu verzichten. Es wird bereits viel getan, um das bestehende Arbeitskräftepotenzial bestmöglich auszuschöpfen. Dazu gehört, dass allen Bevölkerungsgruppen, besonders Frauen, Migranten und Geringqualifizierten, der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert wird. In der Berufsbildung existiert eine Vielzahl von Instrumenten zu deren Einbindung. Und indem die Arbeitsmarktfähigkeit dieser Gruppen gestärkt wird, findet gleichzeitig auch eine gesteigerte Integration in der Gesellschaft statt.

Alles beginnt mit der Berufswahl

Bereits wenn es um die Berufswahl geht, ist es wichtig, dass alle die gleichen Chancen haben. Die Wahl des Ausbildungsberufs soll sich zum Beispiel nicht auf Geschlechterstereotypen stützen. Ein gutes Instrument dafür sind die Anforderungsprofile. Diese Orientierungshilfe verfügt über detaillierte Beschreibungen des Berufsalltags. Dabei kann zwischen männlichen und weiblichen Beispielfiguren gewählt werden, was das Kennenlernen eines geschlechtsuntypischen Berufs erleichtert.

Ähnliches hat sich der Nationale Zukunftstag auf die Fahne geschrieben. Mädchen und Jungen sollen die Seiten wechseln, indem sie Erwachsene an den Arbeitsplatz begleiten und einen Beruf erkunden, in dem ihr Geschlecht bisher untervertreten ist. Eigens konzipierte Angebote sollen zudem den Mädchen technische Berufe auf spielerische Weise näher- bringen. Projekte zur Förderung des Interesses von jungen Frauen an MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) gibt es ausserdem in zahlreichen Kantonen.

Start in die Berufsbildung auch für Flüchtlinge

Da es für Flüchtlinge aufgrund ihrer noch am Anfang stehenden Integration in die Gesellschaft oft schwierig ist, eine Ausbildung zu machen, wurde 2018 das Pilotprogramm «Integrationsvorlehre» (INVOL) ins Leben gerufen. Dabei werden den Teilnehmenden die nötigen fachlichen und sprachlichen Kompetenzen vermittelt, um anschliessend eine berufliche Grundbildung zu beginnen.

Durch INVOL lernen die Flüchtlinge die Arbeitskultur in der Schweiz kennen, entwickeln ihre Fähigkeiten in einer Landessprache weiter und finden so einen erleichterten Einstieg in Ausbildung und Gesellschaft. Der Fokus liegt dabei auf Branchen, in denen ein starker Arbeitskräftemangel vorherrscht.

Weiterbildungsangebote runden das Bild ab

Nebst den knapp 250 Lehrberufen gibt es in der Schweiz auch eine Fülle an Weiterbildungsangeboten. Damit sich diese mit einem vollen beruflichen und familiären Alltag vereinbaren lassen, existiert das System der Validierung von Bildungsleistungen. Dabei werden die Kompetenzen belegt, ohne dass eine Prüfung absolviert oder ein Kurs besucht werden muss. Anhand eines eigens zusammengestellten Dossiers zeigen die Kandidierenden auf, dass sie die Anforderungen erfüllen.

Der erfolgreiche Abschluss einer Weiterbildung wie zum Beispiel des «Fachausweises Unternehmensführung KMU» wird somit flexibler und individualisierter. Gerade für Frauen werden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert sowie die Integration in den Weiterbildungs- und Arbeitsmarkt sichergestellt.

Grundlegende Fähigkeiten vermitteln

Eine weitere Palette von Weiterbildungsangeboten fokussiert sich auf geringqualifizierte Personen mit eingeschränkten Grundkompetenzen. Dabei geht es um grundlegende Fähigkeiten in den Bereichen Lesen, Schreiben, mündliche Ausdrucksfähigkeit, Mathematik sowie den Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologien. Die staatlich geförderten Weiterbildungsangebote erlauben es betroffenen Personen, ihre Grundkompetenzen zu verbessern und sich somit leichter in der Arbeitswelt zurechtzufinden.

«Arbeitgeber können sich Diskriminierung gar nicht leisten.»

Dies sind nur einige der vielen Beispiele aus der Bildungslandschaft, die zeigen: Über die Berufsbildung leisten Betriebe, Verbände und Behörden eine enorme Integrationsleistung. Bevölkerungsgruppen, die traditionellerweise oft am Rande stehen, werden so in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt integriert.

Michèle Lisibach, Ressortleiterin sgv

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