Publiziert am: 15.09.2023

Keine zusätzlichen Steuern

BUNDESFINANZEN – Die Bruttoschulden des Bundes stiegen von 96,3 Milliarden Franken im Jahr 2019 auf 120 Milliarden im Jahr 2022. Corona alleine greift als Erklärung zu kurz. Wichtig ist nun, die Schuldenbremse nicht anzutasten und Lösungen für die wachsenden gebundenen Ausgaben zu finden.

Der Bund gibt mehr aus, als er einnimmt. Für das Budget 2024 sehen die Bundesbehörden vor, 89,7 Milliarden Franken auszugeben (+4,1 Prozent), während sie 83,1 Milliarden Franken einnehmen (+2,1 Prozent). Die Differenz wird auf das Konto der Staatsschulden gehen.

Einige werden anmerken, dass wenigstens die Steuern nicht erhöht werden; andere werden sich freuen, von den Ausgaben zu profitieren – und wieder andere werden sich fragen, wie das auf lange Sicht Bestand haben kann.

Ja, es gibt die Möglichkeit, sich zu verschulden, um die überschüssigen Ausgaben zu bezahlen. So ist es interessant zu lesen, dass laut der Eidgenössischen Finanzverwaltung die Träger des Ausgabenanstiegs insbesondere die soziale Vorsorge und die Schuldzinsen sind.

In der Schuldenspirale

Konkret bedeutet dies, dass die Schuldzinsen die Bundesbehörden zu steigenden Ausgaben zwingen, was zu einem Defizit führt, das durch – genau: Schulden ausgeglichen wird, die wiederum die Schuldzinsen erhöhen, die wiederum die Ausgaben steigen lassen und so weiter. Es ist klar, dass es hier ein Problem gibt, das gelöst werden muss.

Die Überlegung ist umso interessanter, als einige Wirtschaftswissenschaftler beim Bund behaupten, dass die Verschuldung der Schweiz nicht schlimm sei. Andere Länder seien viel höher verschuldet. Tatsächlich belaufen sich die Schulden der öffentlichen Verwaltung (Bund, Kantone und Gemeinden) auf 40 Prozent des jährlichen Bruttoinlandprodukts (BIP). Wie der liberale französische Ökonom Frédéric Bastiat im 19. Jahrhundert schrieb: «Warum sind unsere Finanzen gestört? Weil es für die Abgeordneten nichts Leichteres gibt, als eine Ausgabe zu beschliessen, und nichts Schwierigeres, als eine Einnahme zu beschliessen. Ich weiss noch einen Grund dafür. Jeder will auf Kosten des Staates leben, und man vergisst, dass der Staat auf Kosten aller lebt.»

Schulden mĂĽssen bezahlt werden

Das ist ein grosser Teil des Problems, erstens sind Ausgaben leichter und beliebter anzuordnen als Einnahmen, zweitens ist es einfach, Schulden zu machen und auf Kosten des Staates zu leben oder das Geld des Staates auszugeben, da die Finanzierung der Ausgaben nicht direkt einem selbst, sondern dem Staat obliegt. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv teilt diese Haltung nicht, denn eines ist sicher: Die Schulden mĂĽssen eines Tages bezahlt werden. Und die Erfahrung zeigt: Die KMU werden als wichtige Quelle fĂĽr die Schaffung von Wohlstand einen grossen Teil der RĂĽckzahlungen tragen.

Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass der Zustand der Bundesfinanzen bis 2019 vorbildlich war. Der Finanzierungssaldo sowohl des ordentlichen als auch des ausserordentlichen Haushalts war seit 2009 positiv. Das Jahr 2020 weist aufgrund der Covid-19-Krise einen Finanzierungssaldo (Ausgaben abzüglich Einnahmen) von –15,8 Milliarden Franken aus. Selbst der Finanzplan von 2024–2026 sieht keine Rückkehr zu einem positiven Saldo der Bundesfinanzen vor. Es handelt sich dann um strukturelle Defizite, die besondere Massnahmen erfordern werden, um sie zu beheben. Infolgedessen stieg die Bruttoschuld des Bundes, die die laufenden Verbindlichkeiten sowie die kurz- und langfristigen finanziellen Verpflichtungen umfasst, von 96,3 Milliarden Franken im Jahr 2019 auf 120 Milliarden im Jahr 2022.

Covid als Grund reicht allein nicht

Der Anstieg der Ausgaben lässt sich jedoch nicht monokausal mit der Covid-19-Krise erklären. Der Druck auf die Budgets erklärt sich durch die höheren Ausgaben für das Militär, und insbesondere die Ausgaben für die AHV und das Gesundheitswesen.

Laut dem erläuternden Bericht zum Bundesgesetz über Massnahmen zur Entlastung des Bundeshaushalts ab 2025 kommen aber noch weitere mögliche zukünftige Ausgaben hinzu: der Wiederaufbau der Ukraine, der Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung, die Entlastung bei den Krankenkassenprämien und der Ausbau des Klimaschutzes. All dies führt zu diesen strukturellen Defiziten im Budget und im Finanzplan.

Der sgv fordert den Bund auf, durch Sparmassnahmen wieder einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, die Schuldenbremse zu wahren, eine Lösung für die steigenden gebundenen Ausgaben zu finden und keine zusätzlichen Steuern zur Deckung der Ausgaben zu erheben.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

schuldenbremse ist 20Mit 84,7 Prozent angenommen

Rettungsanker der Finanzpolitik

20 Jahre Schuldenbremse: 2003 eingeführt, dient die Schuldenbremse seither als Anker für die Finanzpolitik des Bundes. Mit einer Veranstaltung zum 20-jährigen Bestehen blickte die Eidgenössische Finanzverwaltung zusammen mit Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft – darunter der «Vater» der Schuldenbremse, Alt-Bundesrat Kaspar Villiger, sowie die aktuelle Finanzministerin Karin Keller-Sutter – auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Fiskalregel. Ein neues Working Paper der EFV bietet zudem anhand der internationalen Forschungsliteratur einen Überblick zur Wirksamkeit von Fiskalregeln.

Mit 84,7 Prozent angenommen

Die Schuldenbremse ist ein effizienter Mechanismus zur Steuerung der Gesamtausgaben des Bundes. Durch verbindliche Vorgaben setzt sie einen Rahmen für eine Priorisierung der Ausgaben, stärkt die mittelfristige Finanzplanung und diszipliniert so Parlament und Verwaltung.

Zur Erinnerung: In den 1990er-Jahren gerieten die Bundesfinanzen aus dem Gleichgewicht. Innerhalb weniger Jahre führten Milliardendefizite zu einem starken Anstieg der Verschuldung, der durch die Ausfinanzierung der Pensionskassen des Bundes und der bundesnahen Betriebe noch verstärkt wurde – der Ruf nach einer konkreten und wirksamen Fiskalregel wurde lauter.

2001 hat die Stimmbevölkerung den entsprechenden Verfassungsartikel mit 84,7 Prozent Ja-Stimmen überdeutlich angenommen.pd/En

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