Publiziert am: 20.10.2023

Es besteht kein Handlungsbedarf

Leistungsschutzrecht – Schweizer Medienunternehmen generieren dank ihren Links auf grossen Internetsuchplattformen wie Google satte Mehreinnahmen. Das muss nicht auch noch vergütet werden.

Mit der Änderung des Urheberrechtsgesetzes soll ein Vergütungsanspruch für «Snippets» (Links mit Anreisstexten bzw. Textvorschauen) geschaffen werden. An der Vergütung teilhaben sollen alle Medienunternehmen, die erklären, nach in der Branche anerkannten Regeln für die journalistische Praxis zu arbeiten. Die Medienschaffenden werden an der Vergütung beteiligt. Eine entsprechende Vernehmlassung ist Mitte September zu Ende gegangen.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt einen zusätzlichen Vergütungsanspruch ab. Wie der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassungsvorlage schreibt, würden ohne Onlinedienste journalistische Veröffentlichungen weniger häufig gefunden. Mit einer höheren Erreichbarkeit profitieren journalistische Beiträge grundsätzlich. Medienunternehmen und die Anbieter von Onlinediensten sind aufeinander angewiesen und profitieren gegenseitig voneinander.

Kein Marktversagen

Vor genau einem Jahr am 20. Oktober 2022 wurde im Rahmen einer Regulierungsfolgeabschätzung der Schlussbericht «Einführung eines rechtlichen Schutzes für journalistische Inhalte im Internet» veröffentlicht. Der Bericht kommt unter anderem zum Schluss, dass «die Marktanalyse im Kontext von Snippets kein eigentliches Marktversagen identifiziert hat, das staatliches Handeln bedingen würde. Insbesondere deutet die bestehende Evidenz darauf hin, dass sich Snippets aus der Perspektive der Nutzer tendenziell komplementär zu journalistischen Artikeln verhalten.» Dank Snippets generieren Schweizer Medienunternehmen Mehreinnahmen in Millionenhöhe. Damit ist kein Handlungsbedarf gegeben.

Vorwiegend politischer Entscheid

Von 2012 bis 2017 war der Schweizerische Gewerbeverband sgv aktives Mitglied der von der damaligen EJPD-Vorsteherin Simonetta Sommaruga einberufenen Arbeitsgruppe Urheberrecht (AGUR12). Ziel war es, unter den vielfältigen Interessengruppen (Kulturschaffenden, Produzenten, Nutzern wie z. B. Konsumenten und Unternehmen, aber auch Internet Service Provider und Vertreter der Verwaltung) einen Konsens über die Art und den Umfang der Modernisierung des Urheberrechts zu finden. Bundesrätin Sommaruga setzte sich persönlich zusammen mit den AGUR12-Mitgliedern für eine tragfähige Lösung ein.

«Ein derartiger politischer Entscheid kann nicht akzeptiert werden.»

Am 2. März 2017 kam der Kompromiss erfolgreich zustande und umfasste eine Reihe von Massnahmen zur Bekämpfung der Internetpiraterie. In seiner Botschaft an den National- und den Ständerat hielt der Bundesrat Wort und orientierte sich an den Ergebnissen der AGUR12. Wie in der Vernehmlassung erwähnt, verzichtete auch das Parlament während der Beratungen der Vorlage auf eine Ergänzung des Leistungsschutzrechts. Ohne Referendum trat das revidierte Urheberrechtsgesetz am 1. April 2020 in Kraft.

Doch bevor das revidierte Urheberrechtsgesetz in Kraft getreten ist, forderte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates Ende April 2019 mit einem Postulat eine «Überprüfung der Wirksamkeit der Revision des Urheberrechtsgesetzes». Die Erarbeitung des Berichtes musste offenbar sehr schnell gehen, denn kurz vor Jahresende 2021 publizierte der Bundesrat den Bericht über diese Wirksamkeit und nahm die Einführung eines Leistungsschutzrechts für journalistische Medien wieder auf. Auch das wuchtige Volks-Nein zum Mediengesetz vom 13. Februar 2022 hält den Bundesrat nicht davon ab, eine Vorlage zum Leistungsschutzrecht zu unterbreiten. Ein derartiger politischer Entscheid kann nicht akzeptiert werden.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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