Publiziert am: 06.10.2023

Hier ist viel Pragmatismus gefragt

grenzgänger – Auch bei Grenzgängern ist Telearbeit beliebt. Sie bringt Vorteile für Arbeitnehmer wie auch für Unternehmen – sofern mit widersprüchlichen Regulierungen angemessen umgegangen wird.

Telearbeit ist heutzutage wichtig. Dies auch für jene Grenzgänger, die letztlich nur noch in Frankreich arbeiten. Die Situation erforderte ein Abkommen, um das zu regeln, was notwendig ist: die grenzüberschreitende Besteuerung. Das Gehalt wird in der Schweiz verdient, aber in Frankreich ausgezahlt. Das zeigt, welche Differenzen die Steuerbehörden dazu bringen können, mehr zu verlangen als angemessen ist, und könnte die Effizienz der grenzüberschreitenden Arbeit für beide Länder beeinträchtigen. Das eine Land braucht Arbeitskräfte, das andere muss seinen Arbeitskräften Arbeit geben. Beide verdienen dabei Geld und zusätzliche Steuern.

Unschlagbare Bedingungen

Im Jahr 2016 arbeiteten laut dem französischen Statistikinstitut INSEE 188 000 in Frankreich wohnhafte Personen in der Schweiz. Dabei handelt es sich um eine Lohnsumme von mindestens 11,2 Milliarden Schweizer Franken. Das Pro-Kopf-BIP ist in der Schweiz 1,5-mal höher als in Frankreich. Was wiederum zeigt, wie attraktiv es sein kann, in die Schweiz zu kommen, um hier zu arbeiten.Vor allem, wenn man in Frankreich weiterhin zu niedrigeren Preisen als in der Schweiz wohnt.

Grenzgänger profitieren von den Schweizer Löhnen, während sie die Hochpreisinsel Schweiz meiden. Ist das gerecht? Auf jeden Fall besser als mit französischen Löhnen in der Schweiz, so viel steht fest. Die Gleichung mit den Lebenshaltungskosten wäre in diesem Fall unmöglich zu erfüllen.

Die Schweiz beschäftigt eine grosse Zahl von Arbeitskräften, die aus dem Ausland kommen. Drei Länder, oder sagen wir drei Bevölkerungen – jene von Frankreich, Deutschland und Italien –, die in der Nähe der Schweizer Grenze leben, können von Anstellungsbedingungen profitieren, die in ihren Ländern ihresgleichen suchen.

Gleich mehrere Vorteile

Um die Frage der Telearbeit – also des Homeoffice – für Steuerzwecke zu regeln, ist Telearbeit zwischen der Schweiz und Frankreich nur bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit pro Jahr möglich, ohne dass sich die steuerliche Situation in Bezug auf den Staat, in dem die Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit besteuert werden, ändert und ein finanzieller Ausgleich an den Wohnsitzstaat, also insbesondere an Frankreich, fällig wird.

40 Prozent Telearbeit bedeutet zwei Tage Homeoffice pro Woche bei einer Fünf-Tage-Woche. Diese Vereinbarung ist umso wichtiger, als sich die Telearbeit stark entwickelt und zu den Vorteilen gehört, die dabei helfen, für die besten Mitarbeiter attraktiv zu sein. In einem grenzüberschreitenden Rahmen, in dem die Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz unterschiedlich gross sind, ist die Möglichkeit, Homeoffice anzubieten, ein klarer Vorteil für Schweizer Unternehmen.

Die Massnahme ist sogar aus praktischer Sicht interessant, um eine Überlastung der öffentlichen Verkehrsmittel und der Transportwege zwischen den beiden Ländern zu vermeiden.

Was gilt nun eigentlich?

Frankreich hat ein multilaterales europäisches Rahmenabkommen unterzeichnet, das die Beibehaltung der Sozialschutzvorschriften des Beschäftigungsstaates für Grenzgänger ermöglicht, die in ihrem Wohnsitzstaat zu weniger als 50 Prozent ihrer Arbeitszeit in Telearbeit tätig sind. Dieses Abkommen ermöglicht es Grenzgängern, weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit von ihrem Wohnsitzland aus zu arbeiten, ohne dass dies Auswirkungen auf die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen hat.

Es ist jedoch erstaunlich, dass die beiden Abkommen – eines über den Sozialschutz und das andere über die Besteuerung – nicht zusammenpassen. Das erste Abkommen erlaubt Telearbeit bis zu (theoretischen) 49,9 Prozent, während das Steuerabkommen Telearbeit nur bis zu maximal 40 Prozent erlaubt.

Ă„usserst komplizierte Situation

Hinzu kommt das Problem der Beweislast, die den Unternehmen auferlegt wird. Es besteht also die Verpflichtung, ein umfangreiches Kontrollsystem einzuführen, um zu überprüfen, ob die 40 Prozent für Telearbeit im Ausland nicht überschritten werden, obwohl die Verantwortung dafür auch mit dem Arbeitnehmer geteilt wird. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv weist darauf hin, dass eine solche Situation für Schweizer Unternehmen äusserst kompliziert sein kann. Entsprechend müssen die Behörden in diesem Bereich pragmatisch vorgehen, um die hiesigen Arbeitgeber nicht zu benachteiligen.

MH

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