Publiziert am: 08.12.2023

Traditionelle Familien nicht bestrafen

INDIVIDUALBESTEUERUNG – Der Übergang zur Individualbesteuerung zielt darauf ab, die Erwerbstätigkeit zu fördern, eine zivilstandsunabhängige Besteuerung zu gewährleisten und die sogenannte «Heiratsstrafe» zu beenden, bei der bestimmte verheiratete Paare eine höhere Steuerlast tragen als unverheiratete Paare.

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 30. August 2023 die Leitlinien für die Botschaft zur Einführung der Individualbesteuerung festgelegt – eine Forderung, die das Parlament im Rahmen des Gesetzgebungsprogramms gestellt hat. Diese Vorlage wird als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» dienen.

Der Übergang zur Individualbesteuerung zielt darauf ab, die Erwerbstätigkeit zu fördern, eine zivilstandsunabhängige Besteuerung zu gewährleisten und die sogenannte «Heiratsstrafe» zu beenden, bei der bestimmte verheiratete Paare eine höhere Steuerlast tragen als unverheiratete Paare. Eine Praxis, die vom Bundesgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde.

Mehr Steuern lehnt der sgv ab

Das Problem ist damit jedoch nicht behoben. Die im August 2023 vorgeschlagenen Leitlinien bestrafen rund 328 000 Familien mit einem einzigen Einkommen. Diese müssten, und zwar als Einzige, infolge der Reform mehr bezahlen. Dies, da der Elternteil ohne Einkommen nicht die Hälfte des Kinderabzugs in Anspruch nehmen kann. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv spricht sich entschieden gegen eine solche Bestrafung traditioneller Familienmodelle aus. Die Reform sollte für niemanden in der Schweiz zu einer höheren Besteuerung führen.

Zwei Steuererklärungen für alle

Nach den bundesrätlichen Richtlinien wird die Individualbesteuerung auf allen staatlichen Ebenen – Bund, Kantone und Gemeinden – angewendet. In Zukunft sollen verheiratete Paare genauso besteuert werden wie unverheiratete, sie müssen demnach zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen.

Der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer wird von 6600 auf 12 000 Franken erhöht. Obwohl im ursprünglichen Entwurf ein Betrag von 9000 Franken vorgeschlagen wurde, verzichtet der Bundesrat aufgrund der Ergebnisse der Vernehmlassung auf die Einführung eines spezifischen Abzugs für Haushalte mit nur einem Erwachsenen. Auch für Ehepaare mit nur einem Einkommen ist kein besonderer Abzug vorgesehen. Eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer hat sich für diese Lösung ohne Abzüge ausgesprochen.

Die Vorlage beinhaltet zudem Anpassungen des Steuertarifs. So sollen die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen gesenkt, jene für sehr hohe Einkommen leicht erhöht werden. Der sgv lehnt jede Erhöhung ab.

Gerechtere Verteilung

Allerdings soll die Steuerprogression nach der Einführung der Individualbesteuerung abgeschwächt werden, insbesondere für Ehepaare mit ähnlichem Einkommen. Die Anpassungen zielen auf eine gerechtere Verteilung der Steuerentlastung auf alle Einkommensklassen ab. Insgesamt schätzt der Bundesrat für das Steuerjahr 2024 einen Rückgang der Einnahmen aus der direkten Bundessteuer von rund einer Milliarde Franken, wovon 800 Millionen zulasten des Bundes und rund 200 Millionen zu Lasten der Kantone gehen. Da aber auch die Kantone ihre Steuergesetzgebung anpassen müssen, wird der Systemwechsel komplex sein und mehr Zeit in Anspruch nehmen als erwartet. Die Einnahmeausfälle werden sich daher erst in einigen Jahren bemerkbar machen.

Gegenvorschlag zur Steuer-gerechtigkeits-Initiative

Bis März 2024 wird der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft zum Individualbesteuerungsgesetz vorlegen. Diese Vorlage wird als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» fungieren, die der Bundesrat zur Ablehnung empfiehlt.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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