Publiziert am: 02.02.2024

Billige Scharfmacherei der EFK

KLIMAPOLITIK – Die Eidgenössische Finanzkontrolle findet das Ergebnis der Befreiung der CO2-Abgabe «ent­täu­schend». Dabei hat sie schlicht nicht verstanden, was wirkungsvolle Klima­politik überhaupt ist.

Unternehmen, welche sich freiwillig verpflichten, ein Emissionsreduktionsziel zu erfüllen, werden von der CO2-Abgabe befreit. Dabei müssen diese Firmen die Investitionen und Kosten ihrer Zielerfüllung tragen. Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) gibt nun vor, dieses klimapolitische Instrument analysiert zu haben. Und sie geht mit ihm hart ins Gericht.

Falsche Behauptungen der EFK

Die Staatsangestellten in Bundesbern bemängeln unter anderem, dass die «befreiten» Unternehmen nicht mehr Treibhausgasemissionen reduziert hätten als diejenigen, welche die Abgabe bezahlen. Weiter behauptet die EFK, durch die Befreiung seien dem Staat zwischen den Jahren 2013 und 2020 um die 938 Millionen Franken entgangen.

Diese Behauptungen der EFK sind falsch. Die Fakten sind: Bis Ende 2022 hatten 4680 Unternehmen mit rund 9000 Betriebsstätten 2521 Zielvereinbarungen abgeschlossen. Das entspricht mehr als 50 Prozent des CO2-Ausstosses der Schweizer Industrie- und Dienstleistungsunternehmen.

Unternehmen mit Zielvereinbarungen reduzierten ihren Ausstoss um 23 Prozent. Das liegt klar über dem Durchschnitt der ganzen Wirtschaft. Dieser liegt bei 20 Prozent und erfüllt damit das Ziel des Bundesrats.

Sinnvolle Abgabenbefreiung

Was ist der ökonomische Sinn der CO2-Abgabenbefreiung? Sie soll namentlich den Emittenten, die sich wegen der CO2-Intensität ihrer Produktionsprozesse nicht einem nationalen, für alle gleichen Emissions-Absenkpfad verpflichten können, Flexibilität geben. Ökonomisch ausgedrückt geht es hier um den Preisentdeckungsmechanismus.

Wer unterschiedliche Produktionsstrukturen hat, hat auch unterschiedliche Kosten der Emissionsreduktion. Um von der Abgabe befreit zu werden, müssen diese Unternehmen ihre eigenen Emissionen mit eigenen Massnahmen reduzieren. Dafür müssen sie Ausgaben tätigen. Diese Ausgaben sind der Preis der Befreiung.

Die Firmen wägen also ab, ob sie die «zentral festgelegte» Abgabe bezahlen oder ihre eigenen Wege mit spezifischen Ausgaben gehen. Der Preisentdeckungsmechanismus macht es möglich, Emissionen möglichst günstig zu reduzieren.

Wirkungsvolle Abgabenbefreiung

Wie wirken sich diese Befreiungen aus? Es ist korrekt, wenn die EFK schreibt, dass der Industriesektor zwischen den Jahren 2013 und 2020 aggregiert seine Emissionen um 20 Prozent reduziert hat. In diesem Befund sind aber viele Betriebsschliessungen enthalten. Die Daten der EFK sind nämlich nicht bereinigt oder real, sondern nur nominal.

Noch schlimmer: Aus Aggregaten können keine Folgerungen für individuelle Zusammenhänge gezogen werden. So kann etwa aus dem steigenden Schweizer Bruttoinlandprodukt nicht gefolgert werden, dass die Wertschöpfung – zum Beispiel jene der Küfer – auch steigt.

Auf die Abgabenbefreiung übertragen, heisst dies: Sie wurde speziell für jene Unternehmen geschaffen, die aufgrund ihrer Produktionsprozesse nicht dem für alle gleichen Reduktionspfad folgen können. Solange es energieintensive Unternehmen in der Schweiz gibt, werden diese tendenziell emissionsintensiver als der nationale Durchschnitt bleiben.

Und hier nochmals die Fakten: Es steht im EFK-Bericht, dass diejenigen Unternehmen, die von der Abgabe befreit sind und ein individuelles Emissionsziel haben, ihre Emissionen im gleichen Zeitraum um etwa 23 Prozent reduziert haben. Das ist mehr als das Aggregat. Und das wiederum bedeutet: Individuelle Zielvereinbarungen zahlen sich aus – und sie haben erst noch eine höhere Klimawirkung als die CO2-Abgabe.

Dem Staat entgeht gar nichts

Was ist nun mit den über 900 Millionen Franken, die gemäss EFK dem Staat entgangen sein sollen? Auch diese Behauptung ist falsch: Die CO2-Abgabe ist eine Lenkungsabgabe. Im Idealfall sollte sie insgesamt zurückverteilt werden. In diesem Idealfall fungiert der Staat als eine Art «Transferkonto» von der Wirtschaft und Bevölkerung zurück zur Wirtschaft und Bevölkerung. Also können ihm keine Nettoeinnahmen entgehen.

Nun kann eingewendet werden, dass die CO2-Abgabe nur teilweise rückverteilt wird. Sie hat einen steuerlichen Charakter, indem sie zu etwa einem Drittel verwendet wird, um staatliche Subventionen zu finanzieren. Also entgehen dem Staat tatsächlich Einnahmen.

Das ist zwar soweit korrekt. Doch hier müsste noch der Beweis angetreten werden, dass die Subventionen des Staates tatsächlich effizienter sind als der Befreiungsmechanismus. Sie müssten dazu entweder günstiger sein oder aber mehr Klimawirkung erzielen. Doch genau die subventionierten Sektoren haben weniger CO2 reduziert als die Industrie. Also ist die Subvention nicht effizient.

Was bleibt? Die Klimapolitik mit der Abgabenbefreiung funktioniert. Die billige Scharfmache der EFK falliert.

Henrique Schneider

www.enaw.ch

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