Publiziert am: 19.06.2015

Die Hälfte ist unzufrieden mit der SRG

RTVG-ABSTIMMUNG – Der sgv sieht das Ă€usserst knappe Resultat als klaren Auftrag, nun den Begriff Service public zu diskutieren – denn 50 Prozent der Schweizer sind mit dem Programm des Staatsfernsehens nicht einverstanden.

Fast wĂ€re es gelungen, den verfassungswidrigen Systemwechsel der Radio- und FernsehgebĂŒhr zur Steuer zu verhindern. Die Differenz von nur 3696 Stimmen war das ZĂŒnglein an der Waage, das zugunsten der neuen Mediensteuer entschied. FĂŒr den Schweizerischen Gewerbeverband sgv – der mit seinem Referendum mit rund 91 000 Stimmen diese GesetzesĂ€nderung ĂŒberhaupt vors Volks brachte – hat die SRG mit diesem knappen Resultat ganz klar die Rote Karte erhalten, vor allem in der Deutschschweiz. «Nun ist die Debatte ĂŒber den Service public definitiv lanciert. Der Abstimmungskampf hat gezeigt, dass in der Bevölkerung jeder Zweite mit dem Programm der SRG unzufrieden ist. Jetzt wird sich die Frage nach dem Leistungsumfang des Staatssenders stellen – damit verknĂŒpft ist auch die GebĂŒhrenfrage», betont sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler.

AGVS zweifelt ­VerfassungsmÀssigkeit an

undefinedFĂŒr Urs Wernli, ZentralprĂ€sident des Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS), ist die ­Zustimmung zur neuen Billag-Mediensteuer gerade fĂŒr Garagisten eine schwer verkraftbare finanzielle Hypothek. «Selbst kleine Garagen erwirtschaften mit dem Autoverkauf schnell einen Umsatz ĂŒber 500 000 Franken, haben aber nur sehr geringe Margen. Durch die Aufhebung des Franken-Euromindestkurses hat sich die Rendite-Situation fĂŒr die AGVS-Garagisten sogar noch verschĂ€rft. Da es sich bei der Billag- «Abgabe» nachweislich um eine Steuer handelt, wie der Entscheid des Bundesgerichts von diesem FrĂŒhjahr beweist, ist die VerfassungsmĂ€ssigkeit infrage gestellt», so Urs Wernli. FĂŒr die Garagisten bedeute dies nun zusĂ€tzliche Ausgaben von insgesamt 20 Millionen Franken. «Damit hat das Volk dem Bundesrat den Freipass erteilt, diese neue Steuer beliebig zu erhöhen», ergĂ€nzt Wernli.

«Eine finanzielle Zusatzbelastung von 20 Millionen Franken fĂŒr Garagenbetriebe.»

undefinedEnttĂ€uscht von dem RTVG-Ja ist auch Nationalrat Albert Rösti (SVP∕BE): «Damit werden die KMU eindeutig mehr belastet, was in der jetzigen Situation mit der EuroschwĂ€che nicht tragbar ist. Es ist zu hoffen, dass BundesrĂ€tin Doris Leuthard ihr Versprechen hĂ€lt und die Mediensteuer in nĂ€chster Zeit nicht noch mehr ansteigt. Das knappe Resultat zeigt, dass die Dikussion um den Service public noch lange nicht abgeschlossen ist. Es muss geklĂ€rt werden, was ein nationales Medienunternehmen zum Zusammenhalt der Schweiz zu leisten hat.»

undefinedAuch Nationalrat JĂŒrg Grossen (GLP/BE) ist alles andere als ­erfreut ĂŒber den Volksentscheid bezĂŒglich der Änderung des RTVG-Gesetzes. «Der Bundesrat hat hier eine schlechte Vorlage prĂ€sentiert und das Parlament war bei dieser Vorlage zu wenig sensibel. Leider hat sie das Stimmvolk nicht korrigiert. Sicher darf jetzt die Service-public-Diskussion nicht auf die lange Bank geschoben werden.» FĂŒr Unternehmer bedeute dieser Entscheid eine Mehrbelastung in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. «Ich habe zwei Firmen und werde jetzt dreifach zur Kasse gebeten, als Privater, in der ersten Firma, ĂŒber welche die Löhne laufen, sowie im zweiten Betrieb», Ă€rgert sich der Berner Unternehmer.

«Die Service-public-Diskussion muss jetzt erst recht in aller Deutlichkeit gefĂŒhrt werden.»

ZusĂ€tzliche Belastung fĂŒr KMU

undefinedAuch Sylvia FlĂŒckiger, NationalrĂ€tin (SVP∕AG) und sgv-Vorstandsmitglied kann als engagierte Unternehmerin diese Doppelabzockerei nicht akzeptieren. «Ich hoffe immer noch, dass die KMU von dieser neuen Mediensteuer ausgenommen werden; es ist eine grosse zusĂ€tzliche BĂŒrde fĂŒr uns. Die bereits im Vorfeld dieser Abstimmung angeregte Diskussion bezĂŒglich Service public muss nun erst recht weitergefĂŒhrt werden. Denn 50 Prozent der Bevölkerung sind damit ĂŒberhaupt nicht einverstanden.»

undefinedEbenso fĂŒr Marianne Meister, StĂ€nderatskandidatin (FDP /SO) und PrĂ€sidentin des Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverbands kgv, ist dieses Abstimmungsresultat ein klares Misstrauensvotum gegenĂŒber der SRG. «Die Service-public-Diskussion muss jetzt in aller Deutlichkeit gefĂŒhrt werden. Da die GebĂŒhr nun eine Steuer ist, die von der Steuerverwaltung eingezogen wird, stellt sich jetzt auch die Frage, ob es die Billag-Organisation – ein kostenintensiver Moloch – ĂŒberhaupt noch braucht. Ich denke nicht. FĂŒr unseren Laden bedeutet dieser Volksentscheid 1000 Franken Mehrauslagen pro Jahr, das ist bitter. Ist zu hoffen, dass die Steuer, wie von Bundes­rĂ€tin Doris Leuthard versprochen, nicht erhöht wird.»

undefinedPeter Schilliger, Nationalrat (FDP/LU), sieht den RTVG-Entscheid als respektables Resultat an, «war die Vorlage doch gespickt mit vielen «ZĂŒckerli» und Anreizen fĂŒr die privaten Haushalte. Die Bevölkerung zeigt klar ein grosses Unbehagen gegenĂŒber der SRG. Aus unter­nehmerischer Sicht ist dieses RTVG-Ja eine grosse zusĂ€tzliche Belastung fĂŒr den Wirtschaftsstandort Schweiz.»

 

 

undefinedNicolas Leuba, Unternehmer, AGVS-Vorstandsmitglied, (FDP∕VD), bedauert sehr, dass diese Abstimmung ĂŒber die neue Mediensteuer die Schweiz entlang dem Röstigraben gespalten hat. «Die Romands hatten vor allem Angst, dass mit einem Nein die Sendungen in der französisch sprechenden Schweiz reduziert wĂŒrden. FĂŒr unsere KMU bedeutet dies eine unnötige und absurde Mehrbelastung. Das ist wirklich sehr bedauerlich.»

Corinne Remund

 

Reaktionen zur Erbschaftssteuer

Jetzt erst recht!

Die Erbschaftssteuer-Initiative ist mit 71 Prozent abgelehnt worden. FĂŒr Sylvia FlĂŒckiger, NationalrĂ€tin (SVP⁄AG) und sgv-Vorstandsmitglied, drĂŒckt das Stimmvolk damit sein grosses Vertrauen in die KMU- Wirtschaft aus: «Das Volk will keine Experimente und ist sich mit diesem Entscheid bewusst, dass man zu dem KMU Sorge tragen und sie stĂ€rken muss, nicht zuletzt um ArbeitsplĂ€tze zu erhalten.» Auch fĂŒr Marianne Meister, StĂ€nderatskandidatin (FDP⁄SO), PrĂ€sidentin des Kantonal-Solothurnischen Gewerbeverbands kgv und Unternehmerin, ist die ĂŒberaus deutliche Ablehnung dieser KMU-feindlichen Erbschaftssteuer «ein Bekenntnis zum Erfolgsmodell Schweiz, zum Föderalismus sowie der Steuerhoheit der Kantone.»

AGVS und SBV sind erfreut

Erfreut ĂŒber das Nein zu Erbschaftssteuer sind auch der Auto Gewerbe Verband Schweiz (AGVS) sowie der Schweizerische Baumeisterverband (SBV): «Nur so ist im schwierigen wirtschaftlichen Umfeld der Generationenwechsel fĂŒr Familienbetriebe möglich. Eine Annahme hĂ€tte den Mittelstand und unzĂ€hlige Familienbetriebe schwer getroffen – und damit das RĂŒckgrat der schweizerischen Volkswirtschaft nachhaltig verletzt. Die Zahlung der Erbschaftssteuer hĂ€tte den Unternehmen finanzielle Mittel entzogen und damit auch die LiquiditĂ€t fĂŒr den Betrieb und die nötigen Investitionen», so AGVS- ZentralprĂ€sident Urs Wernli. Und SBV-ZentralprĂ€sident Gian-Luca Lardi ergĂ€nzt: «Jetzt ist der Weg frei fĂŒr eine zukunftsweisende Reform der AHV, die nicht einseitig die KMU und die Familien belastet.»

Gute Rechtsgrundlage ­beibehalten

Erleichtert ist ebenso KMU-Next-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Lieni FĂŒglistaller: «Die StimmbĂŒrgerinnen und StimmbĂŒrger haben einen weitsichtigen Entscheid gefĂŒhrt. Die Familienunternehmungen können nun ihre Nachfolge weiterhin auf einer guten Rechtsgrundlage regeln und die dazu notwendigen Entscheide treffen.»

CR

No Billag

Klares Bekenntnis zur KMU-Wirtschaft

Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung. Das NoBillag.ch-Komitee will die Radio- und TV-GebĂŒhren komplett abschaffen. Markt statt ZwangsgebĂŒhren. Bereits wurden ĂŒber 70 000 Unterschriften gesammelt. 30 000 fehlen noch. Die Sammelfrist lĂ€uft erst am 11. Dezember 2015 ab. Den Unterschriftenbogen gibt es unter www.nobillag.ch

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