Publiziert am: 10.07.2015

«Kosten senken allein genügt nicht»

REGULIERUNGEN –Der sgv und die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und CVP sind sich einig, dass Massnahmen zur Senkung der ­Regulierungskosten sofort angepackt werden müssen – der sgv stellt klare Forderungen, die FDP reicht etsprechende Vorstösse ein.

Die anhaltende Regulierungswut schwächt die Wirtschaft, belastet insbesondere die KMU schwer und führt zu einer erhöhten Arbeitslosigkeit. Sowohl für den SVP-Fraktionspräsidenten Adrian Amstutz als auch für die FDP-Fraktionspräsidentin Gabi Huber ist diese Entwicklung ein Ausdruck der Politik der Links- und Mitte-Links-Mehrheiten. Gemäss Amstutz lebten viele Parlamentarier in Bern inzwischen von der Politik und hätten so keinen direkten Draht zur Wirtschaft. «Sie wissen deshalb nicht, wie das Geld verdient werden muss und wo der Schuh drückt.» Umso mehr müsse sich die Wirtschaft direkt einmischen.

«Deregulierung geht nur über einen Personalabbau in der Staatsbürokratie.»
SVP-Fraktionspräsident Adrian Stutz

«Sie muss mittels konkreten Praxisbeispielen aufzeigen wo Handlungsbedarf besteht. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv leistet hier bereits einen wichtigen Beitrag», sagt Amstutz. Für den CVP-Nationalrat Gerhard Pfister liegt der Hauptgrund jedoch vielmehr in der fehlenden Strategie und dem mangelnden Willen der drei bürgerlichen Parteien, dagegen etwas zu tun.

FDP-Vorstösse zur Deregulierung

Bereits aktiv geworden ist die FDP mit ihrem 18-Punkte-Programm zur Stärkung des Standorts Schweiz, das sie im Januar lanciert hat. «Zudem arbeiten wir über das bürgerliche Massnahmenpaket daran, auch die nötigen Mehrheiten im Parlament für den Regulierungsabbau zu finden», ergänzt Huber. Ein Schritt in die richtige Richtung hat die FDP auch mit der im Mai eingereichten Motion «Bürokratieabbau. Regulierungsfolgen unabhängig aufdecken» (vgl. Kasten) getan. Die Urner Nationalrätin erhofft sich damit mehr Transparenz und Kontrolle der Regulierungskosten von Bundesvorlagen. Sie warnt aber davor, damit nicht noch mehr Bürokratie zu schaffen. Für die Innerschweizer Politikerin ist klar, dass die Masse der Regulierung nur noch schwer tragbar ist. «Wir können in der momentanen Finanzlage des Bundes und mit dem Druck, der auf den Schweizer KMU lastet, weder ewig weiter regulieren, noch die Staatsausgaben stetig erhöhen.» Dennoch ist sich Huber bewusst, dass es nicht einfach ist, die Verantwortlichen für die Senkung der Regulierungskosten zu sensibilisieren.

«Wir können weder weiter regulieren noch die Staatsausgaben erhöhen.»
FDP-Fraktionspräsidentin Gabi Huber

«Die FDP setzt sich vehement dafür ein – beispielsweise mit dem Vorstoss zum Mehrwertsteuereinheitssatz. Damit würden wir mehrere 100 Millionen Franken sparen.» Zudem müsse die befristete Erhöhung der Erwerbsausfallentschädigung-Beiträge wieder aufgehoben werden. «Arbeitgeber und Arbeitnehmende würden damit jährlich gegen 400 Millionen Franken entlastet. Schliesslich muss endlich auch die Zollbürokratie reduziert werden», fordert Huber.

Kontrollwahn stoppen

Auch SVP und CVP heissen diesen Vorstoss der FDP willkommen. Aber man dürfe die Wirkung eines «Preisschildes» nicht überschätzen, gibt Amstutz zu bedenken. «Alleine die Kosten zu kennen, genügt nicht. Wir müssen endlich diesem Regulierungs-und Kontrollwahn den Riegel schieben. Das geht aber nur über ­einen radikalen Personalabbau in der Staatsbürokratie um 20 Prozent», so das Rezept des Berner Oberländers.

Weiter schlägt er vor, die Unternehmen vom Statistikaufwand zu befreien und Verordnungen und Weisungen massiv zu reduzieren. «Dies könnte vom Bundesrat in eigener Verantwortung sofort umgesetzt werden. Zudem müssen wir umgehend auf unsinnige neue Regulierungen wie das Bürokratiemonster ‹Grüne Wirtschaft› verzichten», konkretisiert er.

 

Instrumente zur Deregulierung

Die Überregulierung wurzle jedoch gemäss Pfister mehrheitlich in der Machtverteilung, die zu einem gros­sen Teil nicht beim Parlament, sondern bei der Verwaltung liege. «Der Bundesrat ist zu wenig nah bei den Problemen der KMU», gibt der Zuger Nationalrat zu bedenken.

«Ein wirksames Mittel wäre ein Verordnungsvetorecht für das Parlament.»

Gerhard Pfister, Nationalrat (CVP/ZG)

Regulierungskosten spielten in der Meinungsbildung keine Rolle. «Die Kostenfrage wird in der öffentlichen Diskussion verdrängt. Deshalb wachsen die Kosten weiter», so Pfister. Aus seiner Sicht kann der Regulierungswahn nur mit einem Verordnungsvetorecht für das Parlament, harter zeitlicher Befristung von Gesetzen und Finanzierungsbeschlüssen respektive einem Finanzreferendum gestoppt werden. Corinne Remund

DAS FORDERT DER SGV

10 Milliarden bis 2018 sparen

Die KMU-Wirtschaft – insbesondere die exportorientierten KMU – kommen mit der Aufhebung des Euromindestkurses sowie einem Fixkostensprung von 15 bis 20 Prozent stark unter Druck. «Um die negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum sowie auf die Arbeitsplätze abzufedern, ist nun eine verantwortungsvolle Politik notwendig», betont sgv-Direktor Hans-Ulrich Bigler. Sein Parteikollege FDP-Generalsekretär Samuel Lanz doppelt nach: «Für den Wirtschaftsstandort Schweiz braucht es weiterhin gute Rahmenbedingungen – nur so können in der Schweiz Arbeitsplätze erhalten und neue geschaffen werden. Darum müssen dringend unnötige ­Regulierungskosten gesenkt werden.» Bereits im Jahre 2010 stellte der sgv seine Studie zu den Regulierungskosten in der Schweiz vor und schätzte die Belastungen gesamtschweizerisch auf insgesamt 50 Milliarden Franken bzw. rund 10 Prozent des BIP. Aufgrund dieser Studie verlangte der Gewerbekongress die Einleitung konkreter Massnahmen zur Senkung dieser unhaltbaren Regulierungskosten um mindestens 10 Milliarden Franken bis zum Jahr 2018.

Der sgv verlangt:

n Senkung unnötiger Regulierungskosten als Massnahme gegen die Auswirkungen der Frankenstärke;

n  Die Schaffung einer unabhängigen Stelle, die Messung von Regulierungskosten durchsetzt;

n &nbps;Regulatorische Zurückhaltung: Regulierungen können nur noch akzeptiert werden, wenn basierend auf ­einem breit abgestützten Konsens ein dringender Handlungsbedarf ausgewiesen ist, denn es gilt: Regulierung, die nicht gemacht werden muss, soll nicht gemacht werden;

n  Die Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen ohne Konjunkturprogramme, Massnahmen expansiver Fiskalpolitik und staatlichen Direkteingriffen in die Wirtschaft. Kurzfristige Massnahmen greifen oftmals zu spät, gehen in die falsche Richtung und führen in der Folge zu unerwünschten Marktverzerrungen.

MOTION DER FDP

Unabhängige prüfen

Die Regulierungswut hat in der Schweiz massiv zugenommen. Die FDP-Fraktion hat deshalb am 6. Mai 2015 im Nationalrat eine Motion mit dem Titel «Bürokratieabbau. Regulierungsfolgen unabhängig aufdecken» eingereicht. Dabei wird der Bundesrat beauftragt, die Regulierungsfolgeabschätzungen, welche in den erläuternden Berichten von Vernehmlassungsvorlagen und an das Parlament überwiesene Botschaften gemacht werden, künftig von unabhängigen Stellen (ausserparlamentarische Kommissionen, externe Stellen, Experten etc.) auf deren Richtigkeit und Qualität überprüfen zu lassen. Die FDP begründet ihren Vorstoss unter anderem damit, dass der Bundesrat bei Gesetzes- und Verordnungsänderungen verpflichtet sei, eine Regulierungs­kostenfolgeabschätzung vorzunehmen. Der Bundesrat komme dieser Pflicht nur teilweise nach.

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