Publiziert am: 04.06.2021

«Wollen wir leere Gestelle in den Läden?»

AGRAR-INITIATIVEN – «Die Kunden entscheiden, welche Produkte wir herstellen»: Die Swiss Convenience Food Association sagt Nein zur Trinkwasser- und zur Pestizid-Initiative.

Schweizerische Gewerbezeitung: Die Swiss Convenience Food Association, deren Präsident Sie sind, lehnt die Agrar-Initiativen ab, über die am 13. Juni abgestimmt wird. Welches sind Ihre wichtigsten Gründe?

Bruno Witschi: Die Forderungen der Initiativen gehen zu weit. Die Sorgen und Ängste vieler Konsumentinnen und Konsumenten im Zusammenhang mit Pestiziden sind verständlich. Doch bei einer möglichen Annahme sind gerade sie die Verlierer, da die Lebensmittelhersteller ihr Kundenversprechen an sicheren, gut schmeckenden Lebensmitteln mit Rohstoffen aus der Region und der Schweiz nicht mehr ganzjährig zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis einlösen können.

Ihre Mitglieder verarbeiten zu­nehmend auch Bio-Produkte. Da müssten Ihnen die Initiativen doch gerade recht kommen …

Die Mitglieder verarbeiten mit der gleichen Leidenschaft konventionelle wie biologische Rohstoffe. Die Kunden bestimmen beim Kauf, welche Produkte wir herstellen. Bioprodukte machen dabei insgesamt etwa 15 Prozent aus. Das Einkaufsverhalten bestätigt also das Bedürfnis nach einem breiten Angebot an unterschiedlichsten Produkten, hergestellt aus einer breiten Vielfalt von konventionellen, aber auch biologischen Rohstoffen wie weiteren Label-Rohstoffen; dies alles mit Herkunft aus der Region bis weltweit.

Was hiesse es für die Verfüg­-barkeit von Schweizer Rohstoffen, sollten die Initiativen durch­kommen?

Unbestritten ist die Tatsache, dass Erträge ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln geringer sind, dass auch mit totalen Ernteausfällen zu rechnen ist. Bei einer konsequenten Umsetzung führt die Initiative letzten Endes zu leeren Gestellen in den Läden.

Was bedeutet eine Annahme für die Lebensmittelpreise?

Ausgehend von teureren Rohstoffen ist auch die Weiterverarbeitung aufwendiger. Zu Recht sind die Preise von Bioprodukten signifikant höher. Nebst dem höheren Preis möchte ich darauf hinweisen, dass die aufwendigere Bearbeitung auch zu höherem Foodwaste führt.

«DIE INITIATIVEN SIND WIRTSCHAFTSFEINDLICH UND BEDROHEN ARBEITSPLÄTZE.»

Und welche Folgen erwarten Sie bei einem Ja für die Arbeitsplätze in Ihrer Branche?

Die Initiativen sind wirtschaftsfeindlich. Bekommen wir nicht genügend Rohstoffe, so wird der Handel zunehmend Produkte importieren müssen, welche in verarbeiteter Form eingeführt würden und nicht als Rohstoffe. Die Mitglieder wären deshalb gezwungen, Arbeitsplätze abzubauen.

Hersteller und Händler befürchten vor allem von der Pestizid-Initia­tive üble Folgen für die Lebens­mittelsicherheit. Bedroht die Initiative tatsächlich die Sicherheit der Kunden?

Ein Totalverbot von synthetischen Pestiziden betrifft auch Biozide. Biozide werden in der Lagerung von Rohstoffen zur Bekämpfung von Schädlingen und in der Produktion als Reinigungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt. Ohne diese Mittel werden Rohstoffe verderben und unser hoher hygienischer Standard, der für die Gesundheit unbedenkliche Produkte sicherstellt, ist nicht mehr zu halten.

Interview: En

ZUR PERSON

Bruno Witschi ist Präsident der Swiss Convenience Food Association (SCFA). Die 16 der SCFA angeschlossenen Firmen und deren 4800 Mitarbeitende erzielen mit Fertig- und Tiefkühlprodukten, Kartoffelgerichten sowie Gemüse- und Früchtekonserven einen jährlichen Umsatz von rund 1,8 Milliarden Franken.

www.swissconvenience.ch

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