Publiziert am: 16.02.2024

Der Null-Risko-Gedanke schadet allen

TABAKWERBUNG – Der Entwurf für eine Umsetzung der am 13. Februar 2022 vom Volk angenommenen Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» geht viel zu weit.

Wo eigentlich bloss die Jugendlichen vor Tabakwerbung zu schützen wären, wird heute – mit Unterstützung jener Verbotsparteien, deren Vertreter 1968 noch forderten, es müsse verboten werden, zu verbieten – versucht, einen Entwurf durchzubringen, der jegliche Werbung für Tabakprodukte endgültig verbietet. Dies mit der Begründung, dass ein Jugendlicher aus Versehen eine Werbung sehen und dadurch ganz plötzlich süchtig nach Tabakprodukten werden könnte. Man fragt sich, ob es am Ende die Werbung ist, die noch gefährlicher ist als Nikotin (vgl. auch Seite 9).

Neue Verbote – neue Aufgaben

Es ist allgemein bekannt, dass staatliche Behörden dazu neigen, Verbote, Vorschriften, Kontrollen und Normen zu erlassen (vgl. Hauptartikel oben auf dieser Seite). Genau genommen ist das ihre Aufgabe. Das Ziel, das darin bestehen sollte, ein Minimum an Regeln für ein Maximum an Freiheit zu erhalten, wird jedoch nicht mehr eingehalten. Tatsächlich können sich die Behörden durch die Schaffung neuer Vorschriften und Verbote neue Aufgaben suchen. Je mehr die Behörden also die Bürger für schwache Personen halten, die sie schützen müssen, desto mehr können sie sich aufblähen – und müssen dann die Bevölkerung und die Unternehmen für die entstandenen Kosten zur Kasse bitten.

Ein übertriebener Entwurf

Konkret wären Verkaufsförderung oder Sponsoring verboten, was die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) streichen möchte. Doch de facto hat dies nichts mit der Umsetzung der Initiative zu tun.

Auch das Verbot von Sponsoring geht zu weit. Hier geht es wirklich nicht um Werbung für Tabakprodukte gegenüber Jugendlichen, sondern lediglich darum, dass das Sponsoring von verschiedenen Veranstaltungen weiterhin erlaubt ist. Ebenso soll der Verkauf durch mobiles Personal verboten werden.

Wie also sollen die Unternehmen Vertriebskanäle für ihre – notabene noch immer legalen – Produkte finden? Der Nationalrat sollte hier bitte vernünftige Entscheidungen für die Jugendlichen und die Unternehmen treffen – und gleichzeitig die Erwachsenen für ihr Verhalten verantwortlich machen.

Erwachsene in der Verantwortung

Jeder Erwachsene weiss, dass Rauchen mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist und dass Nikotin süchtig macht. Mit zunehmendem Alter und im Laufe der Jahre ist es offensichtlich, dass Raucher mehr gesundheitliche Probleme haben können. Da das Produkt jedoch erlaubt ist, liegt es in ihrer Verantwortung, ob sie rauchen wollen oder nicht (mehr).

Wenn man den staatlichen Behörden zuhört, fragt man sich, ob sie letztlich nicht alles Schädliche verbieten wollen – in der wohlmeinenden Idee, die Bürger vor sich selbst zu schützen.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat immer betont, dass es ein Missverständnis ist, die Konsumenten als unverantwortlich zu behandeln. Und natürlich wird man immer wieder Menschen mit unverantwortlichem Verhalten finden. Aber muss dies die Grundlage für den Erlass von Gesetzen und Verordnungen sein? Verantwortung zu übernehmen bedeutet doch auch, den Menschen Respekt vor sich selbst zu belassen. Alles zu verbieten hingegen bedeutet, sie zu infantilisieren. Mit dem klaren Risiko, dass sie sich noch weniger für ihr Verhalten verantwortlich fühlen. Das ist schlichtweg kontraproduktiv.

Anwendung der Initiative reicht

Der sgv fordert eine Umsetzung der Tabak-Initiative; nicht weniger und nicht mehr. Diese Vorlage erweckt leider den Eindruck, dass die Bundesverwaltung statt des Parlaments den Ton angibt, Und dies, obwohl sie nur das tun sollte, was ihr die gesetzlichen Grundlagen erlauben.

Der Null-Risiko-Gedanke, der eine immer umfassendere Kontrolle einführt, ist für die Wirtschaft wie auch, und das vielleicht noch mehr, für die Psyche der Individuen, die unsere Gesellschaft bilden, schädlich.MH

Weiterführende Artikel

Meist Gelesen