Publiziert am: 22.03.2024

Knieprellung – Unfall oder doch nicht?

VERSICHERUNGSRATGEBER – Bei einem Unfall im Betrieb wird geprüft, ob der sogenannte Unfallbegriff erfüllt wird. Aber Achtung – die Leistungspflicht bei Unfall kann aufgrund Vorzustand abgelehnt werden.

M. A. aus B.: «Als Geschäftsführer eines Barbetriebs in der Altstadt von B. bin ich obligatorisch gegen Unfall (UVG) versichert. Vor rund einem Jahr hatten wir eine geschlossene Gesellschaft. Da eine Mitarbeiterin kurzfristig ausgefallen war, habe ich hinter der Bar beim Getränkeausschenken mitgeholfen. Ein neben mir arbeitender Angestellter öffnete ruckartig eine Getränkeschublade, welche mir gegen das rechte Knie schlug. Ich erlitt eine starke Knieprellung und musste mich in ärztliche Behandlung begeben. Die obligatorische Unfallversicherung hat bis heute sämtliche Behandlungskosten übernommen. Nun hat mir die Sachbearbeiterin angekündigt, dass die Leistungen bald eingestellt würden, da die heutigen Beschwerden in keinem Zusammenhang mehr mit dem Unfall stehen, sondern vielmehr mit meiner vorbestehenden Kniescheibenfehlstellung. Es ist richtig, dass mir mein rechtes Knie früher öfters Probleme bereitete. Im Zeitpunkt des Unfalls hatte ich jedoch keine Beschwerden. Kann die Unfallversicherung die Leistungen einfach einstellen?»

Unfall oder nicht?

Sehr geehrter Herr A.: Vielen Dank für Ihre interessante Frage. Der Unfallversicherer prüft bei jeder Ereignismeldung, ob der sogenannte Unfallbegriff erfüllt ist. Dieser ist im Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG, Art. 4) so definiert: «Als Unfall gilt die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper, die eine Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.» Ich gehe davon aus, dass der Unfallbegriff in Ihrem Fall grundsätzlich nicht infrage gestellt ist.

Voraussetzung für die Leistungspflicht

Die Leistungspflicht des Unfallversicherers setzt voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und den eingetretenen Beschwerden ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht. Besteht dieser, liegt auch eine Tatfrage vor, die mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden muss. Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht.

Verschlimmerung eines krankhaften Vorzustandes

Wird aufgrund des Unfalls ein krankhafter Vorzustand verschlimmert oder überhaupt erst manifest, fällt der natürliche Kausalzusammenhang dahin, sobald der Gesundheitsschaden nur noch auf unfallfremden Ursachen beruht. Dies trifft dann zu, wenn der Gesundheitszustand wie unmittelbar vor dem Unfall besteht oder so, wie er sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes auch ohne Unfall früher oder später wahrscheinlich eingestellt hätte.

Versicherungsmedizinische Frage

Letztendlich handelt es sich beim vorliegenden Sachverhalt um eine rein versicherungsmedizinische Frage, welche nur durch Fachpersonen beantwortet werden kann. Ich bin überzeugt, dass Ihnen Ihre Versicherung den Entscheid detailliert begründen wird. Allenfalls kann Ihnen auch Ihr behandelnder Arzt behilflich sein, die Begründung nachzuvollziehen. Ich wünsche Ihnen weiterhin gute Besserung.

Ihre Fragen an

Mobiliar-Expertin Carmen Casulleras blickt auf rund 30 Jahre Erfahrung in der Versicherungsbranche zurück und ist auf den KMU-Bereich spezialisiert.

Fragen sind zu richten an:

carmen.casulleras@mobiliar.ch

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