Publiziert am: 03.03.2023

Energiestrategie anpassen

STROMVERSORGUNG – Die Schweizer Politik macht sich Sorgen um die Versorgungssicherheit des Landes mit elektrischem Strom. Zu Recht. Denn die Produktionskapazitäten für Strom sind knapp. Und sie werden knapper. Ein neues Bundesgesetz soll da Abhilfe leisten.

Eigentlich ist es kein neues Gesetz, sondern die Anpassung von verschiedenen bestehenden: Das Energiegesetz, letztmals mit der sogenannten Energiestrategie 2050 revidiert, muss angepasst werden. Auch das Stromversorgungsgesetz gehört zum Paket. Und sogar das Kernenergiegesetz könnte an die heutigen Gegebenheiten angepasst werden.

«der geplante ausbau der stromproduktion wurde nie umgesetzt.»

Doch der Reihe nach. «Sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» – so heisst die Vorlage. Sie passierte bereits den Ständerat und wird nun im Nationalrat beraten. In diesem Paket werden alle Technologien angesprochen: Ob Wasser, Wind, Solar, Biomasse oder gar Geothermie – sämtliche Produktionskapazitäten sollen ausgebaut werden. Doch ausbauen heisst wohl auch subventionieren.

Subvention oder Blackout

Natürlich sind die Förderungen alles andere als ordnungspolitisch sauber. Und sie widersprechen auch der Energiestrategie 2050. Denn eines von deren Anliegen war, die Subventionen vollständig abzubauen. Weil Technologien im Wettbewerb miteinander den Markttest bestehen sollen. So die vom Volk angenommene Idee.

Doch die Energiestrategie beinhaltet auch ehrgeizige Ausbauziele für die Produktionskapazitäten erneuerbaren Stroms. Dieser Ausbau wurde nie umgesetzt. Er scheiterte an den langwierigen und teuren Bewilligungsverfahren. Die zahlreichen und noch teureren Einsprachen verzögern den dringend nötigen Ausbau noch mehr. Eigentlich verunmöglichen sie ihn.

Nachjustieren tut Not

Die – zugegeben unangenehme – Frage, die sich jetzt stellt, ist, ob man lieber die Subvention oder den Blackout nimmt. Erstere ist das kleinere Übel. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass die Energiestrategie 2050 aktualisiert werden muss. Insbesondere ist das Rahmenbewilligungsverbot für neue Kernkraftwerke zu überdenken. Im Nationalrat stehen gleich drei Anträge zu dessen Aufhebung zur Debatte. Ohne Kernkraft kann die Schweiz kaum Versorgungssicherheit aufrechterhalten und ihre Klimapolitik pflegen.

In der Vorlage sind auch verschiedene vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv angeregte oder unterstützte Ideen enthalten. Zum Beispiel die Vereinfachung und Straffung der Bewilligungsverfahren für Grosskraftwerke, oder auch der Ausbau der alpinen Photovoltaik. Es ist geradezu ironisch, dass diese, eines der Lieblingsprojekte von alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga, ausgerechnet von der SP bekämpft wird.

Nicht alles ist gut

Obschon die Vorlage viele Vorzüge hat, enthält sie derzeit noch grobe Patzer. Dazu gehört die Pflicht, dass neue Gebäude Solarstrom generieren müssen. Dazu gehören auch die Verbrauchsziele beim Strom. Eine grösser werdende, sich digitalisierende Gesellschaft braucht immer mehr Strom. Verbrauchsziele verbauen da die Zukunft.

Die Vorlage will alle Technologien fördern, doch sie ist nicht bei allen ausgeglichen. Einige, etwa Solar und Wasser, werden gegenüber anderen bevorzugt. Und dass die Aufhebung des Kernenergie-Planungsverbots nur in Minderheitsanträgen vorkommt, ist auch nicht das Beste.

Trotzdem ist die Vorlage wichtig. Denn die Schweiz braucht Strom. Ansonsten kommt sie in eine Strommangellage. Dieses Risiko ist real – und es muss mit realen Massnahmen gekontert werden.

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

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