Publiziert am: 14.04.2023

Aufwand wird entschädigt

Arbeitsmarktintegration – Wenn Flüchtlinge eine spezielle Einarbeitung benötigen,können Unternehmen finanzielle Zuschüsse beantragen. Die Migrationsämter in den Kantonen sind für deren Bewilligung zuständig.

Fauzieh Yaghoubi wollte endlich arbeiten. Die 36-jährige Afghanin war 2018 in die Schweiz geflüchtet. Bei Margrit Verdugo, Integrationsberaterin im regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) Wohlen, erhielt sie letztes Jahr die nötige Unterstützung und Begleitung bei ihrer Arbeitssuche.

Yaghoubis grösstes Handicap waren ihre geringen Deutschkenntnisse. Trotzdem gelang es Verdugo, ihr letzten Herbst ein einmonatiges Praktikum in der Hauswirtschaft in «Murimoos werken und wohnen» zu vermitteln. «Die Arbeit hat mir grosse Freude gemacht und ich wäre gern geblieben, es war aber keine Stelle frei», sagt Yaghoubi.

Knacknuss Kommunikation

Nach sechs Monaten bekam die Mutter von drei Kindern einen Anruf der Personalchefin von «Murimoos»: «Sie können bei uns arbeiten – 80 Prozent.» Yaghoubi freute sich riesig über das Jobangebot. Ihre Chefin Cécile Burkart erinnert sich: «Ich hatte zuerst Bedenken, da die Kommunikation im Praktikum eine grosse Knacknuss war.» Gearbeitet habe Yaghoubi immer sehr gut. Doch am Anfang mussten sie sich teilweise mit Händen und Füssen verständigen und es gab einige Missverständnisse.

Da der Aufwand für die Einarbeitung von Yaghoubi grösser als üblich ist, erhielt der Arbeitgeber «Murimoos» finanzielle Zuschüsse für Flüchtlinge. «Ich finde es sehr fair, dass der Mehraufwand entschädigt wird und man die nötige Begleitung erhält», sagt Burkart.

Vom Wischmopp biszur Zimmerreinigung

Zusätzlich besucht Yaghoubi einen individuellen branchenspezifischen Deutschkurs, den das Amt für Migration und Integration bezahlt. Dabei vermittelt ihr die Lehrerin branchenorientiertes Deutsch. «Fauzieh lernt Wörter wie Wischmopp, Putzmittel oder Zimmerreinigung, die für unsere tägliche Arbeit wichtig sind», erklärt Burkart. Ihr Deutsch sei mittlerweile schon viel besser geworden. Sie habe sogar keine Ferien nehmen wollen, aus Angst das gelernte Deutsch wieder zu verlernen. «Wichtig war, dass das ganze Team mitgeholfen hat», findet Burkart, «und dass wir auch mal zusammen Spass machen und lachen.» So gelinge die Integration.

Eine Chance fĂĽr alle

Yaghoubi mag ihre Arbeit in «Murimoos», ihre Chefin, ihr Team. In Afghanistan hat sie als Schneiderin Kleider genäht, nun reinigt sie Zimmer, Werkstätten und das Restaurant und macht die Wäsche der Bewohnerinnen und Bewohner. Auch Burkart ist zufrieden: «Fauzieh ist eine starke Mitarbeiterin – mit ihr haben wir die Nadel im Heuhaufen gefunden.»

Sie empfiehlt auch anderen Unternehmen, den Schritt zu wagen und einem FlĂĽchtling eine Chance zu geben, wenn es passt. Und ob es das tut, lasse sich gut bei einem Praktikum oder Arbeitseinsatz herausfinden.

Maria-Monika Ender,

Amt fĂĽr Wirtschaft und

Arbeit Kanton Aargau

Gut zu wissen

Das Pilotprojekt

«Finanzielle Zuschüsse zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen» heisst das Pilotprojekt, das der Bund 2021 ins Leben gerufen hat. Damit sollen von 2021 bis 2023 jährlich mindestens 300 Personen in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden. Wer Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene zu üblichen Arbeitsbedingungen anstellt, erhält während einer begrenzten Zeit finanzielle Zuschüsse – wenn ein ausserordentlicher Einarbeitungsbedarf vorhanden ist.

Zielgruppe sind Personen, die bereits Massnahmen wie Ersteinsätze oder Qualifikationsprogramme absolviert haben. Auch für Geflüchtete mit Schutzstatus S sind finanzielle Zuschüsse möglich. Die Migrationsämter in den Kantonen sind für die Bewilligung der Zuschüsse zuständig.Interessiert, einem Flüchtling eine Chance zu geben? Via QR-Code finden Sie die zuständige kantonale Stelle.

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