Publiziert am: 14.04.2023

Das Leben sicherer machen

SEDIMENTUM – Jährlich stürzen Millionen von (älteren) Menschen und benötigen danach rasche Hilfe. Das Zuger Start-up hat eine intelligente Lösung namens SAFE-living entwickelt, welche unter anderem kontaktlose Notfallmelder beinhaltet. Sie machen das Leben schutzbedürftiger Personen sicherer und autonomer. Nun steht der Start auf dem internationalen Markt bevor.

Jährlich stürzen weltweit über 16 Millionen Menschen zu Hause und benötigen deswegen eine rasche medizinische Versorgung. 82 Prozent der Stürze von älteren Menschen ereignen sich, wenn diese allein zu Hause sind. Obwohl ein Teil bereits heute ein Notrufsystem – beispielsweise einen Knopf – besitzt, wird dieses in 8 von 10 Fällen gar nicht getätigt: Die Personen sind nach einem Sturz entweder bewusstlos, können nicht mehr aufstehen oder kommen nicht an den Knopf heran. Gefährlich ist nicht nur der Sturz selbst, sondern auch der Zeitraum, bis Hilfe da ist. Eine rasche medizinische Versorgung kann nicht nur ernsthafte Komplikationen wie Thrombosen oder Muskel- und Gewebeschäden verhindern, sondern auch Langzeitschäden minimieren oder gar Leben retten. «So entstehen in der Schweiz Kosten von rund 1,8 Milliarden Franken, welche allein von Stürzen bei Senioren entstehen. Dies beinhaltet unter anderem Kosten für Heilung und Pflege», stellt Sandro Cilurzo fest. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu schätzt allerdings die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten von Stürzen bei Senioren auf rund 14 Milliarden Franken. Der demografische Wandel der Gesellschaft verschärft diese Problematik zusätzlich – wir werden immer älter. Bis 2050 wird sich die Zahl der Senioren weltweit auf über zwei Milliarden verdoppeln.

«Bei uns geht es um Sicherheit, deshalb machen wir keine Kompromisse.»

Cilurzo war in einer schweizerischen psychiatrischen Klinik für die Cyber Security verantwortlich und erhielt so hautnah Einblick in die Sturzthematik. Im Rahmen seiner Funktion war er zudem Mitglied eines Think Tanks, in welchem Kadermitglieder und Fachexperten aus dem Bereich Medizin und Pflege vertreten waren. «Es ist häufig eine Herausforderung, die Patienten- und Bewohnersicherheit über 24 Stunden hinweg lückenlos zu gewährleisten – auch im stationären Umfeld. Dabei waren Sturzereignisse ein wiederkehrendes Dauerthema.» Dieses anspruchsvolle und komplexe Problem liess ihn nicht mehr los und so gründeten er und Eugenie Nicoud 2019 in Zug zusammen mit zwei weiteren Kollegen das Start-up Sedimentum. Sie sind Mitglieder der dreiköpfigen Geschäftsleitung. Er als CEO und technisches «Mastermind», sie ist als COO für die operative Geschäftsführung verantwortlich.

«Relativ schnell ist uns aber klar geworden, dass Sturzereignisse nicht nur in stationären Betrieben ein Problem sind – zu Hause ist das Problem noch akuter», betont Nicoud. Gerade in den eigenen vier Wänden können Sturzunfälle gravierende Folgen haben – denn oft geschehen Sturzereignisse, wenn schutzbedürftige Personen allein sind. «Die konsistent hohe Nachfrage von Senioren und deren Angehörigen hat uns entsprechend bestätigt. Aus diesem Grund haben wir den Fokus auf den Privatkundenbereich gelegt, damit sturzgefährdete Personen ein autonomes, sorgenfreies und längeres Leben zu Hause führen können», erklärt Cilurzo.

Unkompliziert und ganzheitlich

So entwickelte das 17-köpfige Team von Sedimentum einen ausgeklügelten kontaktlosen Notfallmelder. «SAFE-living ist eine ganzheitliche Lösung, welche Sicherheit zu Hause bietet – nichts zu tragen, nichts zu vergessen und nichts zu betätigen. Kurz und bündig: Sicherheit zu Hause im Abomodell», so die innovativen Gründer. Verpackt als Rundum-sorglos-Paket, beinhaltet die Lösung so viele Notfallmelder wie ein Zuhause benötigt, eine professionelle Installation, die 24/7 Sedimentum Notrufzentrale sowie die intuitive App mit digitaler SOS-Notruffunktion für unterwegs und mit zusätzlichen Funktionen auch für Angehörige. SAFE-living ist unkompliziert, anwenderfreundlich und ganzheitlich: In mindestens drei Wohnbereichen wird ein Notfallmelder an der Decke installiert. Mit nur drei Notfallmeldern ist die gesamte Wohnung oder das ganze Haus geschützt – eine flächendeckende Abdeckung ist nicht notwendig. «Dies ist nur möglich, weil die Notrufmelder kontinuierlich und intelligent zusammenarbeiten.» Die SAFE-living-Notfallmelder erheben kontaktlos und automatisch Bewegungsaktivitätswerte, die verschlüsselt und in Echtzeit an die Software von Sedimentum übermittelt werden. Sollte es dann zu Hause zu einem kritischen Ereignis kommen (beispielsweise Sturzereignis), dann holen die Melder automatisch Hilfe – notabene, ohne dass die Bewohnerin oder der Bewohner etwas dabei tragen oder betätigen muss.

Komplett «Swiss made»

Bis heute gab es keine zuverlässige und intelligente technische Lösung, die eine «echte» Notfallerkennung betreibt. «Zuverlässig Notfälle kontaktlos zu erkennen, ist eine anspruchsvolle Disziplin. Unsere Lösung basiert auf einer eigens entwickelten KI-Technologie, welche beispielsweise eine Fitnessübung von einem Sturz unterscheiden kann und auch bei anderen potenziellen kritischen Situationen Hilfe holt», konkretisiert Cilurzo. Ein weiterer Vorteil von SAFE-living ist, dass dieses kontaktlos wie auch automatisiert funktioniert – es braucht keine Akkuladungen und die Nutzer müssen nichts an sich tragen und all dies ohne Kamera und ohne Mikrofon. «Mit der SAFE-living Lösung können zum Beispiel Seniorinnen und Senioren länger sicher und selbstbestimmt leben. Dies bringt für die Angehörigen, aber auch für die Bewohner mehr Gelassenheit», so Nicoud. Die App bietet zusätzliche Funktionen für die SAFE-living Nutzer an. Die SAFE-living Lösung ist in zahlreichen Schweizer Privathaushalten installiert und die Notfallmelder werden zurzeit alle in der Schweiz entwickelt und hergestellt. Dabei hat das Sedimentum-Team hohe Qualitätsansprüche: «Bei uns geht es um Sicherheit, deshalb machen wir keine Kompromisse», betonen die beiden Firmengründer. Durch die global einzigartige Innovation, das ausgeprägte Kunden- und Marktverständnis und die Agilität bleibt das Start-up wettbewerbsfähig. Dank harter Arbeit, viel Geduld, einer grossen Frustrationstoleranz und einer Portion Glück, im richtigen Moment die richtigen Leute kennenzulernen, ist es der jungen Geschäftsleitung gelungen, Stiftungen und Investoren von ihrer Idee zu überzeugen.

«Als First-Time-Founders muss man sich das Netzwerk zuerst erarbeiten, was viel Zeit beansprucht.»

So konnten sie mehrere Finanzierungsrunden erfolgreich abschliessen. «Als First-Time-Founders muss man sich das Netzwerk zuerst erarbeiten, was viel Zeit beansprucht. Wir haben etliche Gespräche geführt und natürlich auch Absagen erhalten. Wir sind jedoch von unserer Vision überzeugt und blieben immer hartnäckig.» Diese Beharrlichkeit hat sich schlussendlich bewährt. «Das war jedoch erst der Anfang, der Weg, der noch vor uns liegt, ist steinig und lang, aber wir freuen uns auf jeden einzelnen Schritt», sagt Cilurzo.

Sedimentum hat sich bereits einen Namen gemacht, wurde mehrmals ausgezeichnet und arbeitet mit diversen Partnern zusammen. So können sich neue Interessenten bei verschiedenen Partnern wie der Pro Senectute Zug oder dem Schweizerischen Roten Kreuz Kanton Aargau direkt über die SAFE-living-Lösung von Sedimentum beraten lassen. Das Start-up ist in einem kompetitiven Umfeld tätig, dazu werden zahlreiche finanzielle und zeitliche Ressourcen benötigt und die Start-up-Strukturen erfordern für das ganze Team ein hohes Mass an mentaler Flexibilität. «Wir sind nun in der Marktbearbeitungsphase», sagt Nicoud. Einer der nächsten Schritte ist die internationale Expansion. «Wir adressieren ein globales Problem und möchten weltweit das Leben sicherer machen», so das Ziel der beiden Jungunternehmer, die noch viele Pläne haben.

Corinne Remund

www.sedimentum.com

INTERNATIONALER MARKT

Consumer Electronics Show in Las Vegas

Die Chamer Jungunternehmer sind vier Jahre nach der Gründung von Sedimentum auf dem Weg in den internationalen Markt. Ein wichtiger Meilenstein dazu ist die Teilnahme an der diesjährigen Consumer Electronics Show (CES) im Eurekapark im Januar 2023 in Las Vegas. Das Start-up konnte damit seine Notruflösung SAFE-living erstmals einem internationalen Publikum vorstellen und gehört somit zu einer Handvoll auserlesener Schweizer Start-ups, die dort ausstellten. «Dies war für uns eine grosse Ehre. Es war für uns wichtig zu sehen, wo wir im internationalen Wettbewerb stehen», erklärt CEO Sandro Cilurzo und COO Eugenie Nicoud ergänzt: « Dies hat uns bestätigt, dass wir auf den richtigen Weg sind und auch international ein grosses Bedürfnis adressieren.»

Die Consumer Electronics Show hat sich in den letzten 50 Jahren zum weltweiten Schauplatz fĂĽr Innovationen und bahnbrechende Technologien der Unterhaltungs- und Elektronikbranche etabliert. Hier treffen Innovationen von morgen auf den Markt, Investoren und Experten. Die CES in Las Vegas ist die internationale BĂĽhne fĂĽr bekannte Brands wie auch fĂĽr aufstrebende Start-ups und der Treffpunkt der Tech-Industrie. CR

www.ces.tech

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