Publiziert am: 14.04.2023

Innovativ und ökologisch

CARROSSERIE SUISSE – Das Carrosseriegewerbe bewegt sich in einem dynamischen Umfeld: Fachkräftemangel, Energiemangellage und Lieferengpässe sind zurzeit grosse Herausforderungen. Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und viel Innovation zeigt die Branche mit dem neuen Nachhaltigkeitslabel «green car repair».

Das Carrosseriegewerbe hat in den letzten Jahren eine rege Entwicklung durchgemacht. Dies einerseits auf der technischen Seite mit neuen Techniken der Fahrzeuge, komplexeren Materialien sowie neuen Mischbauarten. Zudem nimmt gemäss Daniel Röschli, Direktor carrosserie suisse, der Wettbewerbsdruck – auch im Zusammenhang mit ausländischem Standardbau – im Nutzfahrzeugsektor stark zu: «Diese Nische wird immer enger.» Andererseits steigt der administrative Aufwand immer mehr. «Die Administration wird von Versicherungsseite zu den Betrieben delegiert. Und für die Schadensabwicklung nutzen Versicherungen zunehmen die Möglichkeit der Digitalisierung.»

Die carrosserie suisse Fachbetriebe heben sich ab durch gute Struktur und Gesamtbild sowie durch ein anspruchsvolles Anforderungsprofil, das den Kundenbereich, Personal, Infrastruktur etc. umfasst. Grössere Betriebe zeichnen sich als Eurogarantbetriebe aus. Sie sind noch professioneller und breiter aufgestellt und erfüllen noch höhere Standards. Auch die Anforderungen an die Carrossiers haben sich massiv verändert: «Heute wird schon lange nicht mehr nur Blech bearbeitet. Jede Stossstange verfügt über Sensoren. Ohne Diagnosegerät und Know-how bezüglich Elektrik und Elektronik geht gar nichts mehr», stellt Röschli fest. Auch die Schadensthematik hat sich gewandelt. «Ein mittlerer Schaden bei einem günstigen Auto wird von der Versicherung schnell zum wirtschaftlichen Totalschaden deklariert. Denn der Werkplatz Schweiz ist teuer», so Röschli. Auf der anderen Seite hilft die Digitalisierung mit intelligenten Fahr- und Assistenzsystemen, die Schadensquote zu vermindern. Da infolge der Lieferengpässe Ersatzteile teilweise schlecht verfügbar sind, wird viel mehr repariert. «Dies bedingt unter anderem, dass wir auch bei unseren Qualifikationsverfahren flexibel sein müssen, da die benötigten Mengen an Ersatzteilen nicht garantiert werden», stellt Röschli fest. Ebenso wälzen sich die hohen Energiekosten auf die Materialkosten ab. «Beispielsweise für Lacke sind die Preise stark gestiegen. Aber auch Trocknungsanlagen sind sehr energieintensiv, sodass viele Betriebe bei ihren Basiskalkulationen Zuschläge machen müssen», sagt Röschli.

Auf Augenhöhe informieren und ausbilden

Die Berufsbildung ist ein Kernthema des engagierten Verbands. Rund 600 Lernende starteten 2021 in einem der 5 Lehrberufe – Carrosserielackierer/-in EFZ, Carrosseriespengler/-in EFZ, Carrosseriereparateur/-in EFZ, Fahrzeugschlosser/-in EFZ oder Lackierassistent/-in EBA. «Aktuell haben wir 2000 Lehrverhältnisse. Bei den Carrosserielackierern haben wir einen Frauenanteil von rund 20 Prozent», so Röschli. Entsprechend vielfältig sind dann die Weiterbildungsmöglichkeiten im dualen Bildungssystem bis hin zum Betriebsleiter/-in Carrosserie oder Bachelorabschluss in Automobiltechnik.

Leider ist es immer schwieriger, Lernende zu finden, und es können nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden: «Gerade die sogenannte Generation Z ist etwas anspruchsvoller und unsere Betriebe sind gefordert, hier einen Weg zu finden und aktiv die Rekrutierung des Nachwuchses an die Hand zu nehmen.» Es ist schwierig, Nachwuchs für Handwerker zu finden. Röschli führt dies auch auf den Trend zur Akademisierung wie auch auf falsche und veraltete Vorstellungen bezüglich der Carrossier-Berufe zurück. Eine wichtige Rolle in der Nachwuchssuche ist die Präsenz des Carrosseriegewerbes auf der nationalen und internationalen Bühne wie an den Berufsmeisterschaften SwissSkills in Bern. «Diese ist eine ausgezeichnete Plattform, unsere Berufe in einem guten Licht einer breiten Öffentlichkeit vorstellen zu können. Hier können die Jungen unsere Berufe selbst ausprobieren und sie werden so zum Erlebnis.»

Die Carrosseriebranche hat auf Initiative des früheren Geschäftsführers Thomas Rentsch das erfolgreiche Label «Top-Ausbildungsbetriebe» (TAB), ein innovatives Bildungsprojekt, lanciert. Das Zertifikat «TOP-Ausbildungsbetrieb»(TAB) zeichnet branchenübergreifend Unternehmen aus, die sich besonders intensiv bei der Ausbildung von jungen Menschen engagieren. Das tun sie, indem sie sich mithilfe von TAB kontinuierlich weiterentwickeln und dadurch ihre Lernenden auf dem Weg ins Berufsleben optimal begleiten. Mittlerweile haben sieben Branchenverbände das Label übernommen. «Wichtig ist, mit den Lernenden ein gemeinsames Ziel zu haben, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten und mit einem langfristigen Fokus auszubilden», sagt Röschli. Gerade in Bezug auf den Fachkräftemangel – der zusammen mit den hohen Energiekosten und den Lieferengpässen zu den grössten Herausforderungen der Branche zählt – braucht die Wirtschaft Leute, welche die Fähigkeit haben, sich mit einer Problemstellung auseinanderzusetzen und selbstbewusst und eigenverantwortlich Lösungen zu finden. «Sie müssen auch in unserer schnelllebigen Zeit flexibel mit einer neuen Situation umzugehen wissen», so Röschli.

Für die Zukunft will carrosserie suisse weiterhin am Puls der Zeit bleiben und die zahlreichen Herausforderungen des Hightechzeitalters wie beispielsweise die Elektrifizierung der Fahrzeuge oder neue Vertriebsmodelle meistern. CR

www.carrosseriesuisse.ch

www.topausbildungsbetrieb.ch

DAS MACHT CARROSSERIE Suisse

Carrosserie Suisse wurde 1919 gegründet. Damals schlossen sich die Kutschen- und Wagenbauer zusammen, um mehr Schlagkraft zu generieren, gerade auch im Zusammenhang mit einheitlichen Preistarifen. Der Schweizerische Carrosserieverband VSCI vollzog am 1. Januar 2021 den Namenswechsel zu Carrosserie Suisse und signalisierte so die landesweite Verbundenheit. In dem Verband sind rund 850 Betriebe in der gesamten Schweiz organisiert, welche sich in die Bereiche Nutzfahrzeuge und Personenwagen gliedern. Die meisten Mitglieder sind KMU mit einem bis zehn Beschäftigten. Die Mitgliederbetriebe beschäftigen rund 6400 Berufsleute und bilden über 1900 Lernende in 5 Lehrberufen aus. Die rund 14 500 Arbeitnehmenden der Branche arbeiten mehrheitlich als Carrossiers und Autolackierer. Der Branchenverband setzt sich für einen starken Auftritt seiner Mitglieder auf dem Schweizer Markt ein. Aktive Sektionen als Bindeglied zwischen Mitgliederbetrieben und Branchenverband gewährleisten den Draht zur Basis.

Der Branchenverband unterstützt seine Mitglieder mit Dienstleistungen rund um die Berufsbildung, Qualitätsförderung, Arbeitgeber- und Umweltfragen, Versicherungen, technische und betriebswirtschaftliche Themen sowie Öffentlichkeitsarbeit. In diesen Bereichen legt er die Rahmenbedin- gungen fest. Er pflegt den Dialog mit Behörden sowie politischen Instanzen der Wirtschaft und arbeitet mit Fachverbänden und weiteren Partnern zusammen.

CR

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