Publiziert am: 12.05.2023

Ausgaben in den Griff bekommen

Bundesfinanzen – Der Bund ist verschuldet wie noch nie. Coronakrise, Axpo-Rettungsschirm und Liquiditätskredite für die Credit Suisse zeigen, dass keine Besserung in Sicht ist. Und da der Kampf gegen die Inflation noch nicht vollständig gewonnen ist, wird der Bund weiter stark unter Druck geraten.

Die Schulden des Bundes erreichten im letzten Jahr 120 Milliarden Franken. Es sind die höchsten Schuldenstände in Friedenszeiten. Normalerweise führt insbesondere der Kriegszustand zu riesigen Ausgaben. Allerdings scheint sich dieser «Schulden-Zug» nicht zu verlangsamen: Da waren die Covid-19-Krise mit den Hilfen für Unternehmen, dann der Rettungsschirm für die Axpo und nun die Kredite zur Sicherung der Liquidität der Credit Suisse.

Mit den Liquiditätskrediten, die der SBB zur Verfügung gestellt werden, muss die Eidgenossenschaft ein weiteres Problem lösen. Sie arbeitet daran, und es ist richtig, dies jetzt zu tun – besser spät als nie. Hierzu muss man wissen, dass die SBB mit elf Milliarden Franken verschuldet ist.

Beträchtliches Ausmass

Das Unternehmen kann insbesondere auf die Liquiditätsdarlehen des Bundes zurückgreifen. Es sei jedoch angemerkt, dass diese Darlehen nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden und sich deshalb nicht direkt auf die Bundesfinanzen auswirken. Das Problem ist, dass diese Liquiditätsdarlehen mittlerweile ein beträchtliches Ausmass angenommen haben. Von fast unbedeutenden Darlehen im Jahr 2008 sind diese auf fast 4,45 Milliarden Franken angewachsen (vier Milliarden langfristig und 450 Millionen kurzfristig). Diese Kreditlinien entziehen sich vollständig der Schuldenbremse. Die der SBB vom Bund gewährten Darlehen werden laufend erneuert. Es handelt sich also um eine Erhöhung der Bruttoschulden des Bundes, die ausserhalb der Schuldenbremse liegen.

Es stellt sich die Frage, ob es bald weitere Probleme geben wird, bei denen der Bund einspringen und Liquidität oder Hilfe bereitstellen muss. Der Bund sollte unbedingt versuchen, seine Ausgaben wieder in den Griff zu bekommen, um deren Entwicklung zu kontrollieren, da sonst die finanzielle Reaktionsfähigkeit der Behörden nicht mehr gegeben ist. Die Krisen haben jedoch gezeigt, dass man über eine finanzielle Reserve verfügen muss, um handeln zu können, ohne dass die Kosten für das eigene Handeln steigen. Denn ein Anstieg der Schulden bedeutet auch einen Anstieg des Schuldendienstes. Es ist klar, dass sich der Schuldendienst des Bundes unter dem Druck der Negativzinsen weitgehend verringert hat. Das ging sogar so weit, dass es dem Bund Geld einbrachte, Schuldtitel mit den negativen Zinssätzen auszugeben.

Private Schulden berĂĽcksichtigen

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv ist davon überzeugt, dass der Anstieg der Zinssätze eine Reihe von bösen Überraschungen für Teile der Wirtschaft mit sich bringen wird, die sich leider an zu tiefe Zinssätze gewöhnt haben. Konkret haben die niedrigen Zinssätze Investitionen gefördert, die sich bei höheren Zinssätzen als nicht rentabel erweisen würden. Es ist bereits erkennbar, dass die Regionalbanken unter enormen Druck zwischen den Krediten geraten, die sie zu niedrigen Zinsen vergeben haben, während sie sich nun mit Refinanzierungslinien konfrontiert sehen, deren Zinsen steigen. Da der Kampf gegen die Inflation noch nicht vollständig gewonnen ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Bund unter starken Druck geraten wird. Vor diesem Hintergrund ist es umso bedauerlicher, dass in der Bundesverwaltung Stimmen laut werden, die eine höhere Verschuldung der Schweiz befürworten, um zusätzliche Ausgaben wie den Wiederaufbau der Ukraine zu bewältigen. Das Argument lautet, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern nicht so hoch verschuldet ist. Es ist jedoch zwingend notwendig, die Gesamtverschuldung der Schweiz im Blick zu behalten und auch die privaten Schulden zu berücksichtigen.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

Meist Gelesen