Publiziert am: 12.05.2023

Ein Leben für Harmonie und Ästhetik

KUNSTHANDEL GABERTHÜEL – Therese Gaberthüel bringt in ihrem Fachgeschäft für Buchbinderei, Einrahmungen und Kunst-handel mitten in der Zofinger Altstadt mit dem passenden Rahmen Bilder zum Blühen. Mit viel Herzblut, Passion und Kompetenz übt sie ein Leben lang dieses Kunsthandwerk aus. Ende Jahr richtet sie ihren Blickwinkel neu aus und schliesst ihr Geschäft.

Sie möchten ein Bild einrahmen, das keinem Standardmass entspricht? Dann sind Sie im Fachgeschäft für Buchbinderei und Einrahmungen von Therese Gaberthüel im wahrsten Sinne des Wortes goldrichtig. Das Geschäft in der Zofinger Rathausgasse ist ein wahres Juwel – für Kunstliebhaber und Bücherwürmer und alle, die begeistert sind von historischen, schönen Kunstwerken. Bereits die Schaufenster des Kunsthandels Gaberthüel sind ein Blickfang und laden zu einer Reise durch die breit gefächerte Kunstgeschichte ein. Das sympathische Klingeln der Ladenglocke, ein fantastischer Kronleuchter und mitten in der bunten Rahmen- und Bilderwelt begrüsst sie – gepflegt, immer exquisit gekleidet, strahlend und kompetent – die Kundinnen und Kunden. Jeder realisiert auf den ersten Blick, wie sehr sie ihr Geschäft und vor allem ihr Metier liebt und mit wie viel Herzblut sie ihre Kundschaft berät und betreut. «Nach 48 Jahren habe ich immer noch jeden Tag grosse Freude an meinem Beruf», sagt Gaberthüel. «Besonders der Kundenkontakt sowie die sorgfältige Arbeit beim Einrahmen der Kunstwerke liegen mir am Herzen.»

Die Zofingerin absolvierte 1975 ihre Lehre als Vergolderin bei der Firma A. Stadelmann AG, die bekannt ist als führende Schweizer Herstellerin von Holzbilderleisten und ebenfalls zu ihren Lieferanten gehört. Danach arbeitete sie im elterlichen Geschäft mit. 1990 übernahm sie den Betrieb und führte ihn bis heute erfolgreich weiter. «In Spitzenzeiten beschäftigte ich bis zu fünf Angestellte», so Gaberthüel.

Wiedergeburt alter Bücher

Was 1967 – damals an der Schulhausstrasse – in der väterlichen Buchbinderei begonnen hat, hat sich im Laufe der Jahre auf die beiden Standbeine Einrahmungen und Kunst verlagert. «Mit Daniela Vock beschäftige ich immer noch eine gelernte Buchbinderin. Doch dieser Geschäftsbereich hat in den letzten Jahren stagniert.» Noch immer lassen Kunden ihre Lieblingsbücher in individuelle Bücherumschläge binden, oder uralte Raritäten und Sammlungen restaurieren. Dabei werden in der Zofinger Buchbinderei die alten Bücher, die auseinanderzufallen drohen, mit viel Liebe zum Detail repariert: Entstandene Eselsohren werden ganz fürsorglich wieder in die richtige Position gebracht, abgerissene Seiten wieder ganz gezaubert und als letzter Schliff, das Cover mit einem neuen Einband instand gestellt.

«Nach 48 Jahren habe ich immer noch jeden Tag grosse Freude an meinem Beruf.»

Auch Fotoalben werden professionell gebunden. In jeder beliebigen Schrift oder mit Goldprägung kann das Album am Schluss auf Wunsch noch veredelt werden. Ebenso lassen Gemeinden von Gaberthüel die Rechnungen binden. Ein spezieller Auftrag war die Restauration eines Kräuterbuchs aus dem 16. Jahrhundert: «Hier mussten wir in akribischer Kleinarbeit sämtliche Wurmlöcher flicken.» Mit einem entsprechenden Maschinenpark mit 20- bis 100-jährigem Buchbinderwerkzeug sowie einem grossen Materiallager mit verschiedensten Materialien wie Leder, Pergament, Gewebe etc. ist der 220 Quadratmeter grosse Betrieb bestens ausgerüstet. Das Herzstück ist eine Vergolderpresse zum Vergolden von Ledereinbänden.

Mit viel Herzblut und Kreativität

Die 64-Jährige ist eine Macherin. Die Kreativität liegt ihr im Blut. Ebenso hat sie ein ausgeprägtes Faible für Formen, Farben, Materialien und verfügt über das entsprechende Fingerspitzengefühl, das richtige Augenmass und eine grosse Portion Geduld, um sorgfältig und genau zu arbeiten. Sei es beim Vergolden – das die innovative Geschäftsfrau nur noch vereinzelt praktiziert – oder bei den Einrahmungen. In ihrem Rahmenatelier erhält jedes Bild den passenden Rahmen. Aufziehservice und Passepartout-Schneiden runden das Angebot ab. Dabei steht eine Vielzahl von Rahmen in den unterschiedlichsten Ausführungen zur Auswahl. Ob vergoldet, lasiert oder patiniert – die erfahrene Fachfrau findet unter den vielen Musterwinkeln immer den passenden Rahmen. Dazu gehört hochstehende Handwerkskunst, welche im Aargauer Einrahmungsatelier angeboten wird.

Als hoch qualifizierte, ausgebildete und erfahrene Einrahmerin kümmert sich Gaberthüel mit grosser Sorgfalt und handwerklichem Geschick um die Bilder ihrer Kundschaft: «Wir rahmen alles – vom einfachen Poster, exquisiten Lithografien über Souvenirs bis hin zu teuren Gemälden», und sie ergänzt: «Bilderrahmen geben dem Bild und seiner Umgebung den ganz bestimmten Charakter.» Gaberthüel ist nicht nur eine begnadete Praktikerin, sondern auch kompetente Beraterin. Mit viel Herzlichkeit, Menschenkenntnis und einem Auge für das Schöne berät sie ihre Kundinnen und Kunden aus der ganzen Schweiz.

«Es liegt mir am Herzen, individuell auf den Kunden einzugehen.»

Ihre peppige, coole und unkonventionelle Art kommt bei der Kundschaft sehr gut an. «Es liegt mir am Herzen, individuell auf den Kunden einzugehen und mit ihm eine nachhaltige, optimale Lösung zu finden. Schliesslich sollen die Rahmen ein Leben lang halten und erfreuen», meint Gaberthüel lächelnd. Hohe Fachkompetenz, Qualität und Wertigkeit haben für sie oberste Priorität. So bezieht sie ihre Rahmen aus zwei Schweizer Rahmenfabriken. «Nachhaltigkeit ist wichtig. Ich verwende nur hochwertige, säurefreie und alterungsbeständige Materialien und einheimische Hölzer.»

Ihrem Leben einen neuen Rahmen geben

Doch leider geht die Ära an der Zofinger Rathausgasse dem Ende entgegen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge schliesst Therese Gaberthüel nach insgesamt 56 Jahren im Business Ende Oktober ihr Geschäft. «Es fällt mir schwer, meine grosse Leidenschaft an den Nagel zu hängen. Mein Metier und mein Geschäft sind mein Leben. Aber es ist Zeit, sich um mich und meine Bedürfnisse zu kümmern.» Gerne hätte Gaberthüel «ihr Baby» einem Nachfolger übergeben. «Es ist schwer, jemanden zu finden, der genug flexibel ist und über das ausreichende Fachwissen sowohl in der Buchbinderkunst als auch bezüglich Einrahmungen verfügt.» Viele der Maschinen sind bereits verkauft. Die Bilder werden mit 30 bis 50 Prozent Rabatt verkauft. Auf Einrahmungen aus dem Lagerbestand werden ebenfalls 20 Prozent gewährt. Dennoch schaut Gaberthüel positiv in die Zukunft und freut sich, ihrem künftigen Leben einen neuen Rahmen zu geben. Sie hofft, dass das schöne Handwerk der Vergolder/-in und Einrahmer/-in auch künftig Bestand hat. Corinne Remund

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