Der Bundesrat hat am 24. Mai in seiner Botschaft an das Parlament beschlossen, die Werbung für Tabakwaren und elektronische Zigaretten in den Medien vollständig zu verbieten, zu denen Jugendliche Zugang haben. Mit der Botschaft will er die am 13. Februar 2022 vom Volk mit einem Ja-Stimmenanteil von 56,7 Prozent angenommene Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» umsetzen.
Der Titel des Begehrens tönte einigermassen harmlos, und für eine Mehrheit der Bevölkerung wohl logisch und ziemlich akzeptabel. Denn er erweckte den Eindruck, dass sich der Kampf lediglich auf Werbung konzentrieren würde, die explizit auf Jugendliche abzielt: Also auf Minderjährige, die gesetzlich schon heute gar nicht berechtigt sind, Tabakprodukte oder elektronische Zigaretten zu kaufen. Wer keine Möglichkeit zum Kauf hat, für den braucht es auch keine Werbung, so der ebenso logische wie auch verfehlte Schluss.
Vollständige Verbannung
Das Problem in diesem Fall ist jedoch die Definition der Orte und Medien, zu denen die Jugendlichen Zugang haben. Der Bundesrat möchte alle Printmedien, Festivals, aber auch das Internet unter bestimmten Bedingungen unter das Verbot stellen. Die Werbung von Tabakunternehmen wird also vollständig verbannt.
Besonders übertrieben ist dies bei den gedruckten Medien. Als ob Minderjährige zum Beispiel massenweise «Qualitätszeitungen» lesen würden, die sich an ihre älteren Geschwister oder Erwachsenen richten. Selbst die Initianten inter-pretierten ihren Verfassungstext rund um den Abstimmungstermin so, dass Werbung in einer «Qualitätszeitung» mit erwachsenem Publikum weiterhin erlaubt bliebe. Das ist dem Bundesrat jedoch völlig egal. Dies wiederum ist demokratiepolitisch äusserst fragwürdig.
Im Onlinebereich müssen Verfahren eingeführt werden, die sicherstellen, dass Jugendliche überhaupt keinen Zugang mehr zu Tabakwerbung haben. Dies bedeutet eine Bevormundung der Produzenten unter dem Vorwand, die Jugend schützen zu wollen.
Geschäftsgeheimnis ausgehebelt
Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass die Tabakindustrie sogar ihre Werbeausgaben offenlegen muss. Auch hier überbordet der Bundesrat. Denn das hat überhaupt nichts mehr mit Jugendschutz zu tun, und zielt nur darauf ab, eine bereits stark regulierte Industrie unter die totale Kontrolle der Präventionslobby zu bringen. Geschäftsgeheimnis und unternehmerische Freiheit werden mit einem Schlag ausgehebelt.
Zudem stellt sich die Frage, was die Behörden mit diesen Zahlen konkret anfangen wollen. Wollen sie Untersuchungen oder öffentliche Schauprozesse durchführen, wenn sich herausstellt, dass die Marketingausgaben höher sind als erwartet? Ausserdem öffnet diese Regelung verschiedenen Organisationen Tür und Tor, mit den Zahlen zu jonglieren und sie in ihrem Sinne künstlich hochzurechnen, um zusätzlich Stimmung zu machen. So rechnet zum Beispiel die Beobachtungsstelle zu den Marketingstrategien für Tabakprodukte in der Westschweiz selbst die Ausgaben der Öffentlichkeitsarbeit noch zu den Werbe- und Marketingausgaben hinzu.
Umstieg auf E-Zigaretten
Die Tabakindustrie braucht jedoch ein Minimum an Werbung, damit sie die Raucher von den herkömmlichen, schädlicheren Zigaretten zum Umsteigen auf weniger schädliche, neuere Produkte wie den E-Zigaretten bringt. Die Befürworter rigoroser Verbote blenden diesen Sachverhalt komplett aus. Und erweisen damit genau jener Volksgesundheit absurderweise einen Bärendienst, die ihnen scheinbar dermassen am Herzen liegt.
Die Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik (AWMP) prangert diese Art von Prävention an, die völlig übertrieben und aus dem Ruder gelaufen ist. Der Mensch – und ja, idealerweise auch der junge Mensch – ist frei, und selbst verantwortlich für sein Verhalten und seinen Konsum. Umso schlimmer, dass die modernen Kreuzzüge nicht bei Tabakprodukten haltmachen, sondern immer weitere Kreise ziehen, zum Beispiel mit Angriffen auf Zucker, Salz, zu «fettige» Produkte usw. (vgl. Artikel unten). Wird dieser «Verbotitis» nicht Einhalt geboten, so weitet sie sich immer weiter aus. Dagegen setzt sich die AWMP zur Wehr.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv und Geschäftsführer AWMP
www.awmp.ch