Publiziert am: 02.06.2023

Nebst vielen Chancen auch Risiken

CHANCE UKRAINE – Das Lugano Business Forum von Mitte März brachte Unternehmer aus der Ukraine und der Schweiz zusammen, um über den Wiederaufbau und die Entwicklung des kriegsversehrten Landes zu diskutieren. «Die Ukraine kann zu einer grossen unternehmerischen Chance werden», sagte Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi in Lugano.

«Ein voller Erfolg»: So beurteilt Dmytro Sidenko die diesjährige Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine. Der Präsident der Ukranian Swiss Business Association (USBA) kann zu Recht stolz sein. Ihm ist etwas Einmaliges gelungen.

Grundstein schon 2022 gelegt

Doch machen wir einen Schritt zurück: Im Juli 2022 organisierte die Schweiz in Lugano die erste Ukraine Recovery Conference. Diese brachte die internationale Gemeinschaft an einen Tisch, um über die Finanzen und Prinzipien der Wiederaufbauhilfe zu diskutieren. Die Schweizer Diplomatie – das Eidgenössische Departement des Äussern EDA – brachte es fertig, ein gemeinsames Verständnis für alle Beteiligten zu entwickeln.

Klare Verpflichtungen zu Transparenz, Grundrechten inklusive Eigentumsschutz, Demokratie und Kampf gegen die Korruption wurden vor knapp einem Jahr im Tessin vereinbart. Dass auch die Lose der Wiederaufbauarbeit möglichst klein sein sollten, um auch KMU einzubeziehen, ist ein weiterer Grundsatz. Diese Punkte werden dieses Jahr an einer weiteren Ukraine Recovery Conference in London diskutiert.

«Unternehmer, vernetzt euch»

Jeder Wiederaufbau und jede Entwicklung eines Landes braucht Unternehmerinnen und Unternehmer. Also muss es auch das Ziel sein, diese zu vernetzen. Die USBA hatte sich für den diesjährigen Anlass vorgenommen, Unternehmen aus der Ukraine mit solchen in der Schweiz und Europa zu vernetzen.

Das ist gelungen: Im ersten Lugano Business Forum vom 11. und 12. Mai trafen sich über 400 Unternehmen zum Austausch und zur gemeinsamen Erarbeitung von möglichen Projekten für den ukrainischen Wiederaufbau. Das Forum wurde unterstützt vom Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft SECO und vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv.

In seiner Eröffnungsrede forderte sgv-Präsident und Nationalrat Fabio Regazzi: «Vernetzen Sie sich. Die Ukraine kann zu einer grossen unternehmerischen Chance werden. Doch ergreifen muss sie jede und jeder selbst. Umso einfacher geht dies, wenn es Partner vor Ort gibt.»

Die Ukraine besser machen

Co-Organisator und Unternehmer Michael Chobanian, Präsident der Blockchain Association of Ukraine, legt seine Sicht dar: «Die Ukraine wird zum liberalen Staat. Wir leiden unter dem Totalitarismus und dem Kollektivismus Russlands. Wir haben es verstanden: der Liberalismus der Schweiz ist der Weg für uns. Wir müssen nur zeigen, was die geballte Macht der KMU kann, um die Ukraine besser zu machen.»

«Wer sich in der Ukraine engagiert, muss mit den landestypischen Risiken umgehen können.»

Versteckt in seiner Botschaft lag aber auch eine wichtige Ermahnung. Die Ukraine ist noch kein liberaler Rechtsstaat, und auch keine liberale Marktwirtschaft. Wer sich dort unternehmerisch engagiert, muss mit den landestypischen Risiken umgehen können. Und die sind nicht ohne.

In verschiedenen Podien mit schweizerischen und ukrainischen Unternehmerinnen und Unternehmern wurden diese Risiken vertieft.

Sie betreffen vor allem die Rechtssicherheit und die Staatsbürokratie. Sie betreffen aber nicht die Qualität der Fachkräfte oder die IT-Infrastruktur. Ein Schweizer Teilnehmer, selbst in der Ukraine tätig, kommentierte das trocken: «Ohne die Arbeitseinstellung der Menschen und die IT-Infrastruktur hätten die Ukrainer den Krieg schon längst verloren.»

Henrique Schneider, Stv. Direktor sgv

www.ukraine-swiss.ch

Meist Gelesen