sgv begrüsst die Stossrichtung des Berichts zur Aufgaben- und Subventionsprüfung
«Ohne uns weder Bau noch Industrie»
SSHV – In der Stahl- und Haustechnikhandelsindustrie weht mit Lieferengpässen, teuren Energiekosten und einem grossen Margendruck ein rauer Wind. Dennoch zeigt sich die Branche mit Recyclingprodukten und einer modernen Aus- und Weiterbildung innovativ. Der Verband fordert auf politischer Ebene gleich lange Spiesse und ein griffiges Konzept für eine sichere Energieversorgung.
Die Stahl- und Haustechnikindustrie bewegt sich in einem dynamischen Umfeld und hat in den letzten Jahren einen starken Strukturwandel durchlaufen. Die Zahl der Unternehmen hat sich durch Fusionen, aber auch durch Geschäftsaufgaben verringert, während die Unternehmen stetig gewachsen sind. «Gleichzeitig haben wir einen grossen Margendruck, wodurch die Mitarbeiterzahl der gesamten Branche bei gleichbleibendem Output spürbar abgenommen hat», stellt Andreas Steffes, Geschäftsführer Schweizerischer Stahl- und Haustechnikhandelsverband SSHV, fest.
«Die Energiestrategie ist LEIDER gescheitert. Der beschlossene Zubau wird zudem nicht im geplanten Ausmass stattfinden.»
Das Angebot verändere sich immer wieder. «Höherfeste Stähle, die helfen, den Materialeinsatz zu reduzieren, haben sich vor einiger Zeit durchgesetzt.» Ein immer wichtigerer Trend sind ökologischere Stähle. «Wir bieten in vielen Bereichen seit Jahren nur Recyclingstähle an, die in der Regel bereits mehrfach den Recyclingkreislauf durchlaufen haben. Dort, wo das in der Vergangenheit nicht der Fall war, erhöhen sich die Recyclinganteile mittlerweile kontinuierlich», so Steffes. Der verbleibende CO2-Fussabdruck wird durch weitere Massnahmen nochmals reduziert oder kann kompensiert werden. «Wir haben nun die ersten konkreten Anfragen zu solchen Produkten und müssen nun schauen, wie wir diese Angebote in unsere Sortimente integrieren. «Als problematisch erachtet Steffes, dass Stahl in der EU stark über die Energiepreise subventioniert wird. «Im Gegensatz zu anderen Baumaterialien, die seit 2022 noch immer hohe Preise aufweisen, ist der Stahlpreis wieder auf einem Niveau vor Ausbruch des Ukrainekrieges, d.h. wir reden hier leider von einem viel zu billigen Material.»
Recycling ist in der innovativen Branche ein alter Hut. So gehört Stahlrecycling im 200-jährigen Stahlwerk Gerlafingen zum Alltag, ebenso im Stahlwerk in Emmenbrücke. Auch Upcycling gehört dazu. So entstehen aus dem Stahlschrott aus abgerissenen Bauwerken heute in Emmenbrücke hochwertige Industriestähle. Auch Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind in der Branche schon lange auf der Agenda: «Unsere Mitglieder sind wichtige Partner, wenn es um die richtige Materialwahl geht, um den gesamten Materialeinsatz zu reduzieren.» Einen hohen Stellenwert in der Branche hat zudem die soziale Nachhaltigkeit. Neben dem Wohlbefinden der Mitarbeiter engagieren sich die Händler zusammen mit den Schweizer Stahlbauern, bestehende und gesellschaftlich bedeutende Bauwerke zu erhalten. Die Branche beschäftigt sich mit der Stärkung der Wiederverwendung sowie deren Herausforderungen. «Unsere Produkte sind sehr langlebig, und da die Querschnitte normiert sind, eignen sie sich hervorragend zur Wiederverwendung», sagt Steffes. Neuste nachhaltige Errungenschaften in der Branche sind beispielsweise CO2-freier Stahl oder die Vision, Wasserstoff in der Produktion zu nutzen.
Sauberer Strom und sichere Energieversorgung
Die SSHV-Mitglieder beliefern Baugewerbe und Industrie zu gleichen Teilen. Entsprechend sind sie stark von der Konjunktur in diesen Kundenbranchen sowie den Lieferanten abhängig. «Läuft der Bau gut, dann führt an unseren Produkten – sei es im Stahl, sei es in der Haustechnik – kein Weg vorbei. Entgegen der weitläufigen Meinung bauen wir in der Schweiz nicht aus Beton, sondern aus Stahlbeton. Ohne unsere Produkte funktioniert also wenig bis nichts auf dem Bau», so Steffes. Entsprechend waren und sind die Mitglieder stark von Lieferengpässen betroffen. «Dies ging so weit, dass die Unternehmen im März 2022 zeitweise die Kunden für Bewehrungsstahl informieren mussten, dass die Lieferungen respektiv die Aufträge nicht erfüllt werden konnten.» Hauptproblem waren allerdings sowohl in der Stahl- als auch in der Haustechnikbranche die massiven Preissteigerungen, die nur zum Teil weitergegeben werden konnten. Es gibt zurzeit auch noch immer Produkte, bei denen die Beschaffung schwieriger ist.
Die Deckelung der Energiepreise in Europa ist für die Branche aktiv eine massive Herausforderung. Bei der energieintensiven Stahlproduktion schlägt sich dies direkt in den Marktpreisen nieder. «Die Energiepreise machen in normalen Zeiten rund 30 Prozent der Materialkosten aus. Im Rahmen des Ukrainekriegs stieg dieser Anteil erheblich an. In den EU-Ländern hat man schnell mit administrativen Strompreisen reagiert. Dadurch sank der Preis des Materials quasi über Nacht. Der Handel hatte dadurch massive Lagerabwertungen zu verkraften und die Schweizer Produzenten konnten ihre Produktionskosten nicht mehr decken.» Für die Stahlwerke in der Schweiz hat man bislang allerdings keine Lösung gefunden respektive sich einer Lösung verwehrt. Während im Ausland die Energiekosten spürbar zurückgekommen sind, sind die Kosten in der Schweiz sogar nochmals gestiegen. «Hier muss dringend reagiert werden. Der Markt hat im letzten März gespürt, was es heisst, dass wir verlässlich Ware aus Gerlafingen geliefert bekamen, während andere Werke aus dem Markt gingen.» Ausserdem sind die rund 600 000 Tonnen Stahl aus dem Ausland auch bezüglich des Transportes auf der Strasse eine logistische Mammutübung.
Der engagierte Verband hat bezüglich der Energieversorgung klare Forderungen an die Politik: «Wir brauchen gemeinsam mit anderen energieintensiven Branchen Unmengen an sauberem Strom, um die Dekarbonisierung zu erreichen.» Gemäss Steffes fehlt aber ein griffiges Konzept in der Politik: «Die Energiestrategie ist leider gescheitert. Der beschlossene Zubau ist bereits heute zu wenig und wird zudem nicht im geplanten Ausmass stattfinden.» 2022 flossen sehr viele Gelder in Richtung der Versorger respektive der Kantone. «Wir erwarten, dass diese Gelder auch in den Ausbau der Netzinfrastrukturen und in die Erneuerbaren fliessen», konkretisiert Steffes.
«Unsere Produkte sind sehr langlebig.»
Das wichtigste Anliegen für alle Unternehmen, die zu den metallischen Kreisläufen in der Schweiz gehören, sind jedoch die gleichlangen Spiesse für alle. Es könne nicht sein, dass in Frankreich die Recyclingleistung eines Stahlwerks entlohnt und in der Schweiz im Gegenzug das Recycling über die Netzzuschläge nochmals verteuert werde. «In unserer Branche stehen horrende Investitionen an und wir wollen, dass diese in den Schweizer Standorten getätigt werden», so Steffes und er ergänzt: «Dies wird aber nur gelingen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Das bedeutet auch, dass wir unbedingt eine Lösung für den CO2-Grenzausgleich (CBAM) finden müssen. Bisher wurde keine funktionierende Alternative genannt – für uns, als betroffene Branche, heisst das, dass auch die Schweiz einen solchen Mechanismus wird einführen müssen.»
Allrounder ausbilden
Die Aus- und Weiterbildung hat für den SSHV einen grossen Stellenwert. Bis zu 150 junge Berufsleute absolvieren jährlich ihre Ausbildung in der Branche – im kaufmännischen Bereich oder als Logistiker/-in EFZ. Darüber hinaus bilden die Mitglieder noch viele weitere Berufe aus. «Wir unterstützen die Idee, in unseren Lehrberufen Allrounder auszubilden, denen später die Welt offensteht. Zudem sollen sie Materialfachleute werden.» Das Potenzial der Branche ist gemäss Steffes gross, denn «die Energiewende wird mit den Materialien der SSHV-Mitglieder gebaut. Auch die Dekarbonisierung bzw. die Transformation unserer Gesellschaft wird nur mit Stahl gelingen.» Corinne Remund
DAS MACHT DEr SSHV
Plattform und Netzwerk
Der Schweizerische Stahl- und Haustechnikhandelsverband SSHV entstand zu Zeiten des ersten Weltkriegs und hatte zum Ziel, den Handel mit Stahlprodukten zu sichern. Die Importe in die Schweiz mussten gesichert und die Versorgung zu Kriegszeiten sichergestellt werden. Später spannten die beiden Branchen der Stahlhändler und der Haustechnik unter dem Dach des SSHV zusammen. Der Verband sieht sich als Plattform, die vernetzt und verbindet. Die Mitglieder profitieren dabei von gebündeltem, fachlichem und unternehmerischem Know-how. Zu den wichtigsten Dienstleistungen für seine Mitglieder gehören die Organisation von Fachveranstaltungen, die Förderung des Qualitätsstandards, die Mitwirkung im schweizerischen Nominierungsprozess bei Auswirkungen auf die Branche sowie das Erstellen von Statistiken. Ein Kerngebiet ist auch die Aus- und Weiterbildung. Diese beinhaltet die Unterstützung der Grundbildung in diversen Berufen, gemeinsam mit anderen Branchenverbänden, sowie die Produkteausbildung zusammen mit den Herstellern.
Jährlich drei Milliarden Franken
Der SSHV vertritt zudem die Interessen der Schweizer Wirtschaft bei Behörden und in der Politik und ist bestens vernetzt. Die Mitglieder sind hauptsächlich KMU, die oft familiengeführt sind. Die Mitgliedfirmen beschäftigen rund 5000 Mitarbeitende und bilden 400 Lernende in den unterschiedlichsten Berufen aus. Die Branche generiert jährlich einen Umsatz von ca. 3,3 Milliarden Franken. CR
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