Publiziert am: 01.09.2023

Ganz Ohr für die Zukunft

AKUSTIKA – Der Schweizerische Fachverband der Hörgeräteakustik bewegt sich in einem dynamischen Umfeld mit neuen Technologien und viel Know-how. Onlinehandel, ausländische Mitbewerber sowie der Berufsschutz sind aktuelle Herausforderungen. Der Verband will mit massgeschneiderten Dienstleistungen für die Kunden und einer fundierten Ausbildung die Branche langfristig stärken.

Hörsysteme sind gefragt – im Jahr 2022 wurden schweizweit ca. 90 000 Hörsysteme verkauft. «Die Absatzzahlen sind in den letzten Jahren leicht steigend. Die Hörsystembranche profitiert hier vom demografischen Wandel. Das heisst, die Anzahl der Senioren – insbesondere der hochaltrigen – steigt und somit auch der Bedarf an Hörsystemen», erklärt Julia Schopp, Vorstandsmitglied-Vizepräsidentin der AKUSTIKA. «Zudem sind die Menschen heute gesundheitsbewusster und aufgeklärter und wissen um die Wichtigkeit einer frühzeitigen Hörsystemversorgung.» Im Zeitalter der Digitalisierung spricht man nicht mehr von Hörgeräten, sondern von Hörsystemen, da es Kommunikationssysteme im Nanotechnologiebereich sind, die dem Kunden spannende Möglichkeiten bieten. «Man kann sie wie einen Earbud (offene bzw. halboffene Kopfhörer) mit dem Smartphone koppeln, sie via App fernsteuern und sogar Gesundheitsdaten über die Hörsysteme sammeln», konkretisiert Schopp. Optisch hat man viele Optionen – von nahezu unsichtbar bis hin zum modernen Earbud-Design – da ist für jeden Geschmack das passende Produkt vorhanden. Der Klang und die Automatiken in den Hörsystemen haben sich zudem immer weiter verbessert, viele Hörsystemhersteller arbeiten bei der Entwicklung mit künstlicher Intelligenz, um dem Kunden ein möglichst authentisches Hörerlebnis zu bieten.

Neue Technologien sind ein grosses Thema in der Branche. Dazu gehören Fernanpassungen. «Wir möchten für diese Möglichkeit offen sein, aber nur unter der Prämisse, dass diese in Kombination mit dem physischen Kontakt im Fachgeschäft stattfindet», so Schopp. Einige Hörakustikfachgeschäfte nutzen hier bereits erfolgreich Hybridlösungen.» Das heisst, die eigentliche Hörsystemanpassung erfolgt im Fachgeschäft, aber kleinere Feinjustierungen können auch über die Distanz durchgeführt werden.» Eine weitere interessante Entwicklung sind die 3D-Ohrscan-Lösungen. Dazu Schopp: «Für unsere massgeschneiderten Hörsysteme ist das eine spannende Entwicklung, hin zu einer immer besseren Passgenauigkeit.»

Ein festes Berufsbild entwickelt

Seit ihrer Gründung hat sich die AKUSTIKA zum Ziel gesetzt, die berufliche Ausbildung der Hörakustiker zu fördern. Dazu gehören diverse Weiterbildungsanlässe wie beispielsweise die grösste Branchentagung der Schweiz, «SwissHearCon», die im Mai zum ersten Mal über die Bühne ging. In der Ausbildung arbeitet AKUSTIKA mit dem Verband «Hörsystemakustik Schweiz» zusammen, diese stellen zu gleichen Teilen Kommissionsmitglieder im «Verein Bildung Hörsystemakustik» und den Prüfungskommissionen. «Somit legen wir gemeinsam die Lehrpläne fest, sind Träger der überbetrieblichen Kurse, vertreten die Interessen der Mitglieder gegenüber den Berufsbildungsbehörden des Bundes und der Kantone und organisieren die Abschlussprüfungen für Hörsystemakustiker mit Eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ) und Hörsystemspezialisten mit eidg. Fachausweis (FA)», erklärt Schopp. Im Jahr 2016 wurde die Ausbildung neu organisiert, sodass der Beruf des Hörakustikers keine Zweitausbildung mehr ist, sondern eine dreijährige Ausbildung zum Hörsystemakustiker EFZ. Seit 2021 haben die Absolventen nun auch die Möglichkeit, sich zum Hörsystemspezialisten mit eidgenössischem Fachausweis weiterzubilden. «Der Fachausweis befähigt, im entwicklungsintensiven und innovativen Umfeld der Hörsystemakustik Menschen mit komplexen Hörverlusten mit Hörsystemen zu versorgen, ein Hörakustikfachgeschäft nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu führen, Mitarbeiter einzustellen sowie Fachkräfte auszubilden», erklärt Schopp.

Aktuell sind es jährlich um die 20 Auszubildende schweizweit, welche die Lehre (EFZ) beginnen, und ca. 15 Personen, welche die Berufsprüfung absolvieren. «Bei ca. 600 Fachgeschäften schweizweit ist die Quote noch deutlich zu gering», bedauert Schopp. «Der Beruf ist bei der breiten Bevölkerung noch nicht präsent, dementsprechend haben wir auch zu wenig Lehrbetriebe.» Zudem ist in der Branche auch der Fachkräftemangel eine grosse Hürde und der Verband lanciert eine Imagekampagne, um genügend Fachkräfte zu rekrutieren.

Berufsschutz gefordert

Auch auf politischer Ebene stellt der Verband seine Forderungen. Dazu gehört die starke Liberalisierung, die Kostenbeteiligungen an Hörsystem-Bezugsorte wie Drogerien, Apotheken, Onlineanbieter oder Quellen im Ausland erlaubt. Dies schadet unseren Schweizer Fachgeschäften wie auch den Versicherten», ärgert sich Schopp. «Ein Hörsystem ist ohne fachmännische Anpassung nichts wert, egal wie gut es ist. Ein Hörsystem wird vom Hersteller als reine Hardware geliefert. Unsere Mitglieder durchlaufen mit ihren Kunden je nach Art und Schwere des Hörverlusts einen wochen- bis monatelangen Eingewöhnungsprozess und betreuen ihre Kundschaft noch Jahre nach dem Kauf weiter.» Deshalb fordert der Verband einen indirekten Berufsschutz ein, indem an Abgabestellen Mindestanforderungen erfüllt werden müssen.

Laut der Eurotrak Studie 2022 erzielt die Schweiz einen europäischen Spitzenwert, was die Zufriedenheit der Verbraucher mit ihren Hörsystemen betrifft, 86% der Nutzer waren im Jahr 2022 zufrieden mit ihren Hörsystemen. 92% der Hörsysteme werden in Fachgeschäften angepasst. «Unser Ziel ist es, die Kundenzufriedenheit auf diesem hohen Niveau zu halten und zu verbessern und dies kann nicht mit einem sukzessiven Abbau der Qualität erreicht werden», ist Schopp überzeugt. Zudem möchte der Verband für schwerhörige Menschen eine Erhöhung der Zuschüsse erreichen. «Der Beitrag der AHV liegt aktuell bei 1237.50 Franken und der Beitrag der IV bei 1650 Franken für zwei Hörsysteme. Seit 2011 wurde der Beitrag noch nicht einmal der Inflation angepasst», gibt Schopp zu bedenken.

Inhabergeführte Fachgeschäfte stärken

Druck und Preiskampf kommen von mehreren Seiten und sind grosse Herausforderungen – vor allem für kleine inhabergeführte Fachgeschäfte: Ketten, die in der Schweiz zunehmend den Verdrängungsmarkt etablieren, der Onlinehandel und die Käufe im benachbarten Ausland. «Die Folge ist, dass viele kleine Fachgeschäfte aufgeben und ihre Läden an Grossfilialisten verkaufen. Wir müssen deshalb die inhabergeführten Unternehmen stärken und die Öffentlichkeit aufklären.» Corinne Remund

www.akustika.ch

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