Publiziert am: 15.09.2023

Mehr bauen, weniger regulieren

RAUMPLANUNG – Die Bevölkerung in der Schweiz wächst weiter und dürfte schon bald die Zehn-Millionen-Marke knacken. Dabei stellen sich wichtige Fragen: Wie sollen all diese Menschen Platz finden? Und reichen die bestehenden Infrastrukturen aus?

Gemäss Berechnungen des Bundesamts für Statistik (BfS) wird die Bevölkerung der Schweiz voraussichtlich 2040 die Schwelle von zehn Millionen Personen überschreiten. Hauptverantwortlich dafür ist die Tatsache, dass die Einwanderungszahlen auf einem hohen Niveau bleiben werden. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung aufgrund einer niedrigen Geburtenrate sowie einer steigenden Lebenserwartung zunehmend altert.

Mehr Menschen, weniger Platz

Die grössere Bevölkerung weist auch gesteigerte Bedürfnisse nach Mobilität, Wohnraum, Erholungsgebieten usw. auf. Und mit der Alterung sowie neuen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trends ändern sich auch die Bedürfnisse der Bevölkerung. Ein Beispiel dafür ist der steigende Platzbedarf an Wohnraum.

Diese Entwicklungen stellen die Schweiz vor eine wichtige Herausforderung: Wie kann bei beschränkter Verfügbarkeit der notwendige Raum effizient zur Verfügung gestellt werden, um den Bedürfnissen der stetig wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden?

Dass dies schwierig wird, zeigt sich bereits heute. Beispielsweise an der sich anbahnenden Wohnungsknappheit. Die Zahlen des BfS zeigen eine Leerwohnungsziffer von nur 1,15 Prozent für das laufende Jahr (–0,16 Prozent gegenüber 2022). Nicht alle Regionen sind jedoch gleich stark betroffen, Grossstädte mehr als ländliche Regionen.

Nicht nur beim Wohnraum, auch bei den Verkehrsinfrastrukturen platzen mancherorts bereits heute die Nähte. Täglich sind auf den Schweizer Strassen gemäss Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) knapp 200 000 Staustunden zu verzeichnen, und dies immer wieder auf denselben Streckenabschnitten. Es gibt demnach Engpässe im Strassennetz, und auch hier vor allem in den grossen Agglomerationen. Auch bei der Bahn können die Kapazitäten immer öfter nicht mehr mit dem Bedarf mithalten.

Platz effizienter nutzen und ausbauen

Es braucht also unter anderem zusätzlichen Wohnraum plus einen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Einfacher gesagt als getan. Damit bei gleichbleibender Bodennutzung mehr Wohnraum entstehen kann, muss verdichtet gebaut werden. Obwohl dies bereits seit zehn Jahren – seit der ersten, vom Schweizerischen Gewerbeverband sgv bekämpften Teilrevision des Raumplanungsgesetzes – angestrebt wird, tragen die Anstrengungen bisher nur wenig Früchte. Grund dafür sind diverse Hürden wie z. B. die steigenden Baukosten, die zahlreichen Einsprachen, die Vielzahl von komplizierten und hohen Bauvorschriften sowie die hohen Anforderungen, welche Denkmal- und Landschaftsschutz an das Bauen stellen. Mit ähnlichen Problemen haben auch Ausbauprojekte der Verkehrsinfrastruktur zu kämpfen. Hinzu kommen hier noch Finanzierungsfragen.

sgv fordert Vereinfachungen und Infrastrukturausbau

Um den benötigten Wohnraum zur Verfügung zu stellen, ist es unerlässlich, dem Bau neuer Wohnungen und der Verdichtung keine unnötigen Steine in den Weg zu legen. Daher fordert der sgv die Reduktion unnötiger Regulierungen, insbesondere von Bauvorschriften, sowie eine Vereinfachung des Baurechts. Ausserdem müssen die Schutzmassnahmen und Einsprachemöglichkeiten wenn möglich gelockert und keinesfalls ausgebaut werden. Grundsätzlich muss die Raumplanungsgesetzgebung flexibel sein, z. B. was Baubewilligungen angeht, damit Interessensabwägungen von Fall zu Fall möglich sind und den Bedürfnissen vor Ort entsprechen.

Bei der Verkehrsinfrastruktur unterstützt der sgv die geplanten Kapazitätsausbauten im Bereich Strasse und Schiene. Denn nur so bleibt das Verkehrsnetz weiterhin zuverlässig und leistungsfähig und kann den Bedürfnissen der stetig wachsenden Bevölkerung gerecht werden. Dazu muss auch die langfristige Stabilität der entsprechenden Finanzierungsgefässe sichergestellt werden.

Michèle Lisibach, Ressortleiterin sgv

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