Publiziert am: 03.11.2023

Spezialisten mit dem Blick fürs Ganze

SCHWEIZER NOTARENVERBAND – Notare leisten einen ausgesprochen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit und damit direkt einen Nutzen für die Allgemeinheit und die Wirtschaft. Neue Technologien, Effizienzsteigerung und Fachkräftemangel beschäftigen die dienstleistungsorientierten und modernen Notariate.

Die Landschaft der Notarinnen und Notare ist sehr divers: Dies fängt damit an, dass je nach Kanton die Dienstleistungen entweder freiberuflich – ähnlich einer Anwältin oder einem Anwalt – oder im Rahmen eines Amtsnotariats erbracht werden. Notarinnen und Notare werden teilweise sogar vom Volk gewählt (Kanton Zürich). «Der notarielle Föderalismus hat den grossen Vorteil, dass den kantonalen Besonderheiten und den Erwartungen der Leute in Zusammenhang mit dem Beruf Rechnung getragen werden kann», erklärt Franz Stämpfli, Präsident des Schweizer Notarenverbands SNV. Das Angebot gliedert sich in eine hauptberufliche und eine nebenberufliche Tätigkeit. Die hauptberufliche Tätigkeit besteht in der Erarbeitung und Registrierung öffentlicher Urkunden und Beratung in den entsprechenden Rechtsgebieten. Die nebenberufliche Tätigkeit (Beratung) bewegt sich im gesamten Rechtsgebiet und richtet sich nach Spezialisierung der Urkundenperson sowie der Zulässigkeit gemäss kantonalen Bestimmungen.

Dank hoher Qualität der wichtigen Register Grundbuch und Handelsregister und der (für einen Grossteil der dortigen Änderungen benötigten) öffentlichen Urkunden besteht in der Schweiz eine sehr grosse Rechtssicherheit, welche Grundlage für eine ausgesprochen gut funktionierende Wirtschaft bildet. Konkret: Wer in der Schweiz ins Handelsregister schaut, kann ohne Weiteres darauf vertrauen, dass die entsprechende Gesellschaft besteht und die eingetragenen Personen auch tatsächlich berechtigt sind, im Namen dieser Gesellschaft zu handeln. Im Grundbuch dasselbe: Wer ein Grundstück kauft, kann darauf vertrauen, dass dieses dem dortigen Ausmass entspricht. Die (privaten, mit dem Grundstück zusammenhängenden) Lasten und Rechte sind ebenfalls ausnahmslos ersichtlich; oder sie gelten als nicht bestehend.

Neue Technologien

«Gerade KMU können von vielen notariellen Dienstleistungen profitieren, die weit über das Erfassen von Mutationen im Handelsregister hinausgehen», weiss Stämpfli. «Das können einerseits aktuelle Eigentümer-Themen sein, wie zum Beispiel Regelungen zur Organisation einer Vielzahl gleichberechtigter Partner, im Rahmen eines Aktionärsbindungsvertrages.» Ebenso sind Übernahme und Änderungsthemen – wie verkaufe ich meine Anteile an einer Gesellschaft, die ganzen fusionsgesetzlichen Thematiken – und natürlich Nachfolgethemen, wichtige Geschäfte, bei welchen eine versierte Notarin oder Notar wertvolle Unterstützung leistet.

Wie in sämtlichen Branchen findet auch im Notariat die Digitalisierung statt. Instrumente wie Online-Sitzungs-Tools, elektronische Übermittlungsplattformen etc. ermöglichen eine immer effizientere und sicherere Abwicklung einzelner Verfahrensschritte übers Netz. «Die Digitalisierung hat stark in der Branche Einzug gehalten. Einzige Ausnahme bildet im Moment noch die öffentliche Urkunde selbst – als Endprodukt des notariellen Verfahrens – welche aktuell noch auf Papier erstellt werden muss», erklärt Stämpfli. Hingegen erfolgen Übermittlung, Kommunikation mit Behörden und Klientschaft in vielen Büros rein digital und Sitzungen finden vielfach online statt. Grosse Teile der internen Prozesse erfolgen in moderneren Büros ebenfalls rein digital. Zudem wurde vom Parlament im Sommer 2023 ein Gesetz verabschiedet, welches nach seinem Inkrafttreten (ca. 2027) die Erstellung digitaler öffentlicher Urkunden und somit dann einen digitalen End-to-End-Prozess ermöglichen wird.

Zunehmende Spezialisierung

Die Notariatsbranche befasst sich mit lebensnahen Themen wie Firmengründung, Immobilien, Schulden, Konkurs, Heirat und Erbrecht in Form von Urkunden, Briefen und Verträgen. «Die Tätigkeit ist ausgesprochen abwechslungsreich und beinhaltet zu einem grossen Teil den persönlichen Kontakt zu Klientschaft und Behörden», so Stämpfli. Die Tatsache, dass man bei Mehrparteiengeschäften die Interessen aller Beteiligten wahren muss, stellt einen tagtäglich vor neue Herausforderungen und bedarf einer hohen Sattelfestigkeit in den betreffenden Rechtsgebieten und gleichzeitig ein feines Gespür für die Befindlichkeiten der Parteien. Hinzu kommt eine ausgesprochen hohe Verantwortung, indem für teilweise weit in die Zukunft liegende Sachverhalte eine klare und brauchbare Grundlage geschaffen werden muss. «Momentan stellen wir auch im Notariat eine zunehmende Spezialisierung fest, wie sie beispielsweise für komplexere Transaktionen im Gesellschaftsrecht oder langjährige Arealentwicklungen im Immobilienbereich benötigt wird», sagt Stämpfli. Wie alle Branchen kämpft auch das Notariat um genügend Nachwuchs, und zwar in allen Kantonen.

Grosses Zukunftspotenzial

Die Funktion der Notarin und des Notars, wie wir sie in der Schweiz verstehen, gepaart mit den wichtigsten Registern (Grundbuch und Handelsregister) leistet einen ausgesprochen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit,was einen direkten Nutzen für die Allgemeinheit und die Wirtschaft generiert. Öffentlich beurkundete Verträge geniessen nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung ein hohes Ansehen, sie erbringen auch für die beurkundeten Tatsachen vollen Beweis. Nicht zuletzt beugt die öffentliche Beurkundung in den verschiedensten Bereichen kriminellen Machenschaften vor und schafft ein Bewusstsein für gewisse, im konkreten Fall drohende Risiken.

Davon ausgehend, setzt sich der SNV auf politischer Ebene für den Erhalt des Notariats und dessen Gatekeeper-Funktion ein – notabene unter sinnvoller Überführung in eine digitale Zukunft. Zum Gesetzesentwurf, den der Bundesrat Ende August zur Stärkung der Geldwäschereibekämpfung in die Vernehmlassung geschickt hat, wird sich der SNV im Rahmen der Vernehmlassung fundiert äussern.

Effizienzsteigerung, Digitalisierung und Fachkräftemangel sind die Herausforderungen der Branche. «Die notariellen Aktivitäten werden heute von steigenden Erwartungen der Klientschaft, Druck aus der Wirtschaft, aber auch dem Versprechen von höherer Qualität, Sicherheit und Effizienz der eigenen Prozesse getrieben», so Stämpfli. Was den Nachwuchs betrifft, so benötigt die Branche sowohl Notarinnen und Notare als auch qualifizierte Notariatsfachangestellte. «Die Notariate der Zukunft werden bei gleichbleibend hoher Qualität ihre Leistungen, die Effizienz und Passgenauigkeit der Kommunikation mithilfe von neuen Technologien weiter steigern müssen, um die Erwartungen weiterhin erfüllen zu können», so Stämpfli. Er sieht ein ausgesprochen hohes Zukunftspotenzial der Branche und ist überzeugt vom gut austarierten System, welches im Interesse sämtlicher Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft ist.

Corinne Remund

www.snv-fsn.ch

DAS MACHT DER SNV

Bewahren und fördern

1907 wurde in der Schweiz das ZGB geschaffen (Inkraftsetzung 1912). In diesem Zusammenhang wurden die kantonalen Gesetzgebungen auf nationaler Ebene harmonisiert. Zu diesem Zeitpunkt hat sich ein Teil der kantonalen Verbände zu einem nationalen Verband zusammengeschlossen – dem Schweizer Notarenverband SNV, unabhängig davon,ob es sich um Amts- oder freiberufliche Notare handelt. Zu seinen Hauptaufgaben gehören Bewahrung und Förderung der Rechtssicherheit und der Verkehrssicherheit im Beurkundungswesen, der Schutz der Urkundsparteien sowie Bewahrung und Förderung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Urkundspersonen. Ebenso fördert der Verband die Notariate in der Schweiz und setzt sich für die Erhöhung der Fachkompetenz und des Ansehens des Berufsstandes ein. Der SNV ist bestens vernetzt und vertritt seine Interessen gegenüber eidgenössischen und kantonalen Behörden. Er wirkt insbesondere bei Gesetzgebungsprojekten des Bundes und der Kantone, welche das Notariat direkt oder indirekt betreffen, mit. Neue Technologien, Weiterbildung und Networking mit internationalen Gremien und Verbänden sowie gegenüber ausländischen Behörden gehören weiter zu den Aufgaben des engagierten Verbandes.

Die Mitglieder des SNV umfassen 15 kantonale Verbände (als Kollektivmitglieder) sowie Einzelpersonen aus den übrigen Kantonen (Einzelmitglieder). Aktuell beläuft sich die Anzahl Mitglieder auf 1650.

CR

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