Publiziert am: 24.05.2024

Bester Service und gute Infrastruktur

2RAD SCHWEIZ – Die Branche hat nach einem pandemiebedingten Hype ein rückläufiges Jahr hinter sich. Digitalisierung, Onlinehandel und Fachkräftemangel sind grosse Herausforderungen. Doch das Zweiradgewerbe schöpft sein Potenzial mit einer neuen, zweijährigen EBA-Ausbildung, politischem Engagement und der Werkstatt als wichtiger Geschäftsbereich voll aus.

Der Veloverkehr in der Schweiz wächst, und das «Veloland Schweiz»-Netz wird stets ausgebaut und seine Infrastruktur optimiert. Die signalisierten Velorouten haben eine Länge von rund 11 000 Kilometern und richten sich vorwiegend an den Freizeitverkehr, viele Streckenabschnitte werden aber auch von Velofahrerinnen und -fahrern im Alltag rege genutzt. Der Bestand an Velos in der Schweiz beträgt rund 5 Mio. Stück, davon werden wohl Dreiviertel auch tatsächlich bewegt. Dennoch folgte auf die Corona-Boomjahre für die Fahrradbranche und den Fahrradmarkt ein schwieriges letztes Jahr. «Die Liefersituation in den vergangenen zwei Jahren sowie die schwache Kundennachfrage haben bei den Velos zu einem starken Rückgang geführt», sagt Daniel Schärer, Geschäftsführer von 2rad Schweiz. Im Jahr 2023 wurden 395 000 Velos verkauft. Das sind gemäss velosuisse rund 100 000 weniger als in den Corona-Jahren. Motorräder und Roller konnten im letzten Jahr allerdings den Status quo zum Vorjahr halten – verkauft wurden 2023 gemäss Motosuisse 48 800 Stück. Voll im Trend sind nach wie vor Elektrobikes. Dazu Schärer: «Mittlerweile wird mehr als die Hälfte des Veloverkaufsumsatzes mit E-Bikes erzielt. Wenn man diese Zahl spezifisch auf die eigentümergeführten Fachbetriebe abbildet, liegt der Anteil sogar ein Stück höher.» Die Elektroflitzer haben allerdings auch Schattenseiten. So werden von der Fachstelle wie teilweise auch von der Politik die Unfallzahlen beklagt. «Wir sind überzeugt, dass wir in diesem Punkt eine Verbesserung erreichen, wenn die Verkehrsinfrastruktur vermehrt auf die Bedürfnisse der Velofahrenden angepasst wird», so Schärer.

Der Verkauf hat sich zudem Richtung Onlinehandel entwickelt. «Es braucht beim stationären Handel deshalb grosse Anstrengungen, die Betriebe zu modernisieren, um den Kunden ein Einkaufserlebnis bieten zu können. Durch die laufende technische Entwicklung müssen die Betriebe immer à jour bleiben, da die Kunden, unter anderem im sportlichen Segment, häufig sehr gut informiert sind», erklärt Schärer.

«Die Zahl der Aus-bildungsbetriebe hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.»

So gewinnt die Werkstatt als Standbein der Zweiradbetriebe immer mehr an Bedeutung. Entsprechend bietet 2rad Schweiz Ausbildungen an und hat das Label «Exzellente Werkstatt» eingeführt (vgl. Kasten).

Ab 2025 neue, zweijährige EBA-Ausbildung

Einen wichtigen Stellenwert in der Verbandsarbeit hat die Aus- und Weiterbildung. 2rad Schweiz engagiert sich stark in der Grundbildung. «Dazu führen wir jedes zweite Jahr eine Höhere Fachprüfung durch. Im Wintersemester werden den Mitgliedern Seminare zu den Themen Führung, Kommunikation, Recht oder Sortimentsgestaltung angeboten», konkretisiert Schärer. 2rad Schweiz bietet die zwei Grundausbildungen Fahrradmechaniker/-in EFZ sowie Motorradmechaniker/-in EFZ an. Pro Jahr werden insgesamt 290 Lernende ausgebildet. Der Beruf Kleinmotorrad-Fahrradmechaniker/-in EFZ läuft aus. Neu wird ab 2025 der Beruf Zweirad-Assistent/in EBA ausgebildet. «Unsere Mitgliedsbetriebe sind in den letzten Jahren tendenziell gewachsen. So ist Raum entstanden für diese Ausbildung», betont Schärer. «Es geht darum, dass wir vermehrt Nachwuchskräfte in unsere Branche bringen. Auf Stufe EBA geht es da-rum, einfachere Reparaturen zu erledigen, aber auch der Werkstatt zuzuarbeiten, beispielsweise mit dem Rüsten von Material für Reparatur- oder Serviceaufträge.» Wer nach den beiden Ausbildungsjahren weitermachen will, kann dann direkt ins 2. Ausbildungsjahr der EFZ-Lehren wechseln.

Auch der Fachkräftemangel macht vor der Zweiradbranche keinen halt. Die Situation hat sich allerdings aufgrund der eher schwachen Kundennachfrage in den letzten 12 Monaten leicht entspannt. «Wir fahren keine spezielle Kampagne, sind aber präsent an Berufsausstellungen und lokalen Berufsfindungsanlässen», so Schärer. «Hier erreichen wir unser Zielpublikum direkt, das heisst nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch deren Eltern sowie Lehrpersonen und andere wichtige Bezugspersonen. Das Umfeld muss überzeugt werden, damit sich ein Jugendlicher für eine Lehre in einem Zweiradberuf entscheidet.»

Die Berufswettbewerbe helfen der Branche, besonders begabte Berufsleute zu fördern und auch für Verbandsaufgaben zu gewinnen, wie zum Beispiel QV-Expertin oder ÜK-Instruktor. Aufgrund des Fachkräftemangels hat die Branche begriffen, dass sie Nachwuchskräfte selbst ausbilden muss: «Dies hat dazu geführt, dass sich die Zahl der Ausbildungsbetriebe in den letzten Jahren deutlich erhöht hat. Es braucht aber noch mehr Anstrengungen in diesem Bereich.» Und er doppelt nach: «Die Branche hat eine grössere Anzahl Quereinsteiger – das eröffnet Chancen für uns.» Die Zweirad-Berufe faszinieren die jungen, interessierten Berufsleute. Die Technik und das Design sind die Hauptmotivation. Daneben sind in vielen Betrieben Bestrebungen im Gange, dass nicht an jedem Samstag gearbeitet werden muss oder die Öffnungszeiten am Abend verkürzt werden. Zudem ist es cool, in einer zukunftsträchtigen Branche zu arbeiten.

Praktikable Lösungen suchen

2rad Schweiz ist auch auf politischer Ebene aktiv. «Für die Fahrradthemen sind wir an vorderster Front bei der Velo-Allianz Cycla dabei.» Diese ist aus der Abstimmung zum Velo-Gesetz (später Veloweggesetz) entstanden. Für die Motorradthemen sind Bestrebungen im Gang, etwas Ähnliches aufzubauen. «Politisch geht es uns um die Verkehrsinfrastruktur, damit das Zweiradfahren sicher bleibt. Wir brauchen praktikable Lösungen, um für alle Verkehrsteilnehmer klare Verhältnisse zu schaffen, wie beispielsweise durch Signalisation oder Trennung von Fahrspuren. Dazu braucht es attraktive Zweirad-Parkplätze bei Bahnhöfen», fordert Schärer. Ebenso unterstützt 2rad Schweiz die Lärmkampagne der Motorradverbände: «Es geht darum, die Motorradfahrerinnen und -fahrer daran zu erinnern, dass sie speziell in bewohnten Gebieten möglichst leise unterwegs sind. Das schafft Goodwill, und auch die Politik realisiert, dass die gesamte Branche Anstrengungen unternimmt, den Motorradlärm zu verringern, ohne dass es staatliche Intervention braucht.»

«Die Branche hat eine grössere Anzahl Quereinsteiger – daseröffnet Chancen für uns.»

Herausforderungen in der Branche sind neben der Digitalisierung, die sich in allen Bereichen eines Zweiradgeschäfts zeigt, Tendenzen in Richtung Agenturmodell bei den Motorrädern. «Auf der Fahrradseite bieten einzelne Lieferanten ihre Fahrzeuge und Zubehör direkt online an oder sie eröffnen selbst stationäre Läden. So entsteht eine nicht zu unterschätzende Konkurrenzsituation zu den eigentümergeführten Betrieben», stellt Schärer fest. Doch das Potenzial der Branche ist hoch – denn Zweiräder sind ein wichtiger Teil zukünftiger Verkehrskonzepte, speziell in den Städten und in der Agglomeration.

Corinne Remund

www.2radschweiz.ch

Das MACHT 2RAD Schweiz

Ausbildungals Kernaufgabe

Der Verband wurde 1897 gegründet und umfasste ursprünglich die Fahrrad- und Nähmaschinenbranche. In den 20er-Jahren gesellten sich die Vertreter der Motorradfachbetriebe dazu. Die Gründung basiert auf dem Bedürfnis für eine einheitliche Preisgestaltung sowie die gemeinsame Ausbildung von Mechanikern. Um 1930 gründeten die Nähmaschinenmechaniker einen eigenen Verband. 2011 erfuhr der Verband einen Namenswechsel von «Schweizerischer Fahrrad- und Motorradgewerbeverband» zu 2rad Schweiz. Heute zählt der Verband rund 800 Mitglieder, alles eigentümergeführte Zweiradbetriebe.

Zu den klassischen Verbandsaufgaben gehören verbandseigene Sozialwerke, eine Mitgliederzeitschrift, Versicherungskollektivrabatt, Paketversandlösung sowie die arbeitsrechtliche und betriebswirtschaftliche Erstberatung usw. Kernaufgabe ist die Aus- und Weiterbildung. Der Verband wahrt die wirtschaftlichen, beruflichen und standespolitischen Interessen seiner Mitglieder. Dazu pflegt er ein breites Netzwerk mit Behörden, Ämtern, Berufsschulen und anderen Berufsverbänden, Interessengemeinschaften und Organisationen. Rund 6000 Personen sind im Zweiradgewerbe beschäftigt, und der Branchenumsatz beträgt 6 Milliarden Franken pro Jahr. CR

Werkstattzertifizierung

Grosses Vertrauen in zertifizierte Werkstätte

Die Werkstatt im Fahrradgeschäft wird mit dem zunehmenden Onlinehandel immer wichtiger. Umso zen-traler ist es, sie fit zu machen und zu halten. «Das Ziel muss sein, in der Werkstatt mehr Geld zu verdienen, die Abläufe möglichst schlank und effizient zu halten und die Digitalisierung im eigenen Betrieb weiterzuentwickeln», betont 2rad-Schweiz-Geschäftsführer Daniel Schärer. Dazu hat der Verband 2019 die Werkstattzertifizierung für Fahrradbetriebe eingeführt. «Wir haben dieses Projekt von unserem deutschen Partnerverband übernommen. Der Lehrgang bietet in vier Ausbildungstagen die Basis zur Zertifizierung der Werkstatt.» Danach werden zwei Fachpersonen vor Ort kritisch, aber fair die Werkstatt nach einem standardisierten Ablauf überprüfen. «Dies gibt unserer Branche Schub und einen Vorsprung auf die Konkurrenz», so Schärer.CR

www.exzellente-werkstatt.ch

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