Mit Artikel 86b des Landwirtschaftsgesetzes (LwG) hat das Parlament im Juni 2023 beschlossen, die Ausrichtung von Bundesbeiträgen zur Verbilligung der Ernteversicherungsprämien zuzulassen. Diese Reform stösst jedoch auf erhebliche Kritik – insbesondere auch seitens des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv. Konkret lehnt der sgv den vorgeschlagenen Mechanismus zur Auszahlung dieser Beiträge entschieden ab.
Denn der Absatz 2 des genannten Gesetzesartikels sieht vor, dass die Prämienverbilligungen an die Versicherer ausbezahlt werden – und nicht direkt an die berechtigten Landwirte. Das läuft dem traditionellen System der Auszahlung von Beiträgen zuwider, welches den direkten Kontakt zwischen dem Staat und den Begünstigten vorsieht. Doch viel schlimmer ist, dass der Bund mit diesem Vorgehen den Versicherern zusätzliche Verantwortlichkeiten aufbürdet, ohne ihnen eine finanzielle Gegenleistung anzubieten.
Innovation wird ausgebremst
Die Versicherer sind somit gezwungen, die Verfahren zur Auszahlung der Prämienverbilligungen zu verwalten. Doch sie sind für diese Aufgabe weder gerüstet, noch werden sie hierfür finanziell entschädigt. Dies führt zu einer ungerechtfertigten administrativen Belastung des privaten Versicherungssektors, der bereits einer strengen Regulierung durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma unterliegt.
«Der Bund bürdet den Versicherern zusätzliche Verantwortlichkeiten Auf – ohne finanzielle Gegenleistung.»
Darüber hinaus sieht die Reform vor, dass die Versicherer einen Grossteil der staatlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit der Prämienverbilligung übernehmen. Konkret umfasst dies die Aufsicht und zusätzliche Beschränkungen.
Die Reform beinhaltet ebenso versicherungstechnische Eingriffe, insbesondere in die Produktgestaltung. Dies wiederum könnte die Innovation und Flexibilität der Versicherer bei der Schaffung von Versicherungspolicen einschränken, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Landwirte zugeschnitten sind. Der sgv ist der Ansicht, dass diese Beschränkungen nicht nur unnötig sind, sondern auch die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des privaten Versicherungssektors beeinträchtigen könnten.
Ungerechtfertigte Belastungen
Indem die Reform die Verantwortlichkeiten, die eigentlich dem Staat obliegen sollten, an die Versicherer delegiert, schafft sie unnötige Komplikationen, und bürdet den Versicherungsgesellschaften ungerechtfertigte Belastungen auf. Für den sgv liegt die Lösung in einer direkten Verwaltung durch den Bund. Das heisst, für den sgv ist es zwingend notwendig, dass die Prämienverbilligungen vollständig durch den Bund verwaltet und ausbezahlt werden.
Dadurch wäre das System gerechter und effizienter. Und das führte auch zu einer gerechteren Behandlung der Landwirte. Die Übertragung der Verantwortung auf die Versicherer bringt nämlich zwangsweise eine erhöhte Verwaltungskomplexität mit sich – und damit zusätzliche Ausgaben. Das ist in niemandes Interesse.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv