Publiziert am: 24.05.2024

«Tracht passt in jede Epoche»

brauchtum – Vom 28. bis 30. Juni findet mit dem Eidgenössischen Trachtenfest der grösste Volkskulturanlass der Schweiz im Jahr 2024 statt. Johannes Schmid-Kunz, Geschäftsführer ETF 2024, über die Bedeutung der Tracht, die Höhepunkte sowie das Rahmenprogramm.

Schweizerische Gewerbezeitung: Das Eidgenössische Trachtenfest 2024 findet vom 28. bis 30. Juni in Zürich statt. Laufen die Vorbereitungen nach Plan?

Johannes Schmid-Kunz: Ich denke, wir dürfen mit dem Stand der Vorbereitungsarbeiten zufrieden sein. Inhaltlich sind wir sehr gut vorbereitet. Wir suchen noch viele Helfer, die sich individuell oder gleich als Verein (Service) auf unserer Homepage melden können. Das letzte Eidg. Trachtenfest in Zürich war vor 50 Jahren, es ist also eine einmalige Möglichkeit, aktiver Teil dieser sympathischen Grossveranstaltung zu sein. Das Budget ist noch etwas wackelig, über den einen oder anderen Mäzen oder Sponsor würde sich unser Kassenwart sicher freuen.

Was sind die grössten Herausforderungen bei diesem grössten Volkskulturanlass der Schweiz?

Ich gehe davon aus, dass die grossen Herausforderungen bereits gemeistert sind. Dazu gehören die Absprachen mit der Stadt Zürich, der Aufbau der Kommunikation, die Computersysteme für den Vorverkauf und der Verkauf der Umzugstickets. Die Planung der vier Direktsendungen (Radio und Fernsehen) von SRF war sehr anspruchsvoll. Die Eidg. Trachtenfeste liegen so weit auseinander, dass man kaum auf die Erfahrungen der letzten Organisation zurückgreifen kann.

Was bedeutet das Trachtenfest im 21. Jahrhundert für die moderne Schweiz?

Die Tracht ist heute ein zeitloses Kleid, also passt sie in jede Epoche. Die Tracht passt vor allem in eine Zeit, in der das nachhaltige Denken und Handeln ein omnipräsentes Thema ist. Ich habe beispielsweise vor 33 Jahren in der Tracht geheiratet. Genau diese Tracht werde ich auch am Trachtenfest 2024 in Zürich tragen. Die Tracht hat zwar vor 33 Jahren 4000 Franken in der Anschaffung gekostet, aber es ist beinahe ein Kleid für die Ewigkeit. Die Schweizer Volkstrachten sind zugleich der dekorativste Ausdruck unseres Föderalismus – es gibt keine Schweizer Tracht und es dominiert keine Tracht. Trachtenleute sind sehr kommunikativ und begegnen sich immer in grosser gegenseitiger Wertschätzung. Volksfeste, mit welchem Hintergrund auch immer, sind wichtig für unsere Gesellschaft. Alle Besuchenden mit oder ohne Tracht sind am Trachtenfest willkommen. Ich bin grundsätzlich für weniger grosse Feste, dafür sollten diese persönlicher gestaltet sein und eine offensichtliche Gastfreundschaft ausstrahlen. Das Zürcher Trachtenfest, genau 50 Jahre nach dem letzten Trachtenfest in der Limmatstadt, wird in die Geschichte eingehen, man wird jahrelang davon erzählen und viele Paare werden einmal heiraten, welche sich am Trachtenfest 2024 kennengelernt haben.

Was sind die Höhepunkte am Trachtenfest?

Der Höhepunkt des Trachtenfests für das allgemeine Publikum ist bestimmt der Festumzug am Sonntagnachmittag, 30. Juni, durch die Bahnhofstrasse, Uraniastrasse, Limmatquai und Quaibrücke. So viele verschiedene Schweizer Trachten gibt es sonst nirgends zu sehen. Für das Volkstanzfest, welches am Samstag tagsüber auf dem Sechseläutenplatz stattfindet, werden über 3000 Leute erwartet. Die viersprachige Chorgala am Samstagabend in der Kirche St. Peter ist sicher das Highlight für Chorliebhaber.

Wie präsentiert sich Zürich als Trachtenstadt?

Zürich ist genau genommen die Trachtenstadt der Schweiz. In der damals neu erbauten Tonhalle fand 1896 das erste Schweizer Trachtenfest statt, organisiert vom Lesezirkel Hottingen. 1898 wurde das Schweizerische Landesmuseum mit einem grossen Trachten- und Kostümumzug vom Bellevue übers Limmatquai bis zum Platzspitz eingeweiht. Viele Trachten blieben dann in Zürich und begründeten die stattliche Trachtensammlung des Landesmuseums. Diese wurde von Julie Heierli kuratiert, einer Modistin mit einem Hutmacheratelier an der Schipfe, die 1922–1932 das fünfbändige Standardwerk der schweizerischen Trachtengeschichte schrieb: «Die Volkstrachten der Schweiz». Am Zürcher Neumarkt 13 (Haus zum Mohrenkopf) war in den 20er-Jahren das erste Schweizer Trachtenatelier eingerichtet und 1930 gründete der Präsident der Schweizerischen Trachtenvereinigung das Schweizer Heimatwerk an der Rudolf-Brun-Brücke. 1939 fand an der Landi das erste Eidg. Trachtenfest von Zürich Stadt, 1974 dann das zweite unter dem OK-Präsidium des damaligen Stadtpräsidenten Dr. Sigmund Widmer.

Der Trachtentrail ist eine Premiere im Zürcher Kulturgut. Welche Idee steckt dahinter?

Um die Geschichte der Schweizer Trachten und die diesbezügliche Bedeutung Zürichs zu erklären, hat das OK einen Trachtentrail durch die Innenstadt eingerichtet, welcher die Besuchenden der Limmatstadt bereits jetzt auf das grosse Trachtenfest einstimmt. Es verbindet das traditionelle Kulturgut der Volkstrachten mit modernsten Kommunikationsmitteln. Per App kann man sich durch den Trail führen lassen, Informationen lesen und gelegentlich auch anhören, die Stadt kennenlernen, Fragen beantworten und im optimalen Fall sogar noch Preise gewinnen. Der Trachtentrail ist bis am Festwochenende in Betrieb.

Interview: Corinne Remund

www.trachtenfestzuerich.ch

TRACHTENTRAIL

Der Trachtentrail ist eine Premiere im Zürcher Kulturangebot. In zehn verschiedenen Vitrinen oder Schaufenstern sind Trachten aus- und dargestellt. Per QR-Code kann man sich einloggen und lernt auf spielerische Art Interessantes über das Kulturgut Tracht sowie dessen Bezug zur Stadt Zürich. Ein Angebot für die ganze Familie: Trachten entdecken, Rätsel lösen, Preise gewinnen.

Kostenlose Teilnahme und alle Infos unter www.trachtentrail.ch.

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