Publiziert am: 07.06.2024

Pragmatische Lösung gefragt

ENTWALDUNGSVERORDNUNG – Eine neue Regulierungsmassnahme der EU, unterstützt von den Umweltorganisationen, droht Schweizer KMU vor unlösbare Probleme zu stellen. Höchste Zeit, diesen Unsinn zu beenden. Der Bund muss sich für Schweizer Unternehmen einsetzen – jetzt!

Ab Januar 2025 wird es für Unternehmen verboten sein, bestimmte Produkte wie beispielsweise Kaffee oder Holz auf den europäischen Markt zu importieren oder von dort zu exportieren, wenn nicht bewiesen werden kann, dass ihre Herstellung nicht zur Entwaldung oder Schädigung von Wäldern beigetragen hat. KMU haben dafür noch bis Mitte 2025 Zeit. Doch schon heute ist klar: Es wird manche KMU vor grosse Probleme stellen.

Unzumutbare Anforderungen

Die Absicht der am 31. Mai 2023 angenommenen EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) ist an sich nicht völlig falsch, da jedes Jahr weltweit zehn Millionen Hektar Wald verloren gehen. Auch wenn in dieser Zahl nicht enthalten ist, wie viel Wald andernorts nachwächst. Eines ist sicher: Die mit der neuen Verordnung einhergehenden Informations- und Beweisanforderungen sind für Unternehmen, insbesondere für KMU, unzumutbar resp. – Stand heute – nicht erfüllbar.

Diese x-te neue EU-Verordnung verlangt von den Unternehmen nichts weniger als den Nachweis, dass die verkauften Produkte nicht für die Abholzung oder Schädigung von Wäldern verantwortlich sind.

Enorme Kontrollmaschinerie

Um dies zu erreichen, müssen drei Arten von Massnahmen befolgt werden. Erstens muss die gesamte Lieferkette rückverfolgbar sein. Dabei müssen Geodaten, zum Beispiel aus EU-Weltraumprogrammen, verwendet werden, um die für die Produktion verwendeten Parzellen – zum Beispiel die Grundstücksgrenzen einer Kaffee- oder Holzplantage – zu identifizieren. Auf diese Weise muss der Beweis erbracht werden, dass für den Kaffee oder für das Holz keine Wälder abgeholzt wurden.

Konkret heisst das: Es müssen Tausende von Geodaten in ein speziell dafür errichtetes EU-Informationssystem eingespeist werden. In einer sogenannten Sorgfaltspflichterklärung muss zudem versichert werden, dass alle einschlägigen Gesetze des Produktionslandes eingehalten wurden. Komplizierter geht wohl nicht ...

Zweitens müssen die Risiken der Nichteinhaltung bewertet werden; und drittens müssen, wenn solche Risiken identifiziert worden sind, Massnahmen zur Schadensminderung umgesetzt werden. Selbst Zertifizierungen können diese Sorgfaltspflichtsysteme nicht mehr ersetzen.

Kurz und ungut: Eine völlig übertriebene Kontrollmaschine wird aufgebaut, um alle Produkte aus der ganzen Welt zurückverfolgen zu können.

Praktisch nicht umsetzbar

Die EU-Verordnung 2023/1115, die angeblich die Wälder retten soll, wird vor allem die KMU unter einer Flut von administrativen und regulatorischen Schritten ersticken und ihre Kosten in die Höhe treiben. Während – einmal mehr – Grossunternehmen dank ihrer Ressourcen mit solchen Bürokratie-Orgien tendenziell leichter umgehen können, laufen KMU Gefahr, in einem Meer komplexer Vorschriften zu ertrinken. Dadurch wird ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt gefährdet. Ihre Fähigkeit, in teure Compliance-Technologien zu investieren, wird völlig überschätzt.

Kommt dazu: Die Notwendigkeit, genaue Geodaten von Grundstücken bereitzustellen, fügt eine weitere Komplikation für KMU hinzu. All diese neuen Anforderungen verschlingen die Ressourcen der KMU.

Problem bisher nicht erkannt

Für Schweizer Unternehmen stellt sich ein besonderes Problem: Sie erhalten gar keinen Zugang zum neuen EU-Informationssystem. Es ist heute somit völlig unklar, wie sie die neuen Vorgaben umsetzen und damit weiterhin in die EU exportieren können.

Man muss sich das einmal vorstellen: 2022 exportierte die Schweiz Produkte im Wert von über vier Milliarden Franken in die EU, welche der Europäischen Entwaldungsverordnung (EUDR) unterliegen. Zwar hat der Bundesrat am 14. Februar 2024 über die EUDR diskutiert. Doch bisher scheinen die Schweizer Behörden das Ausmass des Problems nicht erkannt zu haben.

Derweil weibeln Umweltorganisationen dafür, dass auch in der Schweiz eine gleiche Überregulierung eingeführt wird. Das würde aber nur zusätzlichen Schaden anrichten. Denn selbst wenn die Schweiz den gleichen Regulierungswahnsinn einführen würde, wäre eine zeitgerechte gegenseitige Anerkennung Schweiz – EU, und damit ein Zugang zum EU-System, für Schweizer Unternehmen nicht möglich.

Somit steht fest: Es muss jetzt dringend eine pragmatische Lösung gefunden werden, mit welcher Schweizer KMU weiterhin in die EU exportieren können. Ein Nachvollzug der unsinnigen EU-Regulierung in der Schweiz hingegen muss verhindert werden.

Der Bund will sich darauf beschränken, die Anforderungen des EUDR durch eine Regulierungsfolgenabschätzung bis zum Sommer 2024 zu klären. Das reicht aber nicht: Der Bund müsste jetzt unsere exportierenden KMU entschlossen unterstützen und in Zusammenarbeit mit weiteren Nicht-EU-Staaten, die das gleiche Problem haben, gegen die drohende Abschottung des EU-Markts vorgehen.

Mikael Huber,

Ressortleiter sgv

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