Publiziert am: 09.08.2024

Keine Käseglocke über die Schweiz stülpen

ABSTIMMUNG – Die Biodiversitätsinitiative gefährdet die sichere Energieversorung der Schweiz und raubt der Wirtschaft den nötigen Spielraum. Ein NEIN am 22. September an der Urne ist zwingend.

Es geht um Wildblumen und Brennnesseln, Marienkäfer und Mücken, um nur einige Exemplare unserer Flora und Fauna zu nennen. Sie wecken gegensätzliche Assoziationen und haben doch eines gemeinsam: Sie tragen zur Biodiversität der Schweiz bei. Vom Wald- über das Bienensterben bis zur Bedrohung ganzer Lebensräume und zum Artenschwund: Die Biodiversitätsinitiative soll es richten – am Ja zur Initiative am 22. September soll die Natur genesen. Doch ist es wirklich so einfach? Nein, natürlich nicht.

«Mit Annahme der Initiative würde es noch schwieriger, den beschränkten Raum effizient zu nutzen.»

Die Initiative steht im Widerspruch zu den Volksentscheiden, die den raschen Ausbau der Energieversorgung der Schweiz zum Ziel haben. Wir gefährden bei einer Annahme der Initiative nicht nur das Netto-Null-Ziel, sondern auch die sichere Energieversorgung der Schweiz. Denn ein Ja würde zu zusätzlichen, langwierigen Rechtsverfahren für den Bau neuer Wasserkraft-, PV- und Windanlagen führen. Die Annahme der Initiative ist ein Steilpass für jene Umwelt-NGOs, die bereits heute den klimafreundlichen Umbau unseres Energiesystems blockieren.

Bau von Infrastruktur ist massiv gefährdet

Ebenfalls stark gefährdet ist der Bau weiterer Infrastrukturen zur Beseitigung von bereits heute bestehenden Engpässen. Wir rauben damit der Wirtschaft den nötigen Spielraum, ihre Prozesse effizient zu organisieren. So verursachen aktuell Zugsverspätungen, -ausfälle und Staus auf den Strassen jährliche volkswirtschaftliche Kosten von über einer Milliarde Franken.

Doch es geht nicht nur um neue Infrastrukturen, auch der Schutz bestehender Bauten dürfte schwieriger werden. Die Ereignisse der letzten Monate zeigen, dass weitere Investitionen in den Schutz vor Hochwasser, Murgängen etc. notwendig sind. Darf ein Hang noch baulich gesichert werden, falls sich darauf ein Ökosystem etabliert hat? Oder muss die darunterliegende Strasse letztlich gesperrt und das betroffene Tal vom Verkehr abgeschnitten werden?

Umweltjuristen reiben sich bei Ja die Hände

Die Initiative fordert nicht nur einen stärkeren Schutz von Fauna und Flora, sondern auch von Ortsbildern, Kulturdenkmälern oder dem baukulturellen Erbe. Eine mindestens interessante Auffassung von Biodiversität. Ein Ja würde dazu führen, dass die raumplanerische Entwicklung noch stärker eingeschränkt würde als bereits heute schon. Ein Beispiel: 76 Prozent der Stadt Zürich unterstehen dem Ortsbildschutz, nur 24 Prozent der Stadtfläche hat demnach zum bereits heute geltenden Recht noch Entwicklungspotenzial. Mit Annahme der Initiative würde es noch schwieriger, den beschränkten Raum effizient zu nutzen, um die dringend benötigten öffentlichen Infrastrukturen zur Verfügung zu stellen. Die Wohnungsknappheit würde sich weiter verschärfen.

Ausserdem: Die schweizerische Kultur des Kompromisses würde gefährdet, denn die Initiative fordert, «der Kerngehalt der Schutzwerte ist ungeschmälert zu erhalten». Die Suche nach pragmatischen, lokal adaptierten Lösungen wird erschwert. Wird zum Beispiel das Angebot von Ausgleichsflächen weiterhin erlaubt sein? Umweltjuristen dürften sich bei einem Ja die Hände reiben.

Bereits heute ist die Umwelt den Taten des Menschen nicht schutzlos ausgeliefert. Ein immer dichter werdendes Regelwerk schränkt Gesellschaft und Wirtschaft ein, auf dass auch Brennnesseln und Mücken ihren Platz haben. Die Initiative schiesst mit ihrem Anliegen weit über das Ziel hinaus und will der Schweiz eine Käseglocke überstülpen. Sie schränkt die bereits heute geringen Freiheitsgrade zusätzlich massiv ein und ist deshalb klar abzulehnen.dp

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